Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 887 St. Nicolai 1626, 1639

Beschreibung

Epitaph des Pastors Sigismund Schererz und seiner Kinder. Holz, geschnitzt und farbig gefasst, Ölgemälde. Das Epitaph stammt aus St. Lamberti. In dem als Ädikula gestalteten Rahmen mit Rollwerk, beiderseitigen vollplastischen Säulen und flachem Giebelaufsatz mit Engelskopf darin ein hochrechteckiges Gemälde, das in der oberen Hälfte den Pastor und seine Frau mit neun Kindern in Bethaltung zeigt. Oben Christus in den Wolken zwischen Sonne und Mond, im Hintergrund die Silhouette der Stadt Lüneburg. Sieben der zehn Kinder sind durch ein rotes Kreuz über ihrem Kopf als verstorben gekennzeichnet, unter ihnen jeweils die Angabe A, in welchem Alter sie 1626 an der Pest verstarben. Über dem Kopf des Pastors die nach seinem Tod nachgetragene Inschrift B in Schwarz vor dem hellen Himmel des Hintergrunds. Im unteren Teil des Gemäldes die Inschrift C in Gold auf Schwarz.

Maße: H.: 195 cm; B.: 134 cm; Bu.: 1,1 cm (A), 1 cm (B), 2–2,8 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), humanistische Minuskel mit Versalien (B), Fraktur mit Kapitalis (C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. A

    A(NNO) AET(ATIS) 16. // 9 // AN(NO) AETATIS 2 ½. // 4. // 11. // 15. // 17.

  2. B

    obijt Anno 1639 11 Decemb(ris) / AEtatis 55.

  3. C

    Für dieser Capell auffn Kirchhof · / Ligen begraben des Ehrwürdige(n) herrn Sigismu(n)di ScherErtzii / Pastoris zu S: Lambert alhier vnd seiner lieben hausfrawen / Elisabetha Vetterin hertzlibe Sieben kinder · / Als Zwene Söhne · / Gottfried: vnd Christian / vnd fünff Töchter / Juditha, Elisabetha, Regina, Leonora, vnd Juliana / Welche der Trewe Gott ANNO CH(RISTI) 1626. Zur Zeit der Pest / von dieser Welt durch einen Seligen abscheid in sein Ewiges / Reich abgefordert hat. Der gnade ihren Seelen im Himmel: erwecke / ihre leiber zum Ewigen leben: vnd tröste die betrübten Eltern; / durch Christum AMEN

Übersetzung:

Er starb im Jahr 1639 am 11. Dezember im Alter von 55 Jahren/im 55. Lebensjahr. (B)

Kommentar

Zu dem Superintendenten Sigismund Schererz vgl. Nr. 924. Die besondere Namensschreibung als ScherErtz, die sich auch in der Inschrift C findet, leitet Bertram davon ab, dass die Vorfahren des Geistlichen im Erzbergbau tätig waren.1) Nach Bertram war die Ehefrau des Geistlichen, Elisabeth Vetter, die Tochter eines Wittenberger Ratsherrn.2)

Die Inschrift C zeigt in besonders krasser Weise, wie sehr die Pest im Jahr 1626 in Lüneburg wütete. Den Verlauf der Pestwelle in Lüneburg beschreibt Leonhard Elver als Augenzeuge, der selbst seine Frau durch die Pest verlor (vgl. Nr. 857), detailliert in seinem Discursus. Danach gab es bereits in den Jahren 1624 und 1625 Einzelfälle von Pestkranken in der Stadt, aber erst 1626 breitete sich die Seuche in der ganzen Stadt aus. Die Frauen, die Zuwendungen aus dem Armenkasten erhielten, wurden verpflichtet, die Erkrankten im Hospital zu pflegen. Nach Elver waren nur wenige Angehörige der städtischen Oberschicht von der Pest betroffen, darunter die Familie des Sigismund Schererz. Da man die Pesttoten beerdigte wie die anderen Verstorbenen auch, sei von morgens bis abends Glockenläuten zu hören gewesen.3)

Anmerkungen

  1. Bertram, Evangelisches Lüneburg, S. 213.
  2. Ebd., S. 220.
  3. Elver, Discursus, Bd. II, fol. 35/36.

Nachweise

  1. Kat. Stadt im Wandel, Bd. 1, Nr. 318 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 887 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0088703.