Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 109 Dom, außen, Kreuzgangbereich 1.V.14. Jh.

Beschreibung

Grabinschrift der Adelheid, Ehefrau des Peter Markgraf. In der Steinsammlung des ehemaligen südlichen Kreuzgangflügels, 1914 aus der alten Westwand des romanischen Kapitelsaals geborgen. Zweigeteilter, abgefaster Wandpfeilersockel aus rotem Sandstein mit dreizeiliger Sterbeinschrift (A), darunter monumentale Buchstabenkennungen (B). Heute steht eine ehemals benachbarte Säule darauf. Bemoost und besonders rechts stark abgewittert.

Ergänzt nach Foto.1)

Maße: H. 52, B. 94, Bu. 5,2-5,8 (A), 17,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), gotische Majuskel, spät(?) (B).

  1. A

    · O(BIIT) · ALHEID(IS) [U]XOR · PE/T(R)Ia) · MARGRAVII · MAT[H]EI / · AP(OSTO)LI · ET · EW(ANGELISTAE) ·

  2. B

    · EJ · · EKb) ·

Übersetzung:

Es starb Adelheid, Ehefrau des Peter Markgraf, an des Apostels und Evangelisten Matthäus (Tag).

Datum: 21. September?.

Kommentar

Trotz der fortgeschrittenen Zerstörung lassen die vorhandenen Buchstaben genügend Einzelheiten einer relativ großen Variationsbreite erkennen, die A, E und T in kapitalen wie unzialen Formen nebeneinander stehen läßt. Niedrige Proportion sowie Bogen- und Hastenschwellungen sind genügend ausgeprägt, um die Schrift in das 1. Viertel des 14. Jahrhunderts datieren zu können, wenngleich ein A und die beiden letzten, nämlich die unzialen E mit dünnen, fast senkrechten Abschlußstrichen,2) links nicht zum Bogen durchgezogene, sondern T-förmig abgeschlossene Mittelbalken aufweisen und daher älter wirken. Die Buchstabenkennungen sind mindestens der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zuzurechnen und gehören zu einem Markierungssystem für Begräbnisstellen.3) Es ist daher anzunehmen, daß sich die Inschrift unmittelbar über dem Grabplatz befand; die Wand gehörte schon zu einem möglicherweise hallenartigen Ausbau des Kreuzganguntergeschosses oder stand zumindest in organischer Verbindung mit ihm,4) was auch das Begräbnis erklären würde.

Diese Wand war auf ihrer Westseite erheblich verstärkt worden, so daß die Wandvorlagen verdeckt wurden, wie es die Kautzschschen Pläne zeigen, und zwar bei Errichtung des spätgotischen Kreuzganges, nicht wie er anderenorts meinte, schon mit dem Neubau der gotischen Nikolauskapelle.5) Einer frühen Aufmauerung widersprächen zumindest die Formen der Buchstabenkennungen, außerdem gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte, auch den Sterbevermerk vor dem Beginn der Neubauten um 1289 anzusetzen. Freilich wäre er vor dem Bauabschluß im Westen der Nikolauskapelle (1320 bis 1325) möglich; bei einer geplanten Verbauung ist diese Platzwahl an einer später nicht mehr zugänglichen Stelle jedoch kaum wahrscheinlich.

Zwischen 1330 und 1350 ist ein Peter Markgraf als Wormser Bürger urkundlich belegbar, 1351 ist er als verstorben erwähnt.6) Einen Güterverkauf des Peter Markgraf und seiner Frau Elisabeth an das Kloster Liebenau bestätigten die Wormser Richter 1333;7) bei Adelheid kann es sich daher um eine frühere Ehefrau gehandelt haben. Den Familiennamen trugen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in Worms aber immerhin mehr als ein Dutzend Personen.8)

Textkritischer Apparat

  1. I überschrieben, Name nicht erkannt von Kautzsch.
  2. ER Kautzsch.

Anmerkungen

  1. StA Worms Neg.Nr. F 1849/7.
  2. In vergleichbarer Ausprägung kommen sie etwa beim Katzenellenbogen-Stein von 1276 im Mainzer Reichklara-Kloster vor, vgl. DI II (Mainz) Nr. 673.
  3. Vgl. oben S. XCVIIf.
  4. Kautzsch.
  5. Ebd. u. Taf. 27 mißverständlich für frühe Verbauung, richtig ders., Heutiger Dom 176.
  6. Boos, UB II 167 Nr. 237, 272 Nr. 400, 297 Nr. 431.
  7. Bonin, UB Pfeddersheim 40 Nr. 83.
  8. Diehl, Wormser Familiennamen 107 u. Register bei Boos u. Bonin.

Nachweise

  1. Kautzsch, Geschichte und Würdigung 222.
  2. Ders., Dom Taf. 91 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 109 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0010907.