Inschriftenkatalog: Stadt Wiesbaden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 51: Wiesbaden (2000)

Nr. 3 Wiesbaden, Museum (aus Gräberfeld Schwalbacher-/Luisenstraße) 5.–6. Jh.?

Beschreibung

Grabstein des Ingildo.1) 1873 in der Nordostecke des ehemaligen mittelalterlichen Stadtbereichs am Schnittpunkt der Schwalbacher- mit der Friedrich- und Luisenstraße gefunden. Kleiner Kalksteinblock mit dreizeiliger Inschrift ohne Linien, darunter Christogramm, begleitet von Alpha und Omega. Beschädigungen rechts oben und unten, Buchstaben neu rot ausgemalt.

Maße: H. 27, B. 28, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Vorkarolingische Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. HIC QVIES/CIT IN PACE / INGILDOa) / A(LPHA) O(MEGA)b)

Übersetzung:

Hier ruht in Frieden Ingildo.

Kommentar

Anders als bei den übrigen frühchristlichen Grabsteinen Wiesbadens wächst das P des Christogramms aus einem senkrechten Schaft des X, Tauben fehlen. Beim G ist die gewölbte Cauda vom unteren Bogenende losgelöst. Ansonsten entspricht die Buchstabenbildung weitgehend der der übrigen Steine. Der Name ist germanischen Ursprungs und sowohl inschriftlich als auch literarisch bezeugt.2) Die Unterschiede zu den anderen Steinen sind allerdings nicht so groß, als daß der des Ingildo aus dem Datierungsrahmen (vgl. vorherige Nr.) herausgenommen werden könnte. Die Namenform ist auch älter als INGELDVS auf der Dietersheimer Gürtelschnalle.3) In diesem Fall ist der Name auf –us latinisiert, während es sich bei INGILDO um den vulgärlateinischen Obliquus handeln könnte. Maskuline Namensbildung auf *-geldaz (= Opferer, Vergelter) weisen bis auf wenige Ausnahmen die ostgermanische Weiterentwicklung von germanisch [e] > [i] auf; daher wird man in Ingildo eine Person ostgermanischer Abstammung sehen müssen.4)

Textkritischer Apparat

  1. INCILDO Schoppa.
  2. Zwei griechische Unzialbuchstaben.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 342.
  2. Förstemann, Namenbuch I Sp. 638f., 955, 962f.; Reichert, Lexikon I 444; weitere inschriftliche Belege bei Boppert.
  3. Vgl. zu dieser Kraus 46 Nr. 63.
  4. Zur Chronologie des Namens und zu weiteren Bestimmungen von Namen gab Herr Prof. Dr. Wolfgang Haubrichs, Saarbrücken, wertvolle Hinweise, wofür ihm herzlich gedankt sei. Zu Belegen und Schlußfolgerungen vgl. Haubrichs, Eppo Nr. 1.

Nachweise

  1. Wichtigste Belege (weitere Literatur bei Boppert): Cohausen, Notizen 48.
  2. Becker, Die altchristl. Inschriften 181 Nr. 3.
  3. Kraus, Christl. Inschriften I 29 Nr. 52, Taf. VI 6.
  4. Le Blant, Nouveau Recueil Suppl. Nr. 430.
  5. Reeb, Germanische Namen 46 Abb. 12.
  6. CIL XIII Nr. 7600.
  7. Kutsch, Vor- und Frühgeschichte 80.
  8. Diehl, Inscript. lat. II Nr. 3111.
  9. Schoppa, Völkerwanderungszeit 45 Nr. 171.
  10. Boppert, Die frühchristl. Inschriften 145f. (mit Abb.).
  11. Wolf, Kirchen in Wiesbaden 20 (Abb.)

Zitierhinweis:
DI 51, Wiesbaden, Nr. 3 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di051mz05k0000309.