Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 8† Unterfreinberg, Bauernhof 1277

Beschreibung

Grabschrift des Patriziers Richolf (Nr. 8†) und Grabschrift für den Benefiziaten Lienhard Satloder (Nr. 292†). Das Denkmal will Krick um 1920 in einer Bauernstube in Unterfreinberg, Gem. Freinberg, Pol. Bez. Schärding/OÖ., gesehen haben. Es soll sich davor in der Kapelle der Hl. Elisabeth am Domkreuzgang befunden haben. Erhard gibt an, auf dem Stein habe sich noch eine weitere Inschrift zum Gedenken an die Familie Paegloedter von Paechleroedt befunden1).

Text und Beschreibung nach Krick, Domstift.

  1. Anno Domini mille bis centum septimo septemin annunciatione sanctae Mariae cum rex Rudolphus Australibus est dominatus menses Richolphus post sex hic est tumulatus Filius hartmudi. Non in tenebras sine trudiHunc Jesu, sed ei Confer solima) requiei

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1277 am (Fest) Mariae Verkündigung, als König Rudolf in Österreich herrschte2), ist nach sechs Monaten Richolf, Sohn des Hartmut, hier bestattet worden. Jesus, laß nicht zu, dass dieser in die Finsternis gestoßen wird, sondern gewähre ihm den Sitz der Ruhe3).

Versmaß: Hexameter (Vers 3 und 4 als unisoni gereimt, Vers 5 und 6 Leoninische Hexameter).

Datum: 1277 März 25.

Kommentar

Laut Erhard war Richolf ein wohlhabender Patrizier, der ein Haus in der Milchgasse besaß. Er wird unter seinem Sterbetag im Nekrolog des Klosters Engelszell genannt, dem er eine jährliche Rente stiftete4).

Textkritischer Apparat

  1. solium Erhard, Topographie; lies evtl. solum.

Anmerkungen

  1. Vgl. Erhard, Topographie II,3 179.
  2. Angespielt wird hier auf den Sieg des damaligen deutschen Königs Rudolf über König Otakar Premysl von Böhmen im November 1276. Rudolf von Habsburg ging mit rechtlichen und kriegerischen Mitteln gegen König Ottokar vor, der es versäumt hatte, seine Reichslehen zu muten und sich außerdem unrechtmäßig das babenbergische Herzogtum Österreich, Steiermark und Krain angeeignet hatte. Die Auseinandersetzung führte im Wiener Frieden (21. November 1276) zur Aufgabe des Herzogtums durch den Premysliden, aber auch zur Absicherung seiner Herrschaft über Böhmen und Mähren.
  3. Sollte es sich bei solim um einen Lesefehler für solum (Boden) handeln, ergäbe sich die Übersetzung die Erde der Ruhe, also die Grabesruhe.
  4. MGH Necrologia Germaniae IV, 112. Engelszell, Gem. Engelhardszell, Pol. Bez. Schärding/OÖ. Zisterzienser-(heute Trappisten-)Kloster Maria Himmelfahrt.

Nachweise

  1. Erhard, Topographie II,3 179; Krick, Domstift 260f. Nr. 94.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 8† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0000807.