Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 797† Domhof, Andreaskapelle 1620

Beschreibung

Grabschrift auf dem Epitaph für den Dompropst Christoph von Pötting und Persing. Das Epitaph befand sich auf der Epistelseite an der Wand; UBM 2o cod. ms. 397 gibt an „links vom Muttergottesaltar, offenbar von demselben teilweise verdeckt“1). Das Denkmal fiel spätestens der Purifizierung des 19. Jahrhunderts unter Bischof Hofstätter zum Opfer. Rotmarmordenkmal, eingesetzte Basreliefs in weißem Marmor, Inschriftentafeln in Schiefer. Oben über einem Gesims ein querovaler Aufsatz in Volutenrahmen mit Palmetten mit Inschrift (I), darunter ein hochrechteckiger Denkmalkörper, links und rechts je eine Leiste (vielleicht auch ein Pilaster) mit einer sechzehnteiligen Ahnenprobe, links und rechts je acht aufgesetzte Wappenschilde, darüber je ein Schriftband (III). In der Mitte oben Darstellung der Geiselung Christi. Christus an eine Säule gebunden, von zwei Geiselnden geschlagen. Der Linke mehr im Hintergrund, der Rechte Christus an einer Kette (einem Seil?) um den Hals festhaltend und sich mit seinem Fuß am Oberschenkel Christi abstützend. Nach der Nachzeichnung zu urteilen bewegte, qualitätvolle, barocke Darstellung. Darunter auf einer eigenen Tafel in der Mitte ein Kreismedaillon mit einer Pieta, zur Rechten das Vollwappen, zur Linken der Verstorbene, vermutlich im Chorgewand mit Almucia, einen Rosenkranz in den Händen. Darunter die Schrifttafel mit Inschrift (II)2).

Text nach UBM 2o cod. ms. 397, Beschreibung und Wappenbeischriften nach Nachzeichnung in Cgm 1730.

I.

  1. Duraa) tulisti insons pro me quae mitis Jesub) Dulcescant sontic) fac tua flagra mihi! Me quatitoted) flagris sontemque haurite cruorem! Ista flagella mihi debita morsque mihi!

Übersetzung:

Mach, gnädiger Jesus, dass deine harten Geißeln, die du unschuldig für mich ertragen hast, mir Sünder zum Heil gereichen. Geißelt mich und vergießt mein schuldiges Blut. Jene Geißeln und der Tod sind mir angemessen.

II.

  1. Reverendissimuse), nobilissimus ac strenuus dominus dominus Christophorusf) Pöttinger de Persing huius ecclesie cathedralis praepositus atque canonicusg) Caesareae Majestatis Rudolphi II.h) a consiliis Maticensis praepositus in honorem Christi flagellatii) et memoriam sui epitaphium hoc in sua etiamnumk) administratione vivus sibii) fieri fecit.l) Obiit in Domino die XXIm). mensis Januariin) Anno MDCXX. Tu lector Deum pro meo) pecarep)

Übersetzung:

Der hochwürdigste, edelste und gestrenge Herr, Herr Christoph Pöttinger von Persing, Propst und Kanoniker dieser Kathedralkirche, Rat der Hl. Kaiserlichen Majestät Rudolf II., Propst zu Mattsee, ließ sich zu Ehren des gegeißelten Christus und zu seinem Gedächtnis dieses Epitaph zu Lebzeiten als Bischofsadministrator setzen. Er ist im Herrn gestorben am 21. Tag des Monats Januar, im Jahre 1620. Du, Leser, bete zu Gott für mich!

III. Wappenbeischriften:

  1. Pötting3)   Laglberg4)  
    Schaul5)   Schnecknberg6)  
    Rogendorff7)   Hochenecks)8)  
    Reitter v. Wockingq)9)   Lapitz10)  
    Eitzin11)   Schrenckh12)  
    Prischingr)13)   Hirschau14)  
    Haras15)   Eitzing11)  
    Truckses Tarchenstain16)   Haras15)  

    Bibel- und Schriftstellerzitat(e): Jacobus Pontanus, Floridorum liber secundus XII, 15b.16a. (I)

Versmaß: Distichen (I).

Kommentar

Zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LX.

Das Epitaph des Christoph von Pötting und Persing wurde zu seinen Lebzeiten errichtet17). Welche Teile der Grabschrift außer dem Todesdatum nachgetragen wurden, geht aus der Überlieferung nicht hervor. Das Grabgedicht (I) ist vermutlich eine Neuschöpfung für das Denkmal Pötting und Persing, die letzten zwei Verse finden sich wörtlich, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, im zweiten Buch der Floridi des Ingolstädter Jesuiten Jacobus Pontanus18).

Textkritischer Apparat

  1. Dira Cgm 1730 und Krick, Domstift.
  2. JESV einziges Wort in Majuskel, auch Cgm 1730.
  3. sorti StBP Hist. eccl. 130 VII gr und Krick, Domstift.
  4. UBM 2o cod. ms. 397, fol. 49r. flagitote StBP Hist. eccl. 130 VII gr und Krick, Domstift.
  5. Davor Hoc loco sepultus jacet StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  6. Es folgt (zusätzlich) Baro, statt Pöttinger de Persing hier de Pötting et Persing StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  7. Es folgt s. StBP Hist. eccl. 130 VII gr und Krick, Domstift.
  8. Rudolphi II. fehlt StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  9. Fehlt, Krick, Domstift.
  10. Episcopatus Krick, Domstift.
  11. in honorem bis fecit fehlt, dafür qui StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  12. XXX Krick, Domstift.
  13. Junii, die, mensis und Anno fehlen StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  14. illo Krick, Domstift.
  15. precare Krick, Domstift; Text II fehlt, nur Christoph von Pötting Administrator Passaui(ensis) Cgm 1730; Tu bis pecare fehlt, dafür cujus epitaphium penes videtur StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  16. Nur Reitter UBM 2o cod. ms. 397, fol. 49r.
  17. Pryshinkh UBM 2o cod. ms. 397, fol. 49r; Prieching StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  18. Darüber Schweintaller.

Anmerkungen

  1. Auf fol. 49r in UBM 2o cod. ms. 397 sind lediglich die Wappenbeischriften der heraldisch rechten Seite zusammen mit dem Hinweis, dass nur die linea paterna sichtbar gewesen sei, überliefert. Der größere Teil des Epitaphs war also – mutmaßlich hinter dem Altar – versteckt. Dieselbe Überlieferung bietet auf fol. 81r–82v neben einer schematischen Nachzeichnung des Epitaphs und Wappenzeichnungen nur die namentliche Nennung von vier väterlichen Ahnen. Clm 1302 nennt ebenfalls nur die Wappen der Schwertseite. Offenbar war auch zu dieser Zeit ein Teil des Epitaphs verdeckt.
  2. Cgm 1730 bietet nicht den Inschriftentext von Inschrift (II), sondern nur die Angabe Christoph von Pötting Administrator passav(iae).
  3. NÖ1 356f.
  4. BayA1 5.
  5. NÖ2 38.
  6. Schneckenreit: NÖ2 64.
  7. OÖ 775.
  8. OÖ 129.
  9. Bg1 54.
  10. OÖ 317.
  11. Einzing: OÖ 37.
  12. Bay 57.
  13. Prischering: Ein Vogel.
  14. BayA1 44.
  15. NÖ1 168.
  16. NÖ 2 412
  17. Zu Christoph von Pötting und Persing vgl. Nr. 796†.
  18. Jacobus Pontanus (Spanmüller) (1542–1626), ab 1566 Lehrer der Grammatik, Rhetorik und Poesie u.a. in Ingolstadt.

Nachweise

  1. UBM 2o cod. ms. 397, fol. 49r, 81r–82v; Cgm 1730, fol. 9r; StBP 87, fol. 83; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 206 (zitiert nach Cgm 1730 und Clm 1302; am Rand Grabschrift); StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 206 (zitiert nach Cgm 1730 und Clm 1302; am Rand Grabschrift); Krick, Domstift 270 Nr. 155 b.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 797† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0079700.