Inschriftenkatalog: Stadt Worms

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 29: Worms (1991)

Nr. 98† Dom, innen 1318

Beschreibung

Grabplatte? des Bischofs Emerich von Schöneck. Zweites nördliches Grab vor dem Hauptaltar, später in der kleinen Sakristei verwahrt. Wohl Steinplatte im Boden mit Messingauflage, auf der die Figur des Bischofs in Pontifikaltracht abgebildet war, wahrscheinlich in Ritzzeichnung, da Hertzog vermerkt: „vnd seind volgendt Verß gegossen wie er dann auch in seinen Bischofflichen Pontificalibus abgerissen“. Die Anbringungsweise der Inschrift ist nicht überliefert.

Nach Chronicus liber und Hertzog.

  1. Presul Emericus vigil in prece, pacis amicus,Subiectis gratus studuit tamena) esse beatus.Mens sibi devota fuit et sacra lectio nota.Dat vitae metasb) seniic) venerabilis aetas.

Übersetzung:

Bischof Emerich, wachsam im Gebet, ein Freund des Friedens, den ihm Untergebenen angenehm und bestrebt, selig zu werden. Frommer Verstand war ihm (gegeben), die Bibellesung berühmt. Die Ziele des Lebens gibt das ehrwürdige Alter des Greises.

Kommentar

Wie zahlreiche andere angebliche Bischofsepitaphien ist die vorliegende Inschrift über Abschriften aus der Bischofschronistik überliefert;1) bei keiner anderen freilich nähern sich die Beschreibung und Nachrichten über den Standort so stark dem für erhaltene Inschriften Üblichen: In der ausführlichsten Verarbeitung der Chronik weicht die Beschreibung erheblich von dem sonst allgegenwärtigen „De hoc“ oder „De hoc dicitur“ ab, wenn dem Text vorausgeht: „tali Epitaphio tumulatus ante summum altare in scamno sculpto ...“2) Dieser Umstand und die Tatsache, daß die der Reimchronik entlehnten angeblichen Epitaphien fortlaufend sonst meist nur bis 1234 übernommen werden, führte dazu, die vorliegende auch als einzige der fraglich überlieferten Bischofsinschriften als echt und sogar als mögliches Datierungsindiz für die Abfassung einer gereimten Bischofschronik anzusehen.3) Wenngleich noch mit Zweifeln kann die Existenz dieser Inschrift angenommen werden, da gerade der Bericht Hertzogs auf einer Identifizierungsmöglichkeit beruhen mußte, die wohl allein in einer Inschrift zu sehen ist; es muß freilich offen bleiben, ob diese leoninischen Hexameter auch streng zeitgenössisch waren oder die vollständige Inschrift wiedergeben.

Emerich von Schöneck war vor dem 16. September 1307 zum Bischof von Worms gewählt worden; schon sein Bruder Simon hatte die Wormser Bischofswürde (1283-1291) erlangt.4) Im Konflikt mit der Bürgergemeinde war ein wenig Ruhe eingekehrt, sei es nun, daß Bischof Emerich sich vornehmlich um geistliche Belange kümmerte, sei es, daß äußere Umstände wie Landfriedensproblem, Doppelwahl und Kaisernähe der Stadt Worms ihm keinen Spielraum ließen.5) Er starb am 10. Februar.6)

Textkritischer Apparat

  1. vir Chronicon Wormatiense, Catalogus episcoporum Wormatiensium, Schannat.
  2. mores Chronicus liber, Catalogus episcoporum Wormatiensium, Brusch, Zorn, Hertzog; metas wegen leoninischem Reim, so in Jüngere Bischofschronik fol. 36.
  3. senis Zorn.

Anmerkungen

  1. Vgl. oben S. XLV-XLVII.
  2. Catalogus episcoporum Wormatiensium (M).
  3. Gensicke, Kapelle St. Kilian 134 Anm. 13. In Chronikauszügen sind auch noch spätere Bischöfe mit Epigrammen bedacht, so daß der Datierungsvorschlag Gensickes kaum gelten kann. Es ist hier außerdem darauf hinzuweisen, daß die einzige von Kraus, Christliche Inschriften II 77 Nr. 165 als echt angesehene Grabinschrift dieser Art für Bischof Anno ebenfalls nur in der Reimchronik existierte.
  4. Datum nach Eubel I 534, vgl. auch bei Nr. 80; Schannat 383f. u. 390ff.
  5. Vgl. Boos, Städtekultur II 79ff.
  6. Zorn, Chronik bei Arnold 132.

Nachweise

  1. Chronicon Wormatiense saeculi XV 67.
  2. Chronicus liber antistitum fol. 31.
  3. Lateinische Bistumschronik fol. 38v.
  4. Catalogus episcoporum Wormatiensium (M) fol. 46v.
  5. Brusch, Epitomes I fol. 122.
  6. Wormser Bischofschronik fol. 85v.
  7. Hertzog, Beschreibung I 2 fol. 210v.
  8. Catalogus episcoporum Wormatiensium (W) fol. 61.
  9. Zorn-2 fol. 101v.
  10. Zorn, Chronik bei Arnold 133.
  11. Schannat, Hist. ep. Worm. I 392.
  12. Gallia Christiana V Sp. 681.

Zitierhinweis:
DI 29, Worms, Nr. 98† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di029mz02k0009807.