Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 859 Museum Lüneburg 1618

Beschreibung

Ewiger Kalender.1) Holz, bemalt. Die bemalte hochrechteckige Holztafel stammt aus dem Rathaus. Auf schwarzem Grund sind hier in Gold und Rot Inschriften bzw. Ziffernkolonnen in Tabellen ausgeführt, neben denen Stecklöcher u. a. die Markierung des Monats, des Monatstags und der Mondphase, aber auch der Indiktion und des Sonntagsbuchstabens erlauben. Weitere Schemata beziehen sich u. a. auf die Planetenstände und darauf, welche Tätigkeiten an welchen Tagen besser zu tun oder zu unterlassen sind. Ediert werden hier die begleitenden und erläuternden Inschriften, nicht aber die Tabellen und Zahlenkolonnen, auf die sie sich beziehen. Diese sind in den zugehörigen Anmerkungen beschrieben, soweit dies nicht gleich in die Beschreibung mit einbezogen werden konnte.

Die Überschrift für die gesamte Tafel bildet die oben in einem gesonderten Feld angebrachte Inschrift A. Darunter ebenfalls in einem langen Feld drei gemalte Steckscheiben, die mittlere größer als die beiden seitlichen. Im Innenkreis der linken, auf die Markierung der Goldenen Zahl bezogenen Steckscheibe die Inschrift B1 umgeben von 19 Stecklöchern, die durch die Ziffern 1–19 bezeichnet sind, außen verläuft die Inschrift B2 um die Scheibe. Im Innenkreis der mittleren, auf die Sonntagsbuchstaben bezogenen Steckscheibe die Inschrift C1, um die zwei Kreise mit Buchstaben und nach außen hin ein Kreis mit den Ziffern 1–28 verläuft.2) Außen verläuft um diese Scheibe die Inschrift C2. Im Innenkreis der rechten, auf die Markierung der Indiktion bezogenen Steckscheibe die Inschrift D1 umgeben von 15 Stecklöchern, die durch die Ziffern 1–15 bezeichnet sind, außen verläuft die Inschrift D2 um die Scheibe.

Unterhalb der drei Scheiben verläuft über die gesamte Breite der Tafel die Inschrift E, die mit einer großen von Rankenwerk umgebenen Initiale beginnt. Sie steht als eine Art Überschrift über den darunter folgenden Kalenderspalten: Links und in der Mitte stehen untereinander die außen von Stecklöchern begleiteten Monate untereinander unter einer Überschrift. Bei den Monatsnamen ist jeweils die Zahl der Tage vermerkt, und es sind ausgewählte feststehende Festtage aufgeführt, die ‚evangelischen‘ Festtage inclusive der Marienfeste in roter Farbe, die ‚katholischen‘ Heiligentage mit zwei Ausnahmen immer in goldener Farbe. Die Initialen der Monatsnamen jeweils von Rankenwerk umgeben. In der linken Spalte Januar bis Juni, in der mittleren Spalte Juli bis Dezember (Inschrift F1–14) jeweils begleitet von einer Auswahl der Monatstage in der nächsten Spalte, die einer Tabelle mit Zeiten des Sonnenaufgangs und Sonnenuntergangs voranstehen. Die abwechselnd in Gold (Stunden) und Rot (Minuten) ausgeführten Ziffern sind durch Überschriften der Rubriken eingeleitet (links G1, rechts G2). Neben den Monaten Mai und Juni verlaufen anstelle der Ziffern über die zweite und dritte sowie über die achte und neunte Spalte senkrecht die Inschriften G3 und G4, die sich neben dem Monat Juli in den entsprechenden Spalten wiederholen (G5, G6). Auf die beiden Monatsspalten folgt jeweils eine weitere Spalte, in der in Gold die Länge der Tage und in Rot die Sternkreiszeichen angegeben sind (links H1, in der Mitte H2).

Im rechten Teil der Tafel folgt zunächst eine Spalte, aus der sich mit Hilfe der Goldenen Zahl das Datum des Osterfestes ermitteln lässt, darüber steht die Überschrift I1, die Ziffern 1–19 werden zu beiden Seiten von der senkrecht angebrachten Inschrift I2 begleitet, dann folgt die Tabelle mit den Daten (I3). In einem Feld unterhalb der Tabelle gibt es noch Anmerkungen dazu (I4). Nach rechts folgt als weitere Stecktafel der Römische Kalender mit der Einteilung in Kalenden, Nonen und Iden in römischen Ziffern für die unterschiedlichen Monate in zwei Spalten zu beiden Seiten einer mit den Ziffern 1–31 bezeichneten Spalte mit Stecklöchern. Diese Abteilung ist mit der Inschrift K1 überschrieben, unter der die Tabelle K2 folgt, rechts davon die senkrecht verlaufende Inschrift K3.

Am rechten Rand der Tafel befindet sich unter der Überschrift L eine weitere Reihe von 30 Stecklöchern, links begleitet von Abbildungen des zu- und abnehmenden Mondes, der Neumond oben mit einem Gesicht, in den beiden Spalten rechts der Stecklöcher die Angabe der Mondscheindauer, die Stunden in Rot, die Minuten in Gold.

Unterhalb dieser Tabellen sind noch weitere fünf Felder angebracht. In der Mitte als immerwährende Wettervorhersage die Inschrift M, deren Initiale über drei Zeilen geht und mit Rankenwerk unterlegt ist. Links des mittleren Feldes eine mit der Überschrift N1 versehene Tabelle über unter bestimmten Sternzeichen zu empfehlende oder besser zu unterlassende Tätigkeiten. In der Spalte links die verschiedenen Tätigkeiten (N2), in der Rubrik oben jeweils senkrecht verlaufend die Angabe der Sternzeichen (N3), oben links die Legende N4 zu den in der Tabelle erscheinenden Buchstaben, die einzelnen Zeilen wechselnd in Gold und Rot ausgeführt. Auf der rechten Seite eine Tabelle, mit deren Hilfe sich die Wochen zwischen Weihnachten und Fastnacht ermitteln lassen. Oben die Überschrift O1, in zwei Spalten außen links unter der Überschrift O2 die Ziffern 0–6, rechts davon unter der Überschrift O3 die Buchstaben a–g, am Ende der Tabelle über diese beiden Spalten verlaufend die Überschrift =4, nach der in der Tabelle die Ziffern 11–19 sowie 10–1 folgen. Den unteren Abschluss der Tafel bildet links die unter der Überschrift P1 stehende Tafel der ungleichen Planetenstunden des Tages, links eine Steckleiste, die Stecklöcher rechts davon unter der Überschrift P2 mit den Wochentagen P3 bezeichnet, die Stunden in der oberen Zeile mit den Ziffern 1–12, in der Tabelle die Planetenzeichen, links davon unter der Überschrift P4 eine entsprechende Tabelle für die Stunden der Nacht, die Zeilen beider Tabellen abwechselnd in Gold und Rot. Erläutert werden diese Tabellen durch die Inschrift P5 in dem Feld rechts unten.

Maße: H.: 58 cm; B.: 46,5 cm; Bu.: 1,5–0,2 cm.

Schriftart(en): Fraktur, teilweise mit Frakturversalien (deutsche Texte), humanistische Minuskel mit Kapitalisversalien bzw. Kapitalis (lateinische Texte).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/5]

  1. A

    Calendarium Romanogermanicum perpetuum / den Ehrnvesten Hochgelarten Achtbarn, Hoch: vnd Wolweisen Herrn Burgermeistern hat der Stadt LUNEBURG Seinen großgunstigen / gepietenden Herrn Zu Ehren vnd wollgefallen, eingestält vnd geschrieben Johannem Naeuium Breman: A(nno) 1618.

  2. B1

    NOSCE / TEMP(US)

  3. B2

    Diß Scheiblein zeiget mit dem Jahrlichen vortstechen den Guldenn Zahl desselben Jahrs ann

  4. C1

    Traw / Schaw / Wem3)

  5. C2

    Mit dem Jahrlichen vortstechen zeiget dieß Scheibleinn Der Sonnen Circul [.....] Sontags Buchstab ann

  6. D1

    DISCE / MORI

  7. D2

    Diß Scheibleinn zeiget mit dem Jahrlichen vortstechenn den RomerZinszahl desselbenn Jahrs ann

  8. E

    Tempora labuntur, tacitisq(ue) senescimus annis:Et fugiunt freno non remorante dies.4)

  9. F1

    Die Monat des Jahrs / sambt den unbeweglichen Festenn / bey iedem Monat verzeichnet, / vnd wie viel Tage der Monat insonderheit hatt

  10. F2

    Ianuarius / hat 31 Tage / Den Newiahrstag den 6 Dreykonig / den 8 Erhardi Den 17 Antony / den 20 Fabian Sebastian denn 25 / Pauli Bekerung

  11. F3

    Februarius / hat 28. im Schaltjare 29 ta(ge) / Den 2 Mariae reinigu(ng) den 6 Dorotheae / den 22 Petri Stulfeir Denn / 23 Gerhardia) den 24 Matthi-/ae Ap(ostoli) in dem Schaltjare denn 25

  12. F4

    Martius / 31 / Den 6 Victoris den 12 Gregory den /17 Gertrudis Denn 21 / Benedicti Denn 25 Mariae /Verkundigung

  13. F5

    Aprilis / 30 / Den 4 Ambrosy den 14 Tiburtÿ den / 23 Georgÿ Den 24 Alber/ti Episcopi Den 25 Marci / Evangelistae

  14. F6

    Maius / 31 / Den 1 Philipi Jacobi den 3 Creutzer:/findung Den 6 Johan fur der / lat(inischen)5) pfortenn Denn 25 / Vrbani Papae

  15. F7

    Iunius / 30 / Den 8 Medardi den 11 Barnabae /denn 15 Vitib) Denn 24 / Johann Baptistae Denn 29 / Petri vnd Pauli Apostol(orum)

  16. F8

    Die Monat des Jahrs Zu=/sambt den vnbeweglichen Festen bey / ÿederm Monat insonderheit verzeich/net. vnd wie viel Tage ein ÿe=/der Monat hatt.

  17. F9

    Iulius / hat 31 Tage / Den 2 Mariae heims(uchung) den 13 Margare=/tae Den 22 Mariae Magdalen / den 25 Jacobi A(postoli) Den 26 Ann(ae) / Den 28 Pantaleonis.

  18. F10

    Augustus / 31 / Den 1 Petri Ketenf(eier) Denn 10 / Laurentÿ. denn 15 Mariae Himmelf(ahrt) / den 24 Bartholomaei / Denn 29 Johannis entheubtung.

  19. F11

    September / 30 / Den 1 Aegidy den 8 Mariae geburt / den 21 Matthaei Eva(ngelista) Denn 27 / Cosmae Damiani denn 29 / Michaelis Archangeli

  20. F12

    October / 31 / Den 9 Dionÿsÿ den 16 Galli Abb(atis) / den 18 Lucae Evang(elistae) Den 25 / Crispini vnd Crispiniani den 28 / Simon vnd Judae

  21. F13

    November / 30 / Den 1 Allerheilig(en) Den 11 Mar=/tini den 19 Elisabeth den 21 Mariae Offenbar(ung) Den 25 Catharinae / Denn 30 Andreae Apostoli

  22. F14

    Den 4 Barbarae den 6 Nicolai den / 8 Mar(iae) empfe(ngnis) Den 13 Luciae / den 21 Thomae / den 25 Christagh / 26 Stephan(us)c) De(n) 27 Johann(is) E(vangelistae)

  23. G1

    Monats Tage6) MOR=/genndes // Bricht der Tag an // Vhr // minut(en) // (Sonne)d) gehet / auff // Vhr // minut(en)Abenn=/des // (Sonne)d) gehet / unter // Vhr // minut(en) // Scheidet Tag vnd nacht // Vhr // minut(en)

  24. G2

    Monats Tage6) MOR=/gendes // Bricht der Tag an // Vhr // minut(en) // (Sonne)d) geht / auff // Vhr // minut(en)Abenn=/des // (Sonne)d) gehet / unter // Vhr // minut(en) // Scheidet Tag vnd nacht // Vhr // minut(en)

  25. G3

    Nimmer nacht

  26. G4

    Jmmer Tagh

  27. G5

    Nimmer nacht

  28. G6

    Jmmer Tagh

  29. H1

    Jn welchem Himlisch=/en Zeichen die Sonne / gehet vnd der Tage lenngede // Tag hat 8 / Stunde // (Sonne)d) im Wasserma(nn) // 9 Stunde // 10 Stunde / der Tag // (Sonne)c) in den Fischen // 1[1] Stunde // 12 Stunde // (Sonne)d) im Wider / Aequinoctium / Vernium // 13 Stunde // 14 Stunde // (Sonne)d) im Stier // 15 Stunde // (Sonne)d) in denn Zwil/lingen / 16 Stunde / 16 ¾ Stunde / (Sonne)d) im Crebsenn / Solstitium / 16 Stunde

  30. H2

    Jn welchem Himlische(n) / Zeichen die Sonne ge=/het vnd der Tage len/gede // Tag hat 16 Stund. // (Sonne)d) im Lewenn // 15 Stunnd // 14 Stunde // (Sonne)d) in der Jung/frawenn // 13 Stunde // 12 Stunde // (Sonne)d) in der wage / Aequinoctium / autumnale. // 11 Stunde // 10 Stunde // (Sonne)d) im Scorpio(n) // 9 Stunde // (Sonne)d) in dem Schutzen // 8 Stunde // 7 ¼ Stunde // (Sonne)d) im Steinbock / Solstitium.

  31. I1

    Bewegliche Fe=/ste durch das gantze jahr / hie untenn verzeichnet

  32. I2

    Wann die Guldenn Zahl ist // So ist Ostern den negsten Sontag nach dem

  33. I3

    1 // 5 Aprilis2 // 25 Martÿ3 // 13 Aprilis4 // 2 Aprilis5 // 22 Martÿ6 // 10 Aprilis7 // 30 Martÿ8 // 18 Aprilis9 // 7 Aprilis10 // 27 Martÿ11 //15 Aprilis12 // 4 Aprilis13 // 24 Martÿ14 // 12 Aprilis13 // 24 Martÿ14 // 12 Aprilis15 // 1 Aprilis16 // 21 Martÿ17 // 9 Aprilis18 // 29 Martÿ19 // 17 Aprilis

  34. I4

    Hiebeÿ ist aber woll zu merckenn das wann einn / Sonntag auff einen solchen / Monatstag fellet als hieroben verzeich=/net stehet So ist Osternn / nicht denselbigenn Sondernn den / Folgenden Sonntag Septuagesimaist9Wochenn/ vor dem / Ostertagee)Sexagesima8Quinquagesima7Quadragesima6Creutzwocheist5Wochenn / nach dem / Osternne)Pfingstenn7Trinitatis8Himmelfart Christi / ist denn Donnerstag in / der Creutzwochen

  35. K1

    CALEND(ARIUM) ROMANUM / Prima dies mensis cuiusq(ue) e(st) dicta Calendae / Sex Nonas Maius, October, Julius et Mars / Quattuor ac reliqui dabit Idus quilibet / octo. / Inde dies alias o(mn)es dic esse Calendas / Quas retro numerans dices a mense sequenti.7)

  36. K2

    Calendae1CalendaeVI2VV3IIIIV4PridieIII5NonaePridie6VIIINonae7VIIVIII8VIVII9VVI10IVV11IIIIV12PridieIII13IdusPridie14XVIIIIdus15XVIIXVII16XVIXVI17XVXV18XIVXIV19XIIIXIII20XIIXII21XIXI22XX23IXIX24VIIIVIII25VIIVII26VIVI27VV28IVIV29IIIIII30PridiePridie31

  37. K3

    FEBRUARIUS / habet dies 28 in bißext[..]f) vero 29. Et in eo bis dicitur VI. Calend(as) Martii.

  38. L

    Wie lange der / Monnd ein ye=/dere nacht / scheinet // Monn=/scheinn // Stunde // Minute(n)8)

  39. M

    PURUS ORIENS SERENUM DIEM NUNCI/at, pallidus grandinem et ventos et pluvias. / Si oriens cingitur orbe expectetur vent(us), / occasus nubilus asperam significat tempesta=/tem, luna splendens puro nitore serenitatem, rubicunda ventos / nigra pluvias portendere creditur. Si quarta luna erit directa / magnam tempestatem in mari praesagit. Si plenilunium plenum / erit serenos dies significabit.

  40. N1

    Diß Tafflein des Glucks vnd Vnglucks zeiget / ann was in einem ieglichen Himlischen Zeichen zu thun / oder zu lassen seÿ

  41. N2

    Wannderenn / Kauffenn verkauffen / Ehehalten dingeng) / Bauwenn / Einziehenn / New Cleiden / Heÿrat machenn / Haar abschneide(n) / Botten sendenn / Schmeltzenn

  42. N3

    Fisch / Wasser=/man / Steinboc / Schutz / Scorpio(n) / Wage / Jungfra(w) / Leuwe / Crebß / Zwilling / Stier / Wider

  43. N4

    g bedeuth)guthmmittelbboß

  44. O1

    Wochen zwischen Weÿnachte(n) / vnnd der HerrnnFastnachtenn

  45. O2

    Vbrige Tage

  46. O3

    Sontags Buch=/stabe

  47. O4

    Die Gulden / Zahll.

  48. P1

    Taffel der / vngleichenn / Planeten stun/den des Tags

  49. P2

    Planeten Stunde

  50. P3

    Sonntag / Monntag / Dingstag / Mitwochen / Donnerstag / Freÿtag / Sambstag

  51. P4

    Taffel der Pla/neten vnglei/=chen Stunde(n) / des Nachtes

  52. P5

    Aus nebengesetztem Planetemtafflein zu erfahren Welche Pla=/net zu yeder stunde Tages oder nachtes regiret So greifft man / mit dem einen finger auff den Tag vnd mit dem andern auff die stun/de des Tages oder nachts Vnd fehret dann mit demselben herunter / vnd mit dem andern quer vber Jn welchem Spacio dan beÿde / Finger zusamen stossenn findet man die Regirende Planeten verzeichnet / Jedoch mus ein ÿeglicher tag oder nacht in zwolff gleiche theil vor der / Sonnen auff vnd nidergang zu rechnen abgetheilet vnd vnterschei=/denn werdenn

Übersetzung:

Erkenne die Zeit. (B1) Lerne zu sterben. (D1) Die Zeiten schwinden dahin, und wir werden mit den lautlosen Jahren alt, und es fliehen – nicht durch einen Zügel aufgehalten – die Tage. (E) Römischer Kalender. Der erste Tag jedes Monats heißt Kalenden, (die Monate) Mai, Oktober, Juli und März geben sechs dazu, (um zu den Nonen) zu gelangen, die übrigen aber vier, sämtliche Iden (noch einmal) acht. Von da an werden alle anderen Tage als Kalenden bezeichnet, die du vom folgenden Monat rückwärts zählend benennen musst. (K1) Der Februar hat 28 Tage, in einem Schaltjahr (im zweimal die Sechs zählenden Jahr) aber 29. Und in diesem zählt man die 6. Kalenden des März doppelt. (K3) Ein wolkenloser Sonnenaufgang kündigt einen heiteren Tag an, ein blasser Sonnenaufgang Hagel und Wind und Regen. Wenn die aufgehende Sonne von einem Kreis umgeben ist, ist Wind zu erwarten, ein bewölkter Sonnenuntergang bedeutet schlechtes Wetter, und man glaubt, dass der klar scheinende Mond heiteres Wetter, der rötliche Mond Wind und der Neumond Regen prophezeit. Wenn der Mond am vierten Tag nach Neumond gerade steht, prophezeit er Stürme auf dem Meer. Wenn der Vollmond voll wird, bedeutet er heitere Tage. (M)

Versmaß: Ein elegisches Distichon (E), Hexameter (K1).

Kommentar

Der Verfasser der Tafel, der sich in der Inschrift A – eigenartigerweise im Akkusativ – als Johannes Naevius Breman: bezeichnet, ist weder in Lüneburg noch sonst nachweisbar. Es ist auch nicht klar, ob man den Namen als Johannes Naevius Bremann oder als Johannes Naevius (Neefe?) aus Bremen verstehen soll.

Zusammengestellt sind auf der Tafel die unterschiedlichen und vielfältigen Berechnungs- und Benennungsmöglichkeiten der Kalendertage, darunter die Goldene Zahl (B), die die Position des Kalenderjahrs der christlichen Ära innerhalb des Mondzirkels benennt und das Osterdatum bestimmt (19jähriger Zyklus beginnend im Jahr 1 nach Christus mit der Zahl 2), die Römerzinszahl (D) mit der Angabe der Indiktion als 15jähriger Zyklus beginnend drei Jahre vor der christlichen Zeitrechnung, der römische Kalender mit seinen Tagesbezeichnungen (K) wie auch die christlichen Festtage. Bemerkenswert ist dabei, dass in dem ausdrücklich für eine protestantische Stadt deklarierten Kalender auch viele Heiligentage aufgenommen wurden, die nur noch in katholischen Gegenden von Bedeutung waren. Die Inschriften F nennen nicht nur besonders populäre Heilige wie Margaretha oder Laurentius, sondern auch eher ausgefallene Heilige wie Gallus Abbas oder Pantaleon. Eher zufällig scheint die Auswahl an Tätigkeiten (N), für die geeignete und ungeeignete Zeiten angegeben werden und die vom Haareschneiden bis zum Heiraten reichen.

Textkritischer Apparat

  1. Möglich wäre auch die Lesung Berhardi. Es ist unklar, welcher Heilige hier gemeint ist, da die einschlägigen Heiligenkalender unter dem 23. Februar keinen passenden Namen verzeichnen.
  2. Hinter Viti noch eine Haste die möglicherweise für etcetera steht und die Märtyrer Modestius und Crescentia meint. Viti ist in Rot ausgeführt und durchbricht damit die farbliche Markierung der ‚katholischen‘ und ‚evangelischen‘ Kirchenfeste.
  3. In Rot ausgeführt.
  4. Die Sonne hier symbolisiert durch einen Kreis mit einem Punkt darin.
  5. Geschweifte rote Klammern fassen die Feste und Tagesangaben zusammen.
  6. Die beiden letzten Buchstaben nicht sicher zu lesen, in Korrespondenz mit dem folgenden eo müsste hier eigentlich bißexto stehen.
  7. ‚Dienstboten einstellen‘.
  8. Durch geschweifte Klammern allen Buchstaben und deren Bedeutungen zugeordnet.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. Z.2012001.1.
  2. Im Mittelkreis oben unter der 1 beginnend die Buchstaben g e d c b g f e d b a g f d c b a f e d c a g f e c b a, im Innenkreis in jedem vierten Feld die Buchstaben f a c e g b d.
  3. Wander, Sprichwörter-Lexikon, Bd. 4, Sp. 1289, Nr. 55.
  4. Ovid, Fasti 6,771f.
  5. Bezeichnet das Fest Johannis ante portam Latinam am 6. Mai.
  6. Es ist nur jeder dritte Tag aufgeführt, z. B. zum Januar: 1 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30. An den Monatsübergängen ist dieses Prinzip manchmal nicht ganz konsequent durchgehalten.
  7. Als Merkverse offenbar verbreitet, s. Benjamin Hederich, Anleitung zu den vornehmsten historischen Wissenschaften, Teil 1, Berlin/Stettin 1782, S. 26.
  8. Am Tag nach Neumond beginnen die Angaben mit 48 Minuten und steigern sich jeweils um 48 Minuten bis zum Vollmond auf 12 Stunden, um sich anschließend entsprechend wieder zu verringern.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 859 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0085900.