Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 848(†?) Museum Lüneburg/Am Berge 13 1615

Beschreibung

Fachwerkwand mit geschnitzten Ständern und Riegeln aus der Durchfahrt des Hauses Am Berge 13. Krüger/Reinecke beschreiben die durch reiche Schnitzereien verzierte Wand in der Durchfahrt des Hauses Am Berge 13. Danach waren unter der Decke der Durchfahrt Knaggen mit Figuren angebracht, die vier Tugenden und den Apostel Paulus zeigten. Auf dem Türsturz unter einem Engelskopf zwischen Fruchtdekor zwei Wappenschilde mit den Initialen A und B darin, unten zwischen den Wappen die Jahreszahl C. Die seitlich oberhalb der Tür angebrachten Ständer waren ebenfalls mit geschnitzen Figuren von Tugenden verziert. Oben in der Wand befanden sich Riegel, die von links nach rechts die Inschriften D–I trugen, auf zwei Riegeln unten die Inschrift J. Weitere Riegel waren mit geschnitzten Fruchtarrangements, Engelsköpfen und Masken verziert. Der Riegel mit der Inschrift F befindet sich heute noch im Museum Lüneburg. Die erhaben geschnitzte Inschrift steht zweizeilig in einem vertieften Feld. Der Verbleib der anderen Fachwerkbestandteile ist ungeklärt, sie gehören möglicherweise zu den Kriegsverlusten des Museums.

Inschriften A–E und G–J nach Krüger.

Maße: Riegel mit Inschrift F: H.: 9,7 cm; B.: 41 cm; Bu.: 2,3–2,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/1]

  1. A

    H(INRIK) W(ARMERS)

  2. B

    P W

  3. C

    [16]15a)

  4. D

    MIN ANFANCK VND ENDESTEIT IN GOTDES HENDE

  5. E

    HEN GEIDT DE TEIDT HER KVM DE DODTDARVM DO RESHTb) VND FRVSHTEb) GODT

  6. F

    HELP · GODT · VTH · NOT /AF·GVNST · IS · GROT ·1)

  7. G

    BEHOT MICH IO DV FRVMER GOTFOR ARMOT HON VNDE SPODT

  8. H

    IDT HAT WEME IDT HATEIDT WERT DARVM NICHT GELATEN

  9. I

    OCH WAT IDT MENIGEN PINETDAT DE SVNNE IN DAT WATER SCSINETb)

  10. J

    WAT FRAGEST DU DARNA

Übersetzung:

Hin geht die Zeit, her kommt der Tod, darum tue recht und fürchte Gott. (E) Hilf, Gott, aus der Not, die Missgunst ist groß. (F) Es sei verhasst, wem es verhasst sei, es wird darum nicht gelassen. (H) Ach, was es manchen schmerzt, dass die Sonne in das Wasser scheint. (I) Was kümmerst du dich darum? (J)

Versmaß: Deutscher Reimvers (D–J).

Wappen:
Warmers2)PW3)

Kommentar

Die Sprüche in den Inschriften F–J, die sich mit einer Ausnahme nicht bei Wander nachweisen lassen, gehören trotzdem zum gängigen Repertoire der Hausinschriften und thematisieren das in Hausinschriften gerne angesprochene Thema von Neid und Missgunst der Mitmenschen. Ungewöhnlich ist die bei Krüger/Reinecke beschriebene Anbringung des großen Text-/Bildprogramms in der Durchfahrt eines Bürgerhauses. Ebenso ungewöhnlich ist der rein niederdeutsche Sprachstand der Inschriften, da man 1615 zumindest teilweise hochdeutsche Texte erwarten würde.

Bei dem Bauherrn handelt es sich um Hinrik Warmers, den Brandt seit 1604 im Besitz des Hauses Am Berge 13 verzeichnet. Er ist 1641 als verstorben erwähnt.4)

Textkritischer Apparat

  1. In der Zeichnung bei Krüger/Reinecke sind die beiden ersten Ziffern als zerstört angedeutet.
  2. Vermutlich handelte es sich hierbei um C, die in ihrer Ausführung an ein S erinnerten.

Anmerkungen

  1. Wander, Sprichwörter-Lexikon, Bd. 2, Sp. 58, Nr. 1381.
  2. Wappen Warmers (geteilt, oben Ast mit Zweig, unten ein Hobel? über einer Hausmarke H17).
  3. Wappen PW (zwei Hügel mit je einer Blume, darüber ein Stern?).
  4. Brandt, Personenkartei, Warmers Hinrik.

Nachweise

  1. Reinecke, Führer Holzarbeiten, Nr. 9, S. 33.
  2. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 389, Abb. 169 (nur A, B).
  3. Vollborn, Fachwerk, S. 85 u. 137 (A–I nach Reinecke).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 848(†?) (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0084803.