Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 104 Dom St. Stephan 1407

Beschreibung

Bauinschrift am Chor, an der Südostflanke über den Dächern der barocken Einbauten, von diesen zum Teil verdeckt. In der linken oberen Ecke befindet sich das Wappen des Hochstifts, in der rechten das Georgs von Hohenlohe in Relief. Inschrift in den nördlich anschließenden Strebepfeiler hinübergezogen, dort befindet sich eine Sonnenuhr1).

Ergänzt nach Clm 27085. Heute restaurierte Teile in spitzen Klammern, heute überbaute Teile in eckigen Klammern.

Maße: H. 273 cm, B. 306 + 200 cm, Bu. 25 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. ⟨· oa) · welt2) / anno · d(omi)ni · Mo · cccco · viiob)/ In · die · Translationis · sancti st⟩//ep⟨hanjc) · p(ro)thom(arti)ris⟩ / patroni · ⟨hvivs ⟩d). ecclesie · gloriosi · // ⟨inchoatvs est · hi⟩ce) · cho/rvs · positv⟨sq(ve) · pri⟩marivs · lapisf) // fundamenti · sollem=/[pniterg) per reuerendum in Christo patrem]h) · et · Dominv(m) / [Georgium de Hohenloh episcopum dictae ecclesiae praesen]tib(us)i) / [venerabilibus dominisk) Ottone de Laymingen3) preposito et tunc magistro fabricae Wenceslao3) decano totoque capitulo Patauiense.l)4)]

Übersetzung:

O welt! Im Jahre des Herrn 1407 am Tage der Translation des Hl. Erzmärtyrers Stephan, des glorreichen Patrons dieser Kirche, wurde dieser Chor begonnen und der Grundstein feierlich durch den hochwürdigen Vater in Christo und Herrn Georg von Hohenlohe, Bischof besagter Kirche, gelegt in Gegenwart der verehrungswürdigen Herren, des Dompropstes und derzeitigen magister fabricae Otto von Layming, des Domdekans Wenzel und des gesamten Passauer Domkapitels.

Datum: 1407 Mai 07.

Wappen:
Hochstift Passau5), Hohenlohe6).

Kommentar

Die Inschrift bezieht sich auf die Grundsteinlegung für den Neubau des Chores, der erst um das Jahr 1444 vollendet wurde7).

Die Ergänzung der Inschrift nach Clm 27085 ist nicht unumstritten, doch entstand diese Überlieferung vor dem Brand von 1662. Andere, spätere Überlieferungen bieten demgegenüber nur noch einen verstümmelten Text8). Eine Ausnahme bildet Hörmann, Mutterkirche, der den vollständigen Text mit geringen Abweichungen ohne Angabe einer Quelle bietet. Anlässlich der Außenrestaurierung des Domes in den Jahren bis 1993 wurde auch eine Rekonstruktion der Inschrift versucht.

Textkritischer Apparat

  1. Davor und danach Worttrenner in Form eines Quadrangels mit eingerollten Spitzen auf der Zeilenmitte.
  2. ii weichen dem Wappen aus.
  3. Ohne Spatium; erster Schaft des h noch Originalbestand.
  4. Linke Hälfte des h-Schaftes Originalbestand; linker Teil des nachfolgenden Punktes ergänzt.
  5. Linke Hälfte des i-Schaftes Originalbestand.
  6. Von der Zeile nur das obere Drittel sichtbar.
  7. Oberes Drittel der Zeile bei fundamentis · sol auf restaurierter Platte; unterer Teil der ersten beiden Buchstaben verdeckt; solemniter StBP Hist. eccl. 130 VII gr; soleniter a Georgio de hohenloo Episcopo Passaviensi Clm 1302, die Abschrift endet hiermit.
  8. Inschrift auf dem Strebepfeiler; obere Schaftansätze des m noch erkennbar.
  9. Inschrift auf dem Strebepfeiler; obere Schaftansätze des n noch erkennbar; fehlt in StBP Hist. eccl. 130 VII gr.
  10. Venerabilis dominus fehlt Hörmann.
  11. Pataviensi praesentibus. StBP Hist. eccl. 130 VII gr; Worttrenner in den erhaltenen Teilen der Inschrift in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Heuwieser, Domführer 24, gibt an, die Sonnenuhr sei mit der Jahreszahl 1451 versehen. Die Jahreszahl konnte jedoch nicht mehr aufgefunden werden. Eine Fixdatierung der Sonnenuhr würde einen Datierungsansatz für die Anfertigung der auf gleicher Höhe befindlichen Bauinschrift ermöglichen.
  2. Wahlspruch Georgs von Hohenlohe. Hund, Metropolis I, 215 teilt mit, der Bischof habe diesen Wahlspruch vielfach an Wänden anbringen lassen.
  3. Zu Otto von Layming vgl. Nr. 109.
  4. Wenzeslaus Thiem ist seit 1402 als Passauer Domdekan belegt und wurde 1414 Dompropst. Außerdem hatte er noch das Domscholastikat in Olmütz inne. 1425 ist er Pfarrer in Waldkirchen, Lkr. Freyung-Grafenau. 1426 ist er als Offizial unter der Enns belegt. Er starb am 25. September 1427 in Wien und wurde im Chorherrenstift St. Dorothea bestattet. Vgl. Krick, Domstift 4, 41, 217.
  5. Bi 48.
  6. FstM 9.
  7. In der Literatur werden verschiedene Zeitansätze angegeben, die sich jedoch grob um das Jahr 1444 bewegen, vgl. hierzu: Kappel, Dom 25; Hörmann, Passauer Dom 26; Oswald, Dom 5; Wurster, Dom 5.
  8. Vgl. hierzu z.B. Kappel, Dom 22: das Ende der Inschrift weicht vollständig ab.

Nachweise

  1. Clm 27085, fol. 188v–189r; Clm 1302, p. 1; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 101 (zitiert nach Clm 1302); StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 101 (zitiert nach Clm 1302); Schöller, Bischöfe 122; Erhard, Geschichte II, 44; Kappel, Dom 22; Kdm Passau 36f., Fig. 14; Krick, Inschriften 5; Hörmann, Mutterkirche 6; Hörmann, Passauer Dom 22 Anm. 2; Heuwieser, Domführer 24f.; Schindler, Stephansdom 44–46; Albrecht/Hauck, Werkbericht 37–39 (mit vier Abbildungen).

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 104 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0010401.