Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 742 Domhof, Sakristei 1601

Beschreibung

Epitaph für Anna Gulden von Lampoding1), geb. Gulden von Goldenau, und ihre Söhne im Flur zur Andreaskapelle, an der Westwand neben der Tür zum Sakristeivorraum. Im oberen Teil des Epitaphs dreieckiger Aufsatz mit Kreismedaillon mit Inschrift (I) in hellem Marmor. In der Hauptzone, zwischen zwei mit Rahmenwerk verzierten Pilastern aus Rotmarmor, helle Marmortafel mit Rankenwerk, in dem drei Kreismedaillons ausgespart bleiben, Stellung 1/22), in den Kreiszentren Befestigungsspuren von Metall(?)platten; Seitenhänge mit Rankenwerk aus hellem Kalkstein. Unterhang mit Inschrift (II) in hellem Kalkstein mit geschweiftem Rand. Erhaltungszustand im Allgemeinen gut, Schriftplatte (II) in der rechten Hälfte gesprungen, gekittet, geringer Buchstabenverlust. Standort 1919 im Domkreuzgang an der Westwand, seit 1972 am heutigen Platz.

Maße: H. 172 cm, B. 117 cm, Bu. 1,5 cm (I), 0,8 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. I.

    HIOB. XVIIII. CAP(ITVLO) / CREDO QVOD REDEMP=/TOR MEVS VIVIT ET IN NO=/VISISSIMOa) DIE DE TERRA SVRREC/TVRVS SVM, ET IN CARNE MEA / VIDEBO DEVM SALVATOREM MEVM, / QVEM VISVRVS SVM EGO IPSE ET / NON ALI(VS)b) ET OCVLI MEI CONSPECTVRI S(VN)T . // IOANNIS XI CAP(ITVLO)c) / EGO SVM RESVRRECTIO ET VITA . / QVI CREDIT IN ME, ETIAMSI / MORTVVS FVERIT VIVETd).

  2. II.

    NOBILIe) MVLTISQVE VIRTVTIBVS ORNATAE MATRONAE ANNAE AVRELII GVLDEN I(VRIS) V(TRIVSQVE) D(OCTORIS) ET CANCELLARII ILLVSTRIS/ =SIMI EPISCOPI ET PRINCIPIS PASSAVIENSISf) VRBANI EX VXORE AN(N)Ag) PVECHLEITERIN FILIAE .XX. DIE IVLII AN(N)I M.D. LXXXXIIII. PIE DEFVNCTAE / HICQVE SEPVLTAE / THEOPHILO GOLD, CANONICO ECCLESIAE PASSAVIENSIS IN CONVICTV PATRVM SOCIETATIS IESV VIENNAE AVSTRIAE VBI LITTERIS / OPERAM DABAT ARDENTISSIMA FEBRE HVNGARICA .XX.V. FEBRVARII . ANNI M.D.LXXXXVII. AETATIS VERO [S]VAE ANNO DECIMO OCTAVO, / IMMATVRE EXTINCTO ET VIENNAEh) IN AEDE BEATAE MARIAE AD SCALAS IN CHORO VBI ET MONVMENTVM MARMOREVM MVRO AFFIXVM HABET SEPVLTO . / HVIVSe) FRATRI GERMANO GODEFRIDO GOLD, SERENISSIMI PRINCIPIS ET DOMINI, DOMINI FERDINANDI ARCHIDVCIS / AVSTRIAE, DVCIS STIRIAE ET CARINTHIAE ET C(ETERA) DAPIFEROi) EX INFELICI OBSIDIONEk) CANISIENSI CVIVSQVE AD DISSOLVTI=/ONEM EIVSDEM PRESENTIAM HERI SVB VEXILLO AVLICORVM EQVESTRI SEQVVTVS INTERFVIT · · MALIGNAM FEB=/REM IN REDITV GRAETIVM SECVM ADFERAENTI, EADEMQVE ET LETHARGO SVPERVENIENTE VIII · DIE DECEMBRIS AN(N)I / M.DCI. AETATIS VERO AN(N)O DECIMO NONO, INEXPECTATE INTEREMPTO ET GRAECII IN TEMPLO SOCIETATIS IESV SEPVLTO / ERASMVSe) GOLD IN SVPERIOR PARSCHENPRVNN . SACRAE CAESAREAE MAIESTATIS CONSILIARI(VS)b), NECNON ET SERENISSIMO / ET REVERENDISSIMO PRINCIPI AC DOMINO D(OMI)NO LEOPOLDO ARCHIDVCI AVSTRIAE EPISCOPO PASSAVIENENSI ET C(ETERA) A CONSI=/LIIS EPISCOPATVS PASSAVIE(N)SIS CVRIAE ET DITIONIS WOLFSTAINl) PRAEFECTVS . MARITVS MOESTVS CONIVGI OPTIME / MERITAE GRATITVDINIS DEBITAE ERGO, PARENS FILIIS BONAE SPEI EX ANTE MEMORATA DEFVNCTA VXORE AN(N)A SVS=/CEPTIS IN MEMORIAM POSVIT / DEVMe) OPT(IMVM) MAX(IMVM) DEVOTISSIME ORANS, VT SVPRADICTIS TRIBVS DEFVNCTIS REGNI CAELORVM GAVDIA SIBI=/METIPSI VERO ET MODERNAE CONIVGI MARIAE IACOBE EX ANTIQVA ET NOBILI FAMILIA [D]Em) PIENTZENAV NATAE / OMNIBVSQVE EX IPSA PROCREATISn) LIBERIS, PIVM EX HAC MVNDI AERVMNA DISCESSVM, IBIDEMQVE POSSESIONEM / VITAE AETERNAE CLEMENTISSI=/ME LARGIRI DIGNETVR / AMENd) .

Übersetzung:

Hiob im 19. Kapitel. Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und ich mich am Jüngsten Tage über die Erde erheben werde, und in meinem Fleisch werde ich Gott sehen, meinen Retter, den ich selbst sehen werde und kein anderer und meine Augen werden ihn sehen. Johannes im 11. Kapitel. Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. (I)

Der edlen und mit vielen Tugenden geschmückten Frau Anna, Tochter des Aurelius Gulden, beider Rechte Doktors und Kanzlers des erlauchtesten Bischofs und Fürsten zu Passau Urban, stammend von seiner Ehefrau Anna Puchleitner, fromm gestorben am 20. Tag des Juli des Jahres 1594 und hier begraben. Dem Theophil Gold, Kanoniker der Kirche zu Passau, im Konvikt der Väter der Gesellschaft Jesu zu Wien in Österreich, wo er sich in den Wissenschaften mühte, an brennendstem, ungarischem Fieber am 25. Februar des Jahres 1597 im Alter von 18 Jahren zu früh ausgelöscht und zu Wien in der Kirche Maria Stiegen im Chor begraben, wo er auch ein an der Wand befestigtes, marmornes Denkmal hat. Für dessen leiblichen Bruder Gottfried Gold, des durchlauchtesten Fürsten und Herrn, Herrn Erzherzogs Ferdinand von Österreich, Herzogs von Steiermark und Kärnten usw., Truchsess, der, nachdem er unter der Reiterstandarte der Hofleute demselben Herrn gefolgt war, bei der unglücklichen Belagerung von Kanischa3) bis zu deren Aufgabe zugegen gewesen war und sich auf dem Rückweg nach Graz ein übles Fieber zugezogen hatte, zu dem auch noch eine Schlafsucht trat, am achten Tag des Dezember des Jahres 1601, im 19. Lebensjahr, eines unerwarteten Todes starb und in Graz in der Kirche der Gesellschaft Jesu begraben wurde. Erasmus Gold zu Oberparschenprunn, der Hl. Kaiserlichen Majestät Rat sowie dem durchlauchtesten und hochwürdigsten Fürsten und Herrn, Herrn Leopold, Erzherzog von Österreich, Bischof von Passau usw., bischöflicher Rat, des Passauer Hofes und des Pfleggerichts Wolfstein Pfleger4), der trauernde Gatte, setzte der besten Gemahlin aus schuldiger Dankbarkeit und als Vater den Söhnen, die auf Großes hoffen ließen, von der oben genannten, verstorbenen Gattin Anna empfangen, zum Gedächtnis (dieses) Denkmal. Gott, den Größten und Besten, ergebenst bittend, er möge oben genannten drei Verstorbenen die Freuden des himmlischen Reiches, ihm und seiner neuen Gattin Maria Jakobe, von der alten und edlen Familie von Pienzenau abstammend, und allen von ihr geborenen Kindern, einen frommen Abgang aus der Mühsal dieser Welt und dort den Besitz ewigen Lebens gnädigst gewähren. Amen. (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Nach Iob 19, 25–27; Io 11, 25. (I)

Kommentar

Anna Maria, Tochter des Aurelius Gülden von Güldenau und der Anna Puechleitner von Sünzing, war die erste Ehefrau des passauischen Rats, Hofmeisters, Hofmarschalls und kaiserlichen Rats Erasmus Gulden von Lampoding5), Pflegers zu Wolfstein und Jandelsbrunn6). Er war in zweiter Ehe mit Maria Jacobe, geb. von Pienzenau, verheiratet. Erasmus war ein Neffe des Bischofs Urban von Trenbach7), seine Mutter war eine Schwester des Bischofs.

Theophil Gulden war 1594 Kanoniker zu Passau8).

Textkritischer Apparat

  1. Sic, VIS über I und S zweites V, vermutlich Verschreibung mit versuchter Korrektur.
  2. us-Haken verkleinert auf der Grundlinie.
  3. Neuer Absatz mit Abstand, Kapitelangabe als Überschrift zentriert gesetzt.
  4. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Grundlinie, an wenigen Stellen auf der Zeilenmitte.
  5. Vergrößerter Anfangsbuchstabe.
  6. IE aus N verbessert.
  7. A aus O verbessert.
  8. E aus N verbessert.
  9. Nach DAPIFERO fehlt das Relativpronomen qui.
  10. O, B und D verbessert, Buchstaben um halbe Stelle verrückt.
  11. TAIN verbessert.
  12. D im Kitt des Sprungs.
  13. Sic, im Sprung.

Anmerkungen

  1. Gulden oder Gold von Lampoding, Kaltenstein und Oberparschbrunn.
  2. Möglicherweise verlorene Wappenreliefs.
  3. Ung. Kanizsa, heute Nagykanizsa, Komitat Zala, Ungarn, vgl. Stauffer, Belagerung und Tóth, A mezokeresztesi csata, für Hinweise zur Belagerung sei Herrn Dr. Géza Pálffy, Budapest, recht herzlich gedankt.
  4. Wolfstein, Lkr. Freyung-Grafenau, passauisches Pfleggericht.
  5. Vgl. Eichhorn, Beichtzettel 38 Anm. 38, 152 Anm. 26.
  6. Jandelsbrunn, Lkr. Freyung-Grafenau, passauisches Pfleggericht.
  7. Zu Urban von Trenbach vgl. Nr. 722.
  8. Vgl. Krick, Domstift 70. Krick gibt an, die Mutter des Theophil Gulden sei Anna Maria Puechleitnerin von Sinzing, die Witwe des Aurelius Gold von Lampoding, gewesen. Nach den Angaben des Grabmals war sie jedoch seine Großmutter.

Nachweise

  1. Clm 1302, p. 39–41; BZAR Gen. 1279, Heft 1 p. 55f.; SASR HV NL Wimmer 14d; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 74–74c; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 74–74c; Kdm Passau 120; Krick, Domstift 268 Nr. 146 (nur Teil der Inschrift); Weiß, Wahl Wolfgangs von Closen 89, 94 Anm. 83.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 742 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0074205.