Inschriftenkatalog: Stadt Wiesbaden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 51: Wiesbaden (2000)

Nr. 41 Wiesbaden-Erbenheim, Ev. Pauluskirche A.16.Jh.

Beschreibung

Epitaph des Pfarrers Peter Habel von (aus) Rödelheim. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit rechteckig vertieftem Bildfeld in der oberen Hälfte, heute in der Sakristei. Vor einem genasten Korbbogen ist das flachreliefierte Brustbild des Geistlichen im Ornat mit dem Kelch vor der Brust zu sehen. In der unteren Plattenhälfte die ehemals wohl sechszeilige Grabinschrift (A), auf der oberen, leicht nach innen abgeschrägten und der flachen rechten Randleiste ist das Gebet (B) ohne Linien eingehauen. Untere Schriftzeile und rechte Seite weitgehend abgespitzt, Zeile 2 wohl nie beschrieben und teilweise zugeputzt, auf dem linken Rand nicht gedeutete Buchstabenreste. Neuerer roter Farbanstrich. Die Worttrennung ist nicht markiert.

Maße: H. 136, B. 84,5, Bu. 5-5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    Anno d(omi)ni M ccccc 〈... / . . .〉a) / honora(n)d(us)b) d(omi)n(u)sb) petr(us) habe[l] / de Redelnhey(m) pl(e)ban(us) in / Erbenheym Cuius a(n)i(m)a [. . .]c)

  2. B

    chr(ist)ed) fili dei mise[rere] mei1) /hic deu(m) adora[. . .]e)

Übersetzung:

(A) Im Jahre des Herrn 1500 (...) ehrenwerte Herr Peter Habel aus Rödelheim, Pfarrer in Erbenheim, dessen Seele (...). – (B) Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner; hier verehren wir/verehre ich/verehre/verehrt (...) Gott.

Kommentar

Die Minuskel ist sehr regelmäßig gestaltet; nur der Versal A ist direkt aus der Gotischen Majuskel abgeleitet. Auch das R scheint nicht wie C und E aus den Versalien der Minuskel zu stammen, sondern dürfte von der Kapitalis beeinflußt sein. Diese Versalien wirken insgesamt altertümlicher als die auf der Grabplatte des wohl 1513 verstorbenen Johannes Textor (Nr. 52).

Die ganzfigurige Darstellung von Geistlichen und Gelehrten auf körpergroßen Platten wurde möglicherweise schon seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, vermehrt aber seit der Jahrhundertwende durch Brustbilder auf kleineren Platten oder Epitaphien ergänzt.2) Zur Verbreitung trugen Porträt- und Autorenbilder der Renaissancekünstler wie Albrecht Dürer bei.3)

Textkritischer Apparat

  1. Rechts der Jahreszahl feine Vorlinierung; die freie Zeile darunter kann kaum beschrieben gewesen sein, da beim gegebenen Zeilenabstand Buchstabenreste trotz der Verputzung sichtbar sein müßten.
  2. Kürzungszeichen nicht sichtbar.
  3. Letzte Zeile fehlt durch Abspitzung. Zu erwarten ist die übliche Fortführung mit requiescat in pace oder Varianten.
  4. Befund xpe.
  5. deo an[...] Lotz. Ob nach adora noch Text folgte, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Deum adora steht in Offb 19,10 und 22,9. Sinngemäß auch Ps 28,2, 95,9: „adorate dominum in atrio sancto eius“.

Anmerkungen

  1. Paraphrase (?) aus Mk 10,47 oder Lk 18,38: „Jesu fili David miserere mei“ oder Angleichung an das Kyrie eleison der Messe.
  2. Vgl. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 209 zu 1451(?); DI 49 (Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau) Nr. 125 zu (1509); DI 2 (Mainz) Nr. 1105 zu 1514. Die mit kleinen figürlichen Darstellungen kombinierten Epitaphien an der Oppenheimer Katharinenkirche haben eine andere Genese.
  3. Vgl. Schmid/Stolpe, Grabdenkmal Lant 639ff. mit späteren Beispielen aus Trier und früher Druckgrafik.

Nachweise

  1. Lotz, Baudenkmäler 110 (B).

Zitierhinweis:
DI 51, Wiesbaden, Nr. 41 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di051mz05k0004101.