Inschriftenkatalog: Stadt Trier I
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 70: Stadt Trier I (2006)
Nr. 327 Liebfrauenkirche E. 15. Jh.
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Apostelbilder mit Namensbeischriften und Apostelcredo. Wandbilder jeweils im Westen der 12 Säulen der Liebfrauenkirche in etwa 2,30 m Höhe über dem Säulenfuß, 1900-1902 von den Malern Wilhelm Batzem aus Köln und H. Aschenbroich aus Düsseldorf freigelegt, d. h. von einer barocken Übermalung mit „Wilden Männern“ (Schmitz, Kdm.), gemeint sind aber wild aussehende Apostel (Clemen) aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, befreit; die Figur des Petrus etwa wurde ganz, die des Matthias nur wenig erneuert.1) Schmitz bemerkte, daß die spätgotische Schrift auf ebensolche Bilder unter der Malerei hingewiesen habe; man muß also davon ausgehen, daß bei der Restaurierung keine oder nur wenig Schrift freigelegt wurde.
Die Bilder sind dem durch das Westportal Eintretenden zugewandt und von einer mit einem dunkelblauen Stein (heute mit einem Stern) bezeichneten Stelle alle gleichzeitig sichtbar. Dem Text des Credo folgend sind sie in dieser Weise geordnet: Der Anfang mit der Inschrift des hl. Petrus liegt bei der südöstlichen kantonierten Säule des Vierungsquadrates, es folgen auf den drei weiteren Säulen der Vierung gegen den Uhrzeigersinn die Inschrift (B), dann diagonal springend (C) und im Nordwesten (D); die Textfolge der übrigen (E-M) beginnt auf der Säule unmittelbar nördlich des Westeingangs (E) und läuft im Uhrzeigersinn bis zum letzten Textteil auf der Säule südlich des Westeingangs (M) um. (Siehe auch den Plan bei Stolpe, S. 320).
Die Bilder zeigen die Figuren der Apostel nimbiert mit Buch und Attribut in einer spätgotischen Architektur stehend, die man als gotische Fensternische verstehen kann; es handelt bei sich dem fiktiven Raum um das Innere einer Kirche, deren Boden mit quadratischen Fliesen belegt ist, der Hintergrund der Figuren sieht wie ein farbiger mit meist grünen Blüten und Granatapfelmustern versehener (Brokat-)wandbehang aus (beides mittlerweile als barocke Zutat entlarvt). Während die Haltung und die Farbgestaltung der Figuren aus traditionellen Vorlagen doch eine große Vielfalt aufweisen, ist die gotische Architektur, bestehend aus Eselsrückenbogen, Krabben, Kreuzblume und Maßwerkblendfenstern, sehr eingängig gestaltet und in leicht abgestuften graubraunen Tönen gehalten. Die Inschriften heben sich in Gold gemalt vom schwarzen Hintergrund ab und sind jeweils in gleicher Weise so plaziert, daß über dem Bild eine Namensinschrift zu stehen kommt und darunter der dem jeweiligen Apostel zugeschriebene Teil des Credo in ein bis zwei Zeilen. Bei der Inschrift (L), dem Bild des Apostels Judas Thaddäus, sind kniende Figuren der beiden Stifter mit ihren Wappen dargestellt,2) links der Mann mit Rosenkranz, rechts die Frau mit einem aufgeschlagenen Buch und ebenfalls mit einem Rosenkranz in den Händen. Durch den oberen Teil der Bilder verläuft heute unbemalt der Schaftring der Säulen aus dem 13. Jahrhundert in Höhe des ersten Gesimses. Man muß davon ausgehen, daß nicht alle Buchstaben in den Restaurierungen seit Anfang des letzten Jahrhunderts korrekt wiedergegeben wurden. Das Wenige, das man in der Aufnahme von Johann Anton Ramboux erkennen kann, läßt eine gewisse Verfremdung durch die barocke Übermalung vermuten, wenn man dem Gewährsmann vertrauen mag. Verdächtig sind auch größtenteils runde oder nicht bestimmbare Worttrenner. Bei der letzten Restaurierung 2010/2011 kamen als Worttrenner bei den Namen konturierte Quadrangel zum Vorschein; schwarzer Hintergrund und Goldschrift wurden ausgebessert bzw. gefestigt, siehe auch die Addenda & Corrigenda.
An der Säule des hl. Andreas ist im nordwestlichen Abschnitt die Fläche der Säule und halb auch die der vorgelegten Halbsäulen einnehmend ein Schmerzensmann dargestellt; vier Engel halten vor rotem Hintergrund die „arma Christi“; die zweizeilige Beischrift darunter ist in Grau vor schwarzem Hintergrund gemalt, ihre Versalien golden; diese Inschrift ist jüngeren Datums, ihre Minuskel imitiert lediglich die gotische Minuskel des Apostelzyklus bzw. der Spätgotik allgemein.3)
Maße: H. ca. 185-188, B. ca. 85-86, Bu. ca. 6-7 cm (A-M).
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A-M) mit Versalien der gotischen Majuskel und deren spätgotischen Adaptationen, also Versalien der Minuskel.
- A
S(an)ct(u)s petrus // Credo in deu(m) patre(m) o(mn)ipoten/tem creatorem celi et terre
- B
· S(an)ct(u)s · Andreas // Et in ihesum cristu(m) · filiu(m) · / eius vnicu(m)a) dominu(m) nostru(m)
- C
· S(an)ct(u)s ··b) Jacobus · // Qui conceptus · est · de · spirituc) / sancto · natus exd) maria · virgine
- D
· S(an)ct(u)s ·b)· Johannes // Passus · sub poncioe) · pilatof) / crucifixus · mortu(us) · et · sepult(us)f)
- E
· S(an)ct(u)s ·b) Thomas4) · // · Desce(n)dit · ad · inferna · tercia / · die · resurrexit · a · mortuis
- F
S(an)ct(u)s · Jacobu(s) · Mi(n)org) // Asce(n)dit · ad · celos · sedet · ad / dextera(m)h) · dei · patris · o(mn)ipote(n)tis
- G
· S(an)ct(u)s · philipp(us) · / Inde · venturus est iudi/care · viuos · et mortuos ·
- H
· S(an)ct(u)s · Bertholo(meus)i) · // Credo · i(n) · spiritu(m) · sanctu(m) ·
- I
· S(an)ct(u)s · Matheus · // Sancta(m) · ecclesiam · catolica(m)
- K
S(an)ct(u)s · Simon // Sanctoru(m) · communione(m) / remissione(m) · peccatoru(m)
- L
· S(an)ct(u)s · Judas thade(us)5) // Carnis · resurreccione(m)i)
- M
· S(an)ct(u)s · Mathias // · Et · vita(m) · eterna(m) · ame(n)
Übersetzung:
(A) Petrus: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
(B) Andreas: Und an Jesum Christum, seinen einzigen Sohn, unseren Herrn.
(C) Jakobus d. Ä.: Der empfangen ist vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria.
(D) Johannes: Der gelitten hat unter Pontius Pilatus, der gekreuzigt wurde, gestorben ist und begraben wurde.
(E) Thomas: Der hinabstieg in die Hölle, am dritten Tage wiederauferstanden ist von den Toten.
(F) Jakobus d. J.: Der hinaufgestiegen ist in den Himmel, sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.
(G) Philippus: Woher er kommen wird, zu richten über die Lebenden und die Toten.
(H) Bartholomäus: Ich glaube an den heiligen Geist.
(I) Matthäus: An die heilige katholische Kirche.
(K) Simon: An die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden.
(L) Judas Thaddäus: Die Auferstehung des Fleisches.
(M) Matthias: Und das ewige Leben. Amen.
Clas von Zerf6) | Adelheid von Besselich7) |
Textkritischer Apparat
- Sic; v mit verlängertem linkem Schaft und oben geschlossen; hier beim n und beim e des vorausgehenden eius buchstabentypische Merkmale nicht korrekt ausgeführt, beim n eine obere dünne Verbindung der Schäfte, beim e statt der winkeligen Brechung eine fast waagerechte Linie.
- Eine auf die Spitze gestellte Raute (oder Quadrat) mit Zierstrichen ausgezogen als Worttrenner.
- Über dem u irrtümlich Kürzungsstrich.
- Beim x die obere Linksbrechung nicht ausgeführt, offenbar Restaurierungsfehler.
- subponcio zusammengeschrieben.
- Danach ornamentaler Zeilenschluß.
- r hochgestellt.
- Die Ligatur de wurde von den Restauratoren nicht erkannt, das x ist deshalb defekt ohne obere linke Brechung ähnlich einem e gestaltet.
- Sic.
Anmerkungen
- Berichte zu Erhaltung und Ergänzungen früher im Pfarrarchiv, vgl. Kdm.; vgl. auch Schmitz, Beiträge Liebfrauenkirche 29, ein Augenzeuge; zur halben Ergänzung der Petrusfigur Kentenich, Leben einer Trierer Patrizierin 7. Genaue Aufstellungen im BA Trier, Abt. 71,6, Nr. 230, vgl. Auszüge bei Borger-Keweloh, Liebfrauenkirche 108 Anm. 319 zu den einzelnen Figuren – keine Bemerkungen zu den Schriften.
- Der Faltenwurf spricht für die übliche kniende Position von Stifterfiguren, von den Körperproportionen her könnte man auch meinen, die Figuren seien stehend dargestellt.
- Vgl. Clemen, Gotische Monumentalmalereien 258, 411; Kdm. Trier Kirchen 194 (Beschreibung). Die Inschrift lautet Also hat Gott die Welt geliebt, daß er / seinen eingeborenen Sohn dahingab Joh · iii · 16 ·.
- Ohne Buch, ohne Attribut.
- Ohne Buch, die Rechte in den Gürtel gestützt, die Linke hält als Attribut eine Keule.
- Heute: in Blau ein goldener Ambos von drei goldenen Blüten begleitet, früher angeblich Silber in Blau. Jüngere Blasonierung nach Autopsie, die ältere nach Kentenich 8. Wenn man freilich seine alte Schwarz-Weiß-Abbildung zugrunde legt, erkennt man bei Clas eine helle Feldfarbe, wohl Silber, und ein dunkles Schildbild, woraus für das Wappen abzuleiten wäre: in Silber blauer Ambos begleitet von drei goldenen Rosen.
- Heute: in Silber drei rote Rosen, früher angeblich Gold in Rot. Jüngere Blasonierung nach Autopsie, die ältere nach Kentenich 8. Wenn man freilich seine alte Schwarz-Weiß-Abbildung zugrunde legt, erkennt man bei Adelheid ein dunkles Feld und helle Bilder, woraus für das Wappen abzuleiten wäre: in Rot drei silberne (kaum goldene) Rosen. Ein Wappenstein aus dem alten Markusklösterchen trug die Farben: in Blau ein roter Ambos, begleitet von drei silbernen Sternen; in Grün drei rote Rosen, dazwischen ein silberner Stern, vgl. Meyer, Wappen III, Bl. 19.
- Vgl. v. a. DI 29 (Worms) LXI ff. u. Fuchs, Wormser Inschriften; für Weißenburg/Wissembourg im Unterelsaß Autopsie und Fotos der Inschriften-Arbeitsstelle Heidelberg.
- Vgl. Einleitung Kap. 5.6 zur Minuskel.
- So Trier’sche Inschriften.
- Zu Stilvergleich und Zuschreibung Kdm. 195; nach DI 31 (Aachen, Dom) Nr. 73 handelt es sich um die 1480-1490 entstandenen sogenannten Aachener Marientafeln, deren Zweckbestimmung umstritten ist und die meist dem Kreis des Kölner Meisters des Marienlebens zugeschrieben werden, vgl. E.G. Grimme, Der Aachener Domschatz (Aachener Kunstblätter 42) Düsseldorf 1972, Nr. 110, Abb. 132-137 u. Textabbildung: Vier Einzelfiguren von Heiligen in ähnlichem Stil und vergleichbarer Umgebung präsentiert, ebd. und DI 31 (Aachen, Dom) Nr. 73 Anm. 1 zur Meisterforschung. Ostermann, Stadt Trier 148 datierte kurz vor 1500 und wies die Malerei einem niederländischen Künstler zu – eine Verwechslung?
- Kentenich, Leben einer Trierer Patrizierin, passim; zum Kalvarienberg von 1498 vgl. Nr. 323, zum Reliquienkasten von 1513 vgl. Nr. 370 u. zu weiteren Einzelheiten Schmid, Bischof 244-251.
- So Schmitz, Beiträge Liebfrauenkirche 30.
- Vgl. zur Lebensgeschichte des Ehepaares ausführlich Kentenich u. K. Hessel, Alheit von Besselich, ihr Leiden und ihr Wirken. Eine trierische Geschichte aus dem 15. Jahrhundert nach alten Urkunden neu erzählt, in: TrChr. NF 16 (1920) 2-6, 18-22, 34-37, 50-52, 69-72; zum Phänomen der großzügig stiftenden Hinterbliebenen vgl. Signori, Vorsorgen.
- J.N.D. Kelly, Early Christian Creeds. London 31972; Altchristliche Glaubensbekenntnisse. Geschichte und Theologie, übersetzt aus dem Englischen von U. Dockhorn unter Mitarbeit von A. M. Ritter. Göttingen 1972, 10 Anm. 11; in der älteren Auflage von 1952, 3 Anm. 3 noch ins 6. Jh. gesetzt.
- Vgl. allgemein Molsdorf, Christliche Symbolik Nr. 1022-1024. C. Eichenseer OSB, Das Symbolum Apostolicum beim Heiligen Augustinus. Mit Berücksichtigung des dogmengeschichtlichen Zusammenhangs (Kirchengeschichtliche Quellen und Studien 4) St. Ottilien 1960, 48 ff. Kelly (wie Anm. 15) 391f f. Zu Darstellungen vgl. auch E. Wernicke, Die bildlichen Darstellungen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses in der deutschen Kunst des Mittelalters, in: Christliche Kunstblätter 28 (1887) 102 ff., 29 (1888) 10 ff., 30 (1889) 42 ff., 34 (1893) 20 ff., 41 ff. Zu den ältesten und wichtigsten monumentalen Darstellungen gehören zweifellos der Eilbertustragaltar (Wiener Welfenschatz) und der Marburger Elisabethschrein, vgl. den Überblick bei W.H. van Os, Art. Credo, in: LCI 1 (1968) Sp. 461-464.
- Sermo de Symbolo (apostolico) 240, ed. Migne, PL XXXIX, Sp. 2189 f. Eine weitere Version, Sermo 241 ebd. Sp. 2190 f. weicht um ein geringes mehr von Sermo 240 ab und bietet eine völlig andere Zuweisung der Artikel zu den Aposteln, in der Andreas auf den vierten Platz zurückgesetzt ist, in der aber auch wie in der Inschrift der Artikel des Simon vergrößert ist; ein dritter Text, Sermo 242 (ebd. Sp. 2191-2193), liegt wieder näher am Text von Sermo 240, verzichtet aber auf die Zuweisung zu den Aposteln; nach Kelly (wie Anm. 15) 396 stammt die Hs. Clm. 6298 mit dem Sermo 242 aus dem 8. Jh. Ein übersichtlicher, aber hinsichtlich des genauen Wortlautes nicht fehlerfreier Vergleich mehrerer Zuschreibungsversionen bis in die Neuzeit findet sich bei C.F. Bühler, The Apostles and the Creed, in: Speculum 28 (1953) 336 f. Vgl. weiterhin H. Denzinger, Enchiridion symbolorum. Freiburg i. Br. 281952, 5 f., 371991, 23 f., Molsdorf (wie Anm. 16) mit fehlerhaftem Text und van Os (wie Anm. 16) Sp. 461 f.
- Vgl. Denzinger (wie Anm. 17) Nr. 30.
- Vgl. Bühler (wie Anm. 17) 336 f.; ebenso enthalten diese Version weitere in Paris und London entstandene Frühdrucke.
- DI 35 (Braunschweig I) Nr. 11, 23.
- DI 42 (Einbeck) Nr. 9.
- Vgl. auch weitere Zyklen (teils in Kombination mit Propheten und mehrfach auch in deutscher Sprache): fragm. Wandmalerei in Mosbach und Zwingenberg (um 1420), DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) Nr. 5a, 7; in Niefern (um 1430/40), DI 22 (Enzkreis) Nr. 71; in Kieselbronn und Gräfenhausen, ebd. Nr. 142 f.; in Gondelsheim und Zeutern, DI 20 (Karlsruhe) Nr. 36, 125; in Pforzheim, DI 57 (Pforzheim) Nr. 54 – die meisten zeitnah; in Zwickenberg von 1438, DI 21 (Kärnten I, Spittal) Nr. 55; Tafeln im ehem. Dom von Wiener Neustadt von 1499, DI 48 (Wiener Neustadt) Nr. 138-147; fragm. Tafeln in Ebersbach a. d. Fils, DI 41 (Göppingen) Nr. 145; Chorgestühl in Herrenberg von 1517, DI 47 (Böblingen) Nr. 156; fragm. Wandmalerei in Ehningen von nach 1523, ebd. Nr. 166; verlorene Tafeln in Kuchen, DI 41 (Göppingen) Nr. 405; Wandmalerei in Auendorf, ebd. Nr. 438; fragm. Wandmalerei in Malmsheim von um 1620, DI 48 (Böblingen) Nr. 321. Aus der näheren Umgebung wären Glasmalereien in Settingen/Zetting (Dép. Moselle) aus der Mitte des Jahrhunderts und Gewölbemalereien in Partenheim (Lkrs. Alzey-Worms) von um 1500 zu nennen – freundlicher Hinweis von Frau Gepa Datz, Okt. 2006. In anderen Zusammenhängen verwendete Artikel aus dem Credo wurden in dieser Auswahl nicht konsequent berücksichtigt.
- Vgl. DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) Nr. 99 u. DI 111 (Mayen-Koblenz I) Nr. 127.
- Vgl. Kdm. 195. Das Apostelcredo sonst mehrfach auch vereint mit Prophetendarstellungen wie im deutschen Fronleichnamsspiel, vgl. Molsdorf, Os (wie Anm. 16) und DI 19 (Göttingen) Nr. 38 und DI 26 (Osnabrück) Nr. 32 nach C. Meyer, Geistliches Schauspiel und kirchliche Kunst, in: Vierteljahrsschrift für Kultur der Renaissance 1 (1886) u. F.X. Kraus, Geschichte der christlichen Kunst 2. Freiburg i. Br. 1897, 420 ff.
- Vgl. Schmitz, Beiträge Liebfrauenkirche 29, dort auch zu Übermalungen des Chors im Stil des 13. Jh., zu Aposteln mit Konsekrationskreuzen des 13. Jh. und anderen spätgotischen Bildern. Gemeint sind wohl die bei P. Clemen, Anfertigung von Kopien der mittelalterlichen Wandmalereien der Rheinprovinz, in: Berichte der Provinzialkommission 5 (1900) 83 erwähnten und heute verlorenen Malereien, Vgl. auch Borger-Keweloh, Liebfrauenkirche 104 ff., 190 f.
- C. Schleif, Donatio et memoria. Stifter, Stiftungen und Motivationen an Beispielen aus der Lorenzkirche in Nürnberg (Kunstwissenschaftliche Studien 58) München 1990, 200 zum Trierer Apostelzyklus.
- Vgl. Stolpe 320, 323 u. Abb. 4-25 mit den entsprechenden Gegenüberstellungen.
Nachweise
- Ramboux, Ansichten von Trier (1991) Nr. 33 Abb. 13 u. ders., Gedächtnisausstellung Nr. 54 Abb. 53 (außer den beiden westlichsten).
- Trier’sche Inschriften 18 f.
- Kentenich, Leben einer Trierer Patrizierin 7 f. u. Abb. Vorsatz u. S. 9 (Judas Thaddeus und Stifter).
- Clemen, Gotische Monumentalmalereien 257 f., Abb. 263.
- Kdm. Trier Kirchen 194 f. (erw.), Abb. 151 f.
Addenda & Corrigenda (Stand: 18. Juni 2024):
Hinweis zur Beschreibung: Im dritten Absatz wurde der letzte Satz hinzugefügt.
Hinweis zum Kommentar: Der letzte Absatz mit Anm. 27 wurde ebenso hinzugefügt wie der Hinweis auf die Koberner Friedhofskapelle im sechsten Absatz. In Anm. 14 wurde der Hinweis auf Signori und in Anm. 23 der Hinweis auf DI 111 hinzugefügt.
Nachtrag zum Kommentar
Im Zuge von Restaurierungsmaßnahmen wurde seit dem Herbst des Jahres 2009 mit der Überprüfung der Apostelgemälde begonnen. Zunächst als Probe entfernte die Firma von Siegfried Scheder (Ochsenfurt) Malerei und Festigungen vom Stifterbild bei Judas Thaddäus (Nr. 327/L). Schon der erste Eindruck zeigte, dass nicht nur die Bilder selbst, sondern wie vermutet auch die Schriftformen neu bewertet werden müssen, da die Übermalungen im Barock1), zu Anfang des 19. Jahrhunderts und in den Jahren 1900 bis 1902 (auch die jüngsten?) originalen Schriftbefund verfälscht haben könnten.2) In der anfänglichen sehr behutsamen Vorgehensweise der noch nicht vollständigen Freilegung und nur teilweisen Restaurierung (Stand 19. April 2011) konnten in dem kurzen Text von Bild (L) Lesungen und auch Grundformen der Buchstaben bestätigt werden, unter anderem auch die Verwendung von Majuskelversalien. Betreffs ungenügender Buchstabenbildung, wie sie etwa im a von thadeus (ohne Brechung des rechten Bogens) und im a von Judas (Zusammenführung der Bogenenden zu einem fast kastenartigen a) vorkommt (Beobachtungen Dezember 2010), wird man erst mit einer den gesamten Bestand umfassenden tiefergehenden Freilegung – bei allen Risiken – Klarheit gewinnen. Im Zuge der weiteren Restaurierungen unter der Leitung der Diplomrestauratoren Thomas Lutgen und Georg Wechsler (ArGe Trier) konnten weitere Verfälschungen wie – spektakulär – der Kachelboden und figürliche Proportionen namhaft gemacht werden.3) Bei einer ersten Autopsie am 16. Dezember 2010 zeigten sich Inkonsequenzen in der Gestaltung oberer Schaftenden etwa bei (I): Während die Schaftspaltung im letzten Wort catolica(m) fast symmetrisch ausgeprägt ist, ist sie beim l im Wort ecclesiam asymmetrisch und war beim t des Wortes Sancta(m) zugunsten einer dünnen Umknickung nach rechts gar nicht vorhanden; mittlerweile ist die Spaltung des Schaftes hergestellt, wenngleich die rechte Gabel nach rechts geknickt nicht wie sonst einigermaßen der Laufrichtung des Schaftes folgt.
Die Restaurierung,4) die wegen der laufenden Arbeiten nur ausschnitthaft paläographisch überprüft werden konnte,5) beruht bei den in Gold auf schwarzem Grund geschriebenen Namen und Absätzen des Glaubensbekenntnisses hauptsächlich auf den scharfen Augen der Restaurierenden. Trotz der willkommenen Zurückhaltung, mit der Rekonstruktionen angegangen werden sollen, ruht die Vervollständigung der Schriftformen einzig und allein auf dem Erkennen der Klebereste des Blattgoldes auf dem schwarzen Untergrund.6) Nach der Entfernung jüngerer Übermalungen macht sich fehlendes Blattgold durch eine hellere Färbung bemerkbar; gelegentlich fehlt aber auch der Hintergrund ganz und damit die sachliche Grundlage der Restaurierung. Ohne tiefere Kenntnis der Minuskelformen beruht die Ergänzung einzig auf der Schärfe der Wahrnehmung und der Möglichkeit, sich bei vergleichbaren Buchstaben Anregung zu holen. Das funktionierte mehrfach nicht. Um möglichen Einwänden einen Riegel vorzuschieben, ist festzuhalten, dass Schwankungen in der Durchbildung von Buchstaben in der Spätgotik gering sind, sofern Grundsätze der Buchstabenbildung betroffen sind. Problematisch sind hier nicht Schwankungen des Duktus oder Probleme der Senkrechten bzw. Einhaltung der Grundlinie, sondern Abweichungen infolge Unkenntnis der Buchstabengenese. Inwieweit hier doch Unregelmäßigkeiten des Originals hineinspielen, muss beim Blick aus der Ferne zunächst offenbleiben. Man wird dem ursprünglichen Hersteller jedoch angesichts der bei dem erwähnten Matthäus-Zitat zu beobachtenden hohen Schriftqualität nicht alles anlasten können.
Für die Versalien wählte der Hersteller gotische Majuskeln einer älteren Ausprägung, ohne dass deren Merkmale konsequent umgesetzt wären. So sind zwar Abschlussstriche bei A (Andreas), E (ebd., Et in ihesum) (Nr. 327/B) und mehrfach bei C (Nr. 327/A, H) konsequent vorhanden, bei letzterem jedoch nicht gleichförmig. Gänzlich inkonsequent realisiert sind jedoch Bogenschwellungen, bei S wegen der Schwierigkeit der Linienführung noch verständlich, bei E und Q fehlend, bei C (sogar mit konturverstärkender Zierlinie), D und P formschön, bei A hingegen wechselnd. Inkonsequenzen dieser Art, vor allem beim A (bei Andreas, Nr. 327/B), Asce(n)dit (bei Jakobus d. J., Nr. 327/F) und beim völlig aus dem Kanon fallenden M (Mischung von Majuskel und Minuskel) (Nr. 327/F, I, M), sind schwer begreiflich, zumal sie sich im Bereich der Minuskeln fortsetzen. Hier können nur wenige Phänomene herausgegriffen werden, zumal bei der letzten Autopsie während der Restaurierung am 19. April 2011 nicht alle Schriften zugänglich waren. Aufgefallen sind die unregelmäßige Setzung und Ausformung diakritischer Zeichen über u, die unregelmäßige Verwendung des vom Balken des t abhängenden Zierstrichs, der nicht immer links überstehende Balken des t und dessen schon oben erwähnte unregelmäßige Schaftspaltung, die fehlende Brechung am oberen Schaftende des x (resurrexit, Nr. 327/E bei Thomas, so auch in crucifixus, Nr. 327/D bei Johannes) und die mehrfach fehlende Brechung am linken oberen Schaftende des u. Geradezu widersinnig, weil der Buchstabengenese zuwiderlaufend, sind die Brechung am unteren rechten Bogenende des d (Credo, Nr. 327/A bei Petrus, richtig ebendort im Wort deu(m)) und die Brechung nach links am oberen Schaftende des c (communione(m), Nr. 327/K bei Simon), die bei dem aus einem Bogen entstandenen Buchstaben eigentlich nicht vorkommen kann. Diese beiden Eigentümlichkeiten finden sich nicht in der älteren Fassung. Wie schwierig sich die Kunst der Schriftrestaurierung gestaltet, erhellt eine Episode der letzten Autopsie, bei der der Bearbeiter den Restauratoren den Verlust bzw. die noch fehlende Ergänzung des Zierstrichs im falschen ersten e im Namen Bertholo(meus) (Nr. 327/H) aufzeigen und plausibel machen konnte. Umgekehrt wurde der aus dem alten Balken des e hervorgegangene Zierstrich nach unten verdoppelt (et, Nr. 327/D), während der schaftartige Teil des gebrochenen Bogens zu weit hochgezogen ist und so nicht den typischen Knick des Bogens aufweist. Hauptproblemfelder sind also die Übergänge der Bögen, die Brechungen an den Grenzen des Mittelbandes. Es ist geplant, diese und weitere Unregelmäßigkeiten der Schriftformen nochmals zu analysieren und ggf. im Nachgang zu korrigieren. Das ist aus verschiedenen Gründen noch nicht erfolgt.
Auf den Text haben diese Beobachtungen keine Auswirkung; die Datierung der Bilder verschiebt sich trotz allem nicht. Ohne die präzise Analyse der Schriftformen oder gar in Annahme doch nicht originaler, also nur scheinbarer Leitfehler verstellt man sich jedoch die Möglichkeit, anhand der Paläographie positive Zuschreibungen oder Ausschlüsse gegenüber Vergleichsobjekten vornehmen zu können, wie das im ersten Inschriftenband mit noch weniger tauglichem Befund versucht wurde. Die dort vorgenommenen Ausschlüsse bleiben allerdings bestehen.
Anmerkungen
- 1.Der Architekt Ch. Schmidt fand Nachrichten zu einer Übermalung von angeblich 1717 (richtig 17. Jahrhundert und 1817!) und berichtete über die Freilegung der alten Bilder durch den Kölner Maler Wilhelm Batzem, vgl. Lutgen/Kessler, Erkenntnisse Ausmalung 202 mit Anm. 29 nach BA Trier, Abt. 71,6, Nr. 1070.
- 2.Zu den Überarbeitungen vgl. Lutgen/Giersdorf, Konservierung Apostelbilder 224–228.
- 3.Vgl. ebd. 223 f. zur Malerei um 1500, 224 ff. zu Details aus einzelnen Renovierungsphasen, 230 ff. zu Dokumentation und Maßnahmen.
- 4.Die folgenden Ausführungen wurden vom Bearbeiter anlässlich der langwierigen Arbeiten erhoben und unter Fuchs, Entdeckungen des Epigraphikers teilweise publiziert.
- 5.Herrn Pfarrer Domkapitular Wilhelm Ehlen und den Herren Dipl. Restauratoren Siegfried Scheder, Thomas Lutgen und Georg Wechsler sowie ihren Mitarbeitern ist für freundliche Auskunft und Zugang zu den neuen Materialien zu danken, deren Einzelheiten aus verständlichen Gründen hier noch nicht offengelegt werden können. Daher ist auf die sich teilweise überschneidenden Publikationen in den Anm. 1–3 zu verweisen.
- 6.Die Fehlstellen dokumentiert eindrucksvoll die Aufnahme des Matthias-Bildes (Nr. 327/M), vgl. Lutgen/Giersdorf, Konservierung Apostelbilder 238 Abb. 11. Ebd. S. 239 wird zur Retusche in Gold nur kurz gesagt, man habe „Buchstaben in den Schriftzügen ergänzt“.
Nachweise
- Fuchs, Entdeckungen des Epigraphikers 106–108.
- Stolpe, Credo in Deum m. Abb. 4-25.
Zitierhinweis:
DI 70, Stadt Trier I, Nr. 327 (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di070mz10k0032701.
Kommentar
Die Minuskeln zeigen vielfach die Merkmale einer entwickelten Stufe vom Ende des 15. Jahrhunderts, die sich in ausgeprägten Zierstrichen von e und r, i-Punkten und Schaftspaltung äußert. Eine lange Reihe von Unregelmäßigkeiten, wie sie teilweise in den Buchstabenanmerkungen belegt sind, läßt aber generell die verfälschende Hand von Restauratoren vermuten. Die unregelmäßige Verwendung des Winkels über u und dessen mangelhafte obere Brechung beim rechten Schaft müssen aber nicht jenen angelastet werden, beide Erscheinungen könnten auch auf Eigentümlichkeiten des Herstellers zurückzuführen sein. Ebenso schwierig einzuordnen ist die Verwendung gotischer Majuskelbuchstaben für die wenigen Versalien, die nicht mit den spätestgotischen Ausprägungen übereinstimmen, wie sie etwa aus der Gegend um Worms und aus Weißenburg bekannt sind.8) Auch folgt die Ausführung von Versalien in Inschriften des benachbarten Domkreuzganges als nächstgelegenem Vergleichscorpus völlig anderen Gesetzmäßigkeiten,9) so daß man daran denken könnte, aus der Analyse der Schriftformen trotz der Bedenken gegenüber späten Verfälschungen einen auswärtigen Meister fassen zu können; merkwürdig sind nämlich auch die Kürzungsgewohnheiten: Es überwiegen Kürzungen am Wortende und die Kürzung von m und n durch einen Strich über dem vorausgehenden Vokal. Die Vermutung eines auswärtigen Meisters wird durch Stilvergleiche bestätigt: Derbe Gestalten, grobknochige Gesichter und schnitzwerkartige Zeichnung der Gewänder werden einem niederrheinischen Meister aus dem Kreis des Kölner „Meisters der Aachener Schreintüren“ zugeschrieben; weniger eindeutig läßt sich diese Zuschreibung aus dem Vergleich der Paläographie der betreffenden Werke ablesen: In Trier wurden Versalien benutzt, die der alten Gotischen Majuskel noch viel näher stehen als die schreib- und druckschriftlichen Usancen verwandten der schriftgeschichtlich moderneren Aachener Tafeln, das noch seltene einstöckige a in Aachen fehlt in Trier; Übereinstimmungen bestehen trotz der Material- und Größenunterschiede freilich in vielen Buchstaben, insbesondere beim i-Punkt, u-Winkel und auffälligerweise in der weniger verbreiteten Abkürzung von S(an)ct(u)s. Angesichts der schlecht dokumentierten Freilegung der Bilder und der überhaupt nicht verifizierbaren Freilegung der Inschriften muß man sich fragen, ob einige unzeitgemäße Formen nicht doch aus der Neufassung vom Ende des 17. und der Restaurierung vom Beginn des 19. Jahrhunderts resultieren. Wenn etwas verändert wurde, ließen sich auch die Abweichungen der Abschrift von vor 1865 erklären: dort heißt es in (A) factorem, in (B) unigenitum, in (E) inferos und in (F) dextrum.10)
Die Trierer Bilder stehen entwicklungsgeschichtlich zwischen der Aachener Arbeit und den Apostelbildern im großen Fenster des Nordquerhauses der Metzer Kathedrale, wo die genannten Bildmerkmale, der gleiche Architekturrahmen, Fliesenboden und Brokatvorhang wiederkehren. Da die Metzer Glasmalereien urkundlich um 1503 anzusetzen sind, werden die Trierer Bilder kurz davor entstanden sein, etwa zwischen 1497 und 1500.11) Dieser Zeitansatz läßt sich gut in eine beachtenswerte Phase des Trierer Kunstmäzenatentums und religiösen Stiftungswesens einordnen, denn die durch ihre Wappen identifizierten Stifter sind in dieser Hinsicht besonders hervorgetreten: Nach dem Tod des Clas von Zerf in seinem Metzer Exil 1493 kehrte seine Witwe Adelheid von Besselich nach Aussöhnung mit Erzbischof und Rat der Stadt Trier 1494 dahin zurück und verwandte die beträchtliche Hinterlassenschaft für unzählige und teilweise recht aufwendige karitative und religiöse Stiftungen, etwa für die spektakuläre und folgenreiche Turmerhöhung der Gangolfkirche, einen Reliquienkasten für den Heiligen Rock im Dom, einen Kalvarienberg vor der Martinsabtei12) und eben das Apostelcredo als Ausschmückung der Liebfrauenkirche. Wegen der bildlichen Darstellung des Clas von Zerf könnte man glauben, die Stiftung müsse schon vor dem gemeinsamen Metzer Exil ab 1483, aus dem Clas nicht mehr in seine Heimatstadt zurückkehrte, entstanden sein;13) dem ist aber nicht so, denn außer einer Stiftung für das städtische St. Jakobsspital 1476, also nach Empfang der großen Meyschen Erbschaft, liegen alle datierten Stiftungen nach dem Tod des Clas und sind samt und sonders dem religiösen Eifer seiner Witwe zuzuschreiben. Das Charakterbild des Clas von Zerf, wie es aus den Prozeßakten erkennbar wird, läßt im übrigen keine Anhaltspunkte für Gemeinsinn und Wohltäterschaft erkennen.14)
Das Apostelcredo, die Verteilung der Artikel des Credo auf die einzelnen Apostel, die dasselbe am ersten Pfingstfest oder jedenfalls vor ihrem Auseinandergehen als gemeinsame Grundlage der Glaubensverkündigung gesprochen haben sollen, geht auf entsprechende Bemerkungen bei Rufinus (von Aquileja) zurück und läßt sich textlich erstmals in zwei pseudoaugustinischen Predigten wahrscheinlich des 8. Jahrhunderts nachweisen;15) vielfach und variantenreich wurde es in wechselnden Zuschreibungen der Credo-Artikel dem abendländischen Mittelalter weitervermittelt. Gemeinsam ist allen die Verwandtschaft mit dem sogenannten „Textus receptus“, der als hiberno-gallisches Regionalbekenntnis seit dem 8. Jahrhundert schnell die allgemeine Gültigkeit und Anerkennung in der westlichen Christenheit erlangte und in substantiell sich wenig unterscheidenden Varianten im Handbuch Pirmins von Reichenau und Hornbach, im Missale von Bobbio, im Missale Gallicum Vetus und vielen anderen mehr verbreitet wurde.16)
Im Apostelzyklus von Liebfrauen liegt die Augustinus unterschobene Gruppierung vor. Bis auf wenige und unerhebliche Varianten (bei Matthias fehlen Et und amen) stimmt der inschriftliche Text mit dem des zweiten pseudoaugustinischen Sermo Nr. 240 (Sp. 2189) überein und weicht in der Zuschreibung lediglich darin ab, daß der Artikel des Matthäus hier um Sanctorum communionem gekürzt ist, welcher Teil dem Simon zugeschlagen wurde.17) Selbstredend fehlen die Auslegungen des Kirchenvaters zwischen den einzelnen Artikeln und ihren Unterteilungen. Die Textfassung des Sermo 240 wiederum entspricht exakt der Römischen Taufordnung (Ordo Romanus XI), die auf dem Konzil von Trient für die lateinische Kirche vorgeschrieben wurde.18)
Eine sicher in letzter Konsequenz auf die pseudoaugustinische oder eine verwandte Version zurückgehende Fassung, die aber in der Verteilung der Artikel exakt mit der Trierer Bildreihe übereinstimmt, findet sich übrigens in der „Erklärung der zwölf Artikeln des christlichen Glaubens“, die 1485 bei Dinckmut in Ulm gedruckt wurde.19) Der Trierer Text des Apostolikums und seine Aufteilung auf die Apostel folgt also einer oder gar der zu seiner Zeit am stärksten rezipierten und verbreiteten Fassung.
Das in einzelnen Artikeln den Aposteln zugeordnete Credo fand seit dem Spätmittelalter vermehrt Eingang in Wand- und Tafelmalerei, auch im protestantischen Bereich. Zu den früheren Belegen gehören der Eilbertaltar und die Wandmalerei im Braunschweiger Dom;20) mit dem Einbecker Leuchter von 142021) setzt dann eine dichtere, teils stark fragmentierte Überlieferung in allen Gebieten Mitteleuropas ein.22) Räumlich und zeitlich am nächsten kommen dem Trierer Zyklus der nur wenig abweichende, jedoch verstümmelte in St. Goar von um 1479 und der leider auch unvollständige in der Koberner Friedhofskapelle (Kobern-Gondorf, Lkr. Mayen-Koblenz) in deutscher Sprache.23)
Wandmalereien im Chorbereich aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind nicht erschöpfend identifizierbar, stellen aber wohl keinen komplementären Zyklus von Propheten dar,24) sondern enthielten auf der Evangelienseite die Verkündigung und die Krönung Mariä,25) so daß die Apostelbilder in erster Linie die Bedeutung der 12 Säulen der Kirche unterstreichen.26)
Mittlerweile konnten Stiche Martin Schongauers, auch von Aposteln, als graphische Vorlagen identifiziert und in bildlicher Gegenüberstellung nachvollziehbar gemacht werden. Auch die Einordnung des sehr speziellen Arrangements gelang, da das Bild- und Textprogramm des Credo auf das Relief des Weltenrichters im Westportal ausgerichtet ist.27)