Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 933† St. Michaelis 1642

Beschreibung

Epitaph des Abts Johann Heinrich von Haselhorst. Das hölzerne Epitaph wurde 1792 beim Umbau der Kirche beseitigt. Im nahezu quadratischen Mittelteil befand sich eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, darüber auf der breiten Rahmenleiste das von zwei Putten gehaltene Vollwappen des Abts, auf der breiten Rahmenleiste darunter oben die Inschrift A, darunter in zwei Spalten die Inschrift B. Gebhardi überliefert im gleichen Zusammenhang auch die Inschrift C für das Epitaph, deren Anbringungsort sich aus der Zeichnung nicht erschließen läßt.1) Vor den seitlichen Rahmenleisten Figuren, die Adam und Eva – laut Gebhardi in Lebensgröße – darstellten, zu beiden Seiten dieser Figuren auf dem Rahmen jeweils eine Reihe von acht Vollwappen untereinander, die eine 36teilige Ahnenprobe ergaben. Alle Wappen waren mit Beischriften (D) versehen. Außen im Ornament jeweils eine Engelsfigur. Oben bekrönendes Ornament, auf dem drei Tugendfiguren standen, den Unterhang bildete eine ovale Kartusche mit dem Brustbild des Abts, die von aufwendigem Ornament umgeben war.

Inschriften nach Gebhardi.

  1. A

    Omnia ab Uno

  2. B

    Hic Haselhorstiades Abbas venerabilis ossaCondidit extremo vivificanda dieEius quid meritum doctrinam stemma necesse estDicere nempe orbi sunt ea nota satisQuin bene qui vixit qui mortuus est bene nullisIndiget is titulis quos miser orbis amat Recte ergo ut sapias Lector contemnere mundumAtque mori discas hoc sine vita nihil

  3. C

    Plurimum Reverendus ac Generosus vir / Dominus Johannes Henricus ab Haselhorst / Abbas et Dominus ad Divia) Michaelis Luneburgi /sedit annos XIII m(ensem) 1 d(ies) 16 Natus fuit anno / Christi 1582 d(ie) 1 Dec(embris) hora nona vespertina / Denatus Anno 1642 d(ie) 10 Nov(embris) hora 3 vespertina

  4. D
    Die von Haselhorst Die von Langen 
    Die von Harling Die von Landesbergen 
    Die von Ilten Die von Staphorst 
    Die von Jettebruck Die von Zersen 
    Die Behrn Die Teuffel 
    Die von Wotenau Die von Veltheim 
    Die von Mandesloh Die Klencke 
    Die von Bennemöhlen Die von Berckhausen 
    Die Tibermann Die von Eldendorff 
    Die von Marnholt Die von Oberg 
    Die von Bock Die von Schönbeck 
    Die von Hoggreven Die von Hadwig 
    Die von Frese Die von Schachten 
    Die von Seggern Die von Münchhausen 
    Die von Ronshorn Die von Kramme 
    Die von Spörck Die von Busche 

Übersetzung:

Alles hängt von dem einen (Gott) ab. (A)

Hier hat der ehrwürdige Abt von Haselhorst seine Gebeine bestatten lassen, damit sie am Jüngsten Tage wiederbelebt werden. Was ist es nötig, sein Verdienst, seine Gelehrsamkeit und seinen Stammbaum zu nennen, sind sie doch dem Erdkreis zur Genüge bekannt. Ja vielmehr bedarf der, der redlich gelebt hat und redlich gestorben ist, keiner Ehrentitel, die die armselige Welt liebt. Dass du es also richtig verstehst, Leser: Lerne, die Welt zu verachten und zu sterben, ohne dies ist das Leben nichts. (B)

Der hochehrwürdige und vornehme Mann Herr Johann Heinrich von Haselhorst, Abt und Herr an der Michaeliskirche zu Lüneburg, residierte 13 Jahre, einen Monat und 16 Tage lang. Geboren wurde er im Jahr Christi 1582 am 1. Tag des Dezember in der neunten Stunde des Abends, er starb im Jahr 1642 am 10. November in der 3. Stunde des Abends. (C)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Wappen2)
Johann Heinrich von Haselhorst, Abt von St. Michaelis3)
HaselhorstLangen
HarlingLandsberg
IltenStaffhorst
JettebrockZersen
BehrTeufel
WutenowVeltheim
MandeslohKlencke
BennemöhlenBarkhausen
TibermannEldendorf
MahrenholtzOberg
BockSchönbeck
HogreveHadewich
FreseSchachten
SeggernMünchhausen
RonshornCramm
SpörckenBussche

Kommentar

Johann Heinrich von Haselhorst wurde 1582 als Sohn des Dietrich von Haselhorst und der Agnes von Langen geboren.4) Seit 1596 besuchte er die Klosterschule von St. Michaelis, im Jahr 1604 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg. Nach Weyhe-Eimke studierte er in Wittenberg, Leipzig und Helmstedt.5) Im Januar 1618 trat er in den Konvent von St. Michaelis ein, im folgenden Jahr wurde ihm das Amt des Ausreiters übertragen und damit die Verwaltung der auswärtigen Besitzungen des Klosters. Nach dem Tod des Joachim von Bothmer 1629 erwog der Konvent zunächst die Wahl eines Angehörigen des Herzogshauses zum Abt, um die Position des evangelischen Klosters in den konfessionell unruhigen Zeiten zu sichern. Nachdem Herzog Christian die Wahl seines Bruders Magnus zum neuen Abt abgelehnt hatte, verständigte sich der Konvent schließlich auf Johann Heinrich von Haselhorst, den der Herzog in seinem Amt bestätigte. Weyhe-Eimke charakterisiert den Abt als hoffährtig und zanksüchtig,6) woraus verschiedene Auseinandersetzungen mit der Stadt Lüneburg sowie gewalttätige Übergriffe von beiden Seiten resultierten, die Johann Heinrich von Haselhorst aus Gründen seiner persönlichen Sicherheit vorübergehend zum Verlassen der Stadt zwangen. Zu Johann Heinrich von Haselhorst vgl. auch sein Porträt Nr. 897 und seine Grabplatte Nr. 934.

Textkritischer Apparat

  1. So bei Sagittarius, Divum Gebhardi, Domi Pfeffinger.

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Gebhardi, Collectanea, Bd. 14, p. 853f., u. Bd. 6, p. 428 (Zeichnung). Die Inschrift C ähnelt sehr der für die Grabplatte Nr. 934 überlieferten Inschrift, unterscheidet sich aber doch auch wieder so im Text, dass hier nicht von einer versehentlich doppelten Überlieferung der Grabplatteninschrift auszugehen ist.
  2. Die Wappen bis auf das Abtswappen bei Gebhardi, Collectanea, Bd. 14, p. 854, nur namentlich bezeichnet.
  3. Wappen Johann Heinrich von Haselhorst, Abt von St. Michaelis (viergeteilt, 1. u. 4. thronender Abt, 2. u. 3. drei Räder 2:1). Wappen Haselhorst vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 65; Bd. 2 u. Tafel 158.
  4. Zu seiner Biographie Weyhe-Eimke, Äbte, S. 220–240.
  5. Nachweisbar nur an der Universität Helmstedt, wo er sich am 6. Dezember 1604 immatrikulierte. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 178.
  6. Weyhe-Eimke, Äbte, S. 224.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 14, p. 853f., u. Bd. 6, p. 428 (Zeichnung).
  2. Sagittarius, Historia, Ex. Wolfenbüttel, fol. 135v (B, C).
  3. Pfeffinger, Historie, Bd. 2, S. 6, Nr. III (A–C).
  4. Weyhe-Eimke, Äbte, S. 240 (A, C unvollständig).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 933† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0093302.