Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 893 St. Johannis 1628

Beschreibung

Epitaph des Albert Elver und seiner Ehefrauen Anna Brömse und Gertrud Witzendorff. Stein, teilweise Marmor, in Schwarz, Weiß und Gold gefasst. Das vielteilige Epitaph hängt am östlichen Pfeiler zwischen dem inneren und äußeren nördlichen Seitenschiff. In der mittleren Zone vier freistehende Säulen, vor denen Figuren von Tugenden stehen, die auf den Sockeln durch die Tituli A bezeichnet sind. Außen zwischen den Säulen stehen Figuren von Adam und Eva, ebenfalls auf den Sockeln durch die Tituli B bezeichnet, in der Mitte in einem Rundbogenfeld ein Relief, das im Vordergrund Christus mit der Siegesfahne zeigt, der den Tod in Gestalt eines zu seinen Füßen liegenden Gerippes überwindet, im Hintergrund links der Sündenfall, im Hintergrund rechts die Auferstehung. Unter dem Relief eine Schrifttafel mit der Inschrift C, die teilweise von einem großen plastischen Vollwappen auf dem Gesims darunter verdeckt wird. Zwei weitere Vollwappen links und rechts auf dem Gesims. In der Zone darunter drei durch mit Köpfen besetzte Konsolen voneinander getrennte Inschriftenfelder, das mittlere mit der Inschrift D querrechteckig, die beiden äußeren mit den Inschriften E und F hochrechteckig. Den unteren Abschluss bildet ein mehrteiliger mit Zierkartuschen versehener Unterhang. In der oberen Zone über einem Gesims zwischen zwei freistehenden Säulen der in den Himmel fahrende Christus, der einen Satyr und den als Gerippe dargestellten Tod zu seinen Füßen in Ketten hält. Darunter auf dem Gesims die Inschrift G. Außen auf dem Gesims und neben den rahmenden Säulen des Mittelteils weitere vier Tugendfiguren, deren Tituli H darunter auf dem Gesims stehen. In der Bekrönung darüber eine ovale Kartusche mit einem Relief, das einen Engel zusammen mit Johannes (Apc. 21,9–12) zeigt, die von einem Felsen auf das Himmlische Jerusalem, eine im Viereck angelegte Stadt mit zwölf Toren, blicken. Darunter auf dem Gesims die Inschrift I, sowie auf den seitlichen Vorsprüngen die Tituli J, die die beiden oben auf den Vorsprüngen stehenden Tugendfiguren bezeichnen. Oben auf der Bekrönung die Figur eines Putto. Alle Inschriften sind erhaben gehauen und in Gold auf schwarzem Grund gefasst.

Maße: H.: 350 cm; B.: 214 cm; Bu.: 2,5 cm (A, H, J), 9 cm (B), 2,5–3 cm (C–G, I).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Versalschrift (B), Kapitalis mit einzelnen Minuskel-b (C–F).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/6]

  1. A

    PATIENTIA // PENITE(N)TIA // FIDES // SANCTI/MONIA

  2. B

    ADAM // EVA

  3. C

    MORS PROSTRATA IACET CHRISTI VICTRICIbUS ARMIS /ET TREMULUM FRUSTRA SURRIGIT USQ(UE) CAPUT. /SIT LAUS CHRISTE TIBI TUA NOS VICTORIA MORTIS /VICTORES FECIT TARTAREIQ(UE) DUCIS

  4. D

    D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRUM) / NOb(ILISSIMO) AMPLISSIMO. SPECTATAEQ(UE) PRUDENTIAE VIRO / DOMINO ALBERTO ELVERO PATRICIO LÜNAEbURGENSI. / QUI NATUS A(NN)O 1574. DIE 19 SEPT(EM)b(RIS) ET EXPLETIS STUDIORUM / AC PEREGRINATIONUM VARIIS LABORIBUS, IN SENATORIUM ORDI=/NEM A(NN)O 1605. COOPTATUS, MAGISTRATUM TOTOS 23 ANNOS / ITA GESSIT UT OPTIMI SENATORIS MUNUS OBIERIT POST=/QUAM DEPOSITA MORTALITATEa) A(NN)O 1628. 17 MARTY SPIRITUM / DEO REDDIDISSET MOESTISSIMA VIDUA UNA CUM FILIAa) VNICA / ANNA AC GENERO D(OMI)NO NICOLAIa) DUSTERHOP BENEMERENTI / MONUMENTUM HIC POSUERUNT ANNO 1628.

  5. E

    MEMORIAE / NOb(ILISSIMAE) AC PUDICISSIMAE / FOEMINAE, ANNAE D(OMI)NI / NICOLAI BROMSII. SE=/NATORIS HUIUS REIPUB(LICAE) / AMPLISS(IMAE) FILIAEb) QUAE NATA / A(NN)O 1580 DIE 2 IULY NUP/TA VERO D(OMI)NO ALBERTO / ELVERO A(NN)O 1598 DIEM / FATALEM A(NN)O 1601 28 / MARTŸ, PLACIDE OBIIT.

  6. F

    MEMORIAE / NOb(ILISSIMAE) AC PUDICISSIMAE / MATRONAE, GERDRUDIS / D(OMI)NI HENRICI WITZEN=/DORFII CONSULISa) HUIUS / CIVITATIS MAGNIFICI, FILIAE, / QUAE A(NN)O 1579. 16 AUG(USTI) IN LU=/CEM EDITA ET D(OMI)NO ALBERTO / ELVERO A(NN)O 1602 MATRI=/MONIO IUNCTA, A(NN)O <....> / <......> VITAM SERIA PIETATE CLAUSIT

  7. G

    CONSCENDIT COELOS DOMINUS MAGNOQ(UE) TRIUMPHO /CAPTIVA ABDUXIT CLAUSTRA TREMENDA STIGIS

  8. H

    CHARI/TAS // PAX // SPES // IUSTI/TIA

  9. I

    EN NOVA COELESTI SOLŸMORUM MOENIA CULTU /HAEC POST FATA PIOS MANSIO LOETA MANET

  10. J

    CON/CORDIA // FELICI/TAS

Übersetzung:

Geduld. Buße. Glaube. Unschuld. (A) Der Tod liegt niedergestreckt durch die siegreichen Waffen Christi und erhebt weiter vergeblich das zitternde Haupt. Dir, Christus, sei Lob, dein Sieg über den Tod und den Fürsten der Unterwelt hat uns zu Siegern gemacht. (C) Dem höchsten und größten Gott geweiht. Dem hochedlen, hochangesehenen Mann von anerkannter Klugheit, Herrn Albert Elver, Lüneburger Patrizier, der im Jahr 1574 am 19. Tag des September geboren wurde und, nachdem er sich verschiedenen Anstrengungen der Studien und der Wanderschaft unterzogen hatte, im Jahr 1605 in den Ratsherrenstand gewählt wurde und das Amt ganze 23 Jahre so führte, dass er das Amt des allerbesten Ratsherrn bekam, haben ihm, nachdem er seine Sterblichkeit abgelegt hatte und im Jahr 1628 am 17. März seinen Geist Gott zurückgegeben hat, die hochbetrübte Witwe, weil er es wohl verdiente, zusammen mit der einzigen Tochter Anna und dem Schwiegersohn Herrn Nikolaus Dusterhop dieses Denkmal gesetzt im Jahr 1628. (D) Zur Erinnerung an die hochedle und sehr ehrbare Frau Anna, die hochangesehene Tochter des Herrn Nikolaus Brömse, Ratsherrn dieser Stadt, die im Jahr 1580 am 2. Tag des Juli geboren wurde, aber im Jahr 1598 mit Herrn Albert Elver getraut wurde und friedlich ihren Todestag am 28. März im Jahr 1601 beging. (E) Zur Erinnerung an die hochedle und sehr ehrbare Dame Gertrud, Tochter des großartigen Bürgermeisters dieser Stadt Herrn Heinrich Witzendorff, die im Jahr 1579 am 16. August das Licht der Welt erblickte und mit Herrn Albert Elver im Jahr 1602 ehelich verbunden wurde, und im Jahr ... ihr Leben in ernsthafter Frömmigkeit beschlossen hat. (F) Der Herr ist in großem Triumph in den Himmel gestiegen, er hat die schrecklichen Gefängnismauern der Unterwelt entfernt. (G) Liebe. Frieden. Hoffnung. Gerechtigkeit. (H) Siehe, die neuen Mauern Jerusalems im himmlischen Schmuck: diese selige Wohnung erwartet die Frommen nach ihrem Tod. (I) Eintracht. Glück. (J)

Versmaß: Elegische Distichen (C, G, I).

Wappen:
Witzendorff1)Elver2)Witzendorff1)

Kommentar

Die Inschriften sind in einer sehr schlanken rechtsgeneigten Kapitalis ausgeführt, die durch geschwungene, weit ausgezogene Hasten einen kursiven Charakter bekommt. Auffällig sind die teilweise verwendeten epsilonförmigen E. Insgesamt ergibt sich – auch durch wechselnde Buchstabenhöhen – ein eher unruhiges Schriftbild.

Albert VI. Elver wurde 1574 als Sohn des Ratsherrn Dietrich Elver und der Beata Witzendorff geboren (vgl. Nr. 588). Er ist seit 1599 als Sülfmeister, seit 1604 als Barmeister und seit 1620 als Sodmeister nachweisbar. Im Jahr 1606 wurde er in den Rat gewählt.3) Kurz nach dem Tod der nur drei Jahre nach der Eheschließung verstorbenen Anna Brömse erwarb Albert Elver am 17. April 1601 für sich und seine erste Ehefrau für 60 Mark zwei Begräbnisplätze in der Kirche St. Johannis.4) Der ungewöhnliche Fall, dass Grabstätten in der Kirche nach einer bereits erfolgten Beisetzung erworben wurden, ist hier durch den unerwarteten Tod der Ehefrau bedingt. Für die Beerdigung Albert Elvers wurde 1628 dann die bereits in der Kirche liegende Grabplatte gehoben, wofür die Gebühr von einer Mark fällig wurde.5) Seine zweite Ehefrau Gertrud Witzendorff, die Tochter des Heinrich Witzendorff und der Elisabeth Töbing (vgl. Nr. 569), starb lange Zeit nach dem Tod ihres Ehemanns am 1. September 1655.6)

Textkritischer Apparat

  1. Irrtümlich anstelle von NICOLAO.
  2. I in L eingestellt.

Anmerkungen

  1. Wappen Witzendorff (zwei gekreuzte Rechen). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  2. Wappen Elver (Sparren, darüber zwei Adlerköpfe, darunter ein Adlerkopf). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  3. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Elver I.
  4. SKA Lüneburg, Kirchenrechnung St. Johannis I,4, fol. 330r. Anna Brömse ist in der Kirchenrechnung als verstorben bezeichnet.
  5. SKA Lüneburg, Kirchenrechnung St. Johannis I,6, fol. 85r.
  6. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Witzendorff II.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 893 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0089309.