Inschriftenkatalog: Stadt Trier I
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 70: Stadt Trier I (2006)
Nr. 72† ehem. Kloster St. Maria ad martyres 1017
Beschreibung
Weiheinschrift des Hochaltares St. Mariae samt Reliquienliste.
Nach Dedicatio bei Holder-Egger.
Anno incarnationis Domini MXVIIa) [– – –]b) indictione XVa) a venerando archiepiscopo Poppone procurante Uroldo abbate dedicatum est hoc altare in honore sanctae Dei genitricis Mariae sanctorumque apostolorum Petri et Pauli aliorumque ac positae sunt in eo reliquiae de veste sanctae Mariae ac scapula sancti Pontiani martyris brachiumque sancti Alexandri martyris
Übersetzung:
Im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1017, in der 15. Indiktion, ist dieser Altar von Erzbischof Poppo auf Veranlassung Abt Urolds geweiht worden zu Ehren der hl. Gottesgebärerin Maria und der hll. Apostel Petrus und Paulus und der anderen (Apostel). In ihm sind niedergelegt worden Reliquien von dem Kleid der hl. Maria und ein Schulterblatt des hl. Märtyrers Pontianus und ein Arm des hl. Märtyrers Alexander.
Textkritischer Apparat
- Im Druck in arabische Zahlen aufgelöst, aber in der zugrundeliegenden Handschrift des 11. Jh. (Evangeliar des Klosters in LHA Koblenz, Abt. 701, Nr. 81) auf Rasur Domini M; im zeitgenössischen Formular erwartet man dominicae.
- Möglicherweise Überlieferungslücke, vgl. bei Anm. 3.
Anmerkungen
- Vgl. MGH SS 15 II 2, Cap. C.
- Kraus, Christliche Inschriften II 349 zu Nr. 340 ff. Die nächstgelegene erhaltene Weiheinschrift, die der Thomaskapelle in Bamberg, vgl. Scholz, Gemalte monumentale Inschriften 39 (mit älterer Literatur), entspricht der vorliegenden im Formular bis auf die hier vorgezogene Nennung des Weihenden – diese kommt in St. Paulinus (Nr. 96) vor.
- Notae dedicationum s. Mariae ad martyres Treverensis, ed. O. Holder-Egger, MGH SS 15 II, 1272.
- Vgl. etwa zur Weiheinschrift der Paulinuskirche von 1049 Nr. 96, für Maximin Anhang Nr. 9, 17; sichere Vergleichsmöglichkeiten fehlen mangels erhaltener Inschriften.
- Dedicationes Bambergenses IX f.
- Goerz, Mittelrhein. Regesten I Nr. 1195, 1247.
Nachweise
- Dedicatio altaris s. Mariae ad martyres Treverensis, ed. Holder-Egger, MGH SS 15 II, 1125.
Zitierhinweis:
DI 70, Stadt Trier I, Nr. 72† (Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di070mz10k0007208.
Kommentar
Wie für andere Bistümer sind auch für Trier zahlreiche Weihenotizen in diversen Handschriften bezeugt.1) In den meisten Fällen handelt es sich um quasichronikalische oder vielmehr administrative Aufzeichnungen mit Gesamtlisten von Altären und Reliquien; aus der Berichtsperspektive der dritten Person des Verbes oder dem beschreibenden Stil der Gewährsleute geht das eindeutig hervor. Eine nicht unbedeutende Zahl der Weihenotizen benutzt freilich das unpersönliche dedicatum est und ähnliche Wendungen. Die weitaus meisten stimmen außerdem mit erhaltenen Weiheinschriften im Formular und Textbesonderheiten wie ausführlicher, oft redundanter Datierung, Nennung des Weihenden, Dedikation und Reliquienliste überein. Es drängt sich daher der Verdacht auf, die Weihenachrichten mit passivischer Konstruktion seien Überlieferungen von Inschriften. Auffällige Parallelitäten im Formular mögen der Grund gewesen sein, daß Franz Xaver Kraus eine inschriftliche Realisierung der vorliegenden Konsekrationsnotiz für wahrscheinlich hielt.2) Das kann umso mehr angenommen werden, als zu der Weihenotiz von 1148 in St. Paulinus eine entsprechende Inschrift existiert (Nr. 136). Das Fehlen des als obligatorisch anzusehenden Weihetages kann dagegen nicht ins Feld geführt werden, da es einem Abschreiber angelastet werden mag; die entsprechende Information, 16. Dezember, ist samt weiterer Ausführungen in einer Hand des 15. Jahrhunderts überliefert.3)
Bei aller Übereinstimmung in Formularteilen sind gravierende Unterschiede zwischen Weiheinschriften und Notae dedicationum festzuhalten,4) welche in der Regel zu Umständen, Lage der Altäre, Ablässen u. ä. m. ausführlicher berichten. Der demgegenüber knapp erscheinende Text von 1017 entspricht also bis auf die fehlende Tagesangabe gut einem Inschriftenformular. Angesichts eines fehlenden konkreten Hinweises auf eine Inschrifttafel wäre es natürlich auch denkbar, daß die Information von einer Weihetafel stammt, die als Pergamentblatt eventuell auf einer Holztafel nahe bei dem Altar angebracht war5) oder unmittelbar aus dem Vorgang aufgezeichnet wurde. Hier könnte man für eine realisierte Inschrift weiterhin vorbringen, daß die jüngere Überlieferung3) einen wesentlich umfangreicheren Text erzählender Natur und damit den einer reinen Nota bringt.
Die Weihe gehört in die Wiederaufbauphase des Konvents nach den Wirren der Moselfehde (1008-1017), nach der Erzbischof Poppo (Nr. 77) das Kloster wieder dem Benediktinerorden zuführte und mit einer Güterschenkung in Biewer (am 17. Dezember 1017) und einer umfangreichen Besitzbestätigung auf der Synode von 10366) stabilisierte.