Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 777 Berlin, Kunstgewerbemuseum 1606

Beschreibung

Pokal, ‚Brandenburger Pokal‘.1) Silber, vergoldet. Der Buckelpokal gehört zum Ratssilber und wurde im Jahr 1874 an den preußischen Staat verkauft. Am Fuß ist auf der einen Seite der emaillierte kurbrandenburgische Wappenschild aufgesetzt, auf der anderen Seite das Allianzwappen des Stifterehepaars angebracht. An der Fußzarge die eingravierte Inschrift A, die auf die eingravierte Inschrift B auf einer Platte unter dem Fuß verweist. Die u in Inschrift B sind durch diakritische Zeichen in Form zweier Punkte gekennzeichnet. Nürnberger Beschauzeichen, ohne Meistermarke.

Maße: H.: 48 cm; Dm.: 18 cm; Bu.: 0,3 cm (A), 0,45 cm (B, Kapitalis), 0,3–0,2 cm (B, humanistische Minuskel).

Schriftart(en): Kapitalis (A), humanistische Minuskel mit Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. A

    · VIDE INFRA ·

  2. B

    ANNO 1586 MENSE / Iunio · / Cum illust(rissimus) et potentis(s)i(mus) princeps / D(ominus) Iohannes Georg elector Brande(n)b(urgensis) / p(er) aliquot Dies cum Filio D(omino) Ioachimo / Friderico in aedib(us) D(omini) Ludolphi a Dassel p(er)noc/tasset hunc Cÿatum in p(er)petuam sui memo/riam Dono dedit Quem Iterum D(ominus) Ludolph(us) / a Dassel Consul Lu(neburgensis) Claris(simo) Senatuj Lunaeb(urgensi) / inter alia orname(n)ta Senatus pone(n)da in / p(er)petua(m) suj memoria(m) dono d(e)d(i)t Ipse / D(ominus) Consul senatuj p(ost) lecta(m)a) ut d(icitu)r / Bursprache propria p(er)sona / obtulitb) 28 (Septem)bris A(nn)o 1606 ·

Übersetzung:

Siehe unten. (A) Im Jahr 1586 im Monat Juni, als der durchlauchtigste und überaus mächtige Fürst Herr Johann Georg, Kurfürst von Brandenburg, für einige Tage mit seinem Sohn, Herrn Joachim Friedrich, im Haus des Herrn Ludolph von Dassel übernachtet hatte, schenkte er (ihm) diesen Pokal zu seinem ewigen Andenken. Diesen wiederum schenkte Herr Ludolph von Dassel, Lüneburger Ratsherr, dem hochberühmten Lüneburger Rat zu seinem ewigen Andenken, damit er unter den übrigen Schmuckgeräten des Rats aufgestellt werde. Der Ratsherr selbst überreichte (ihn) dem Senat nach Abhaltung der sogenannten Bursprache in eigener Person am 28. September im Jahr 1606. (B)

Wappen:
Kurfürstentum Brandenburg2) Dassel3)/Dithmers4)

Kommentar

Die Inschrift B ist in einer humanistischen Minuskel mit kursivem Charakter ausgeführt, die weniger den klassischen Formen der epigraphischen humanistischen Minuskel entspricht.

Der in Nürnberg angefertigte Pokal, der 1586 ein Geschenk des Brandenburgischen Kurfürsten an seinen Gastgeber, den damaligen Ratsherrn und späteren Bürgermeister Ludolph von Dassel († 1609, vgl. Nr. 804) war, wurde von diesem im Jahr 1606 dem Rat für das Ratssilber übergeben. Zu diesem Zweck wurden die beiden Inschriften angebracht. Da der Pokal außen nicht genügend Fläche bot, um seine Geschichte zu erzählen, brachte man hier nur den kurzen Verweis an und setzte unter dem Fuß die neue Inschriftenplatte ein. 1606 wurde auch das Allianzwappen am Fuß angebracht, das auf den Stifter Ludolph von Dassel und seine Ehefrau Ilsabe Dithmers verweist.5) Bemerkenswert ist, dass Ludolph von Dassel in der Inschrift B ebenso wie in seiner Grabschrift (Nr. 804) nur als consul und nicht als proconsul bezeichnet ist, um seine Bürgermeisterwürde zu betonen.

Textkritischer Apparat

  1. perlecta Mithoff.
  2. obiit Mithoff.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 1874,388. Detaillierte Beschreibung bei Bursche, Ratssilber, Nr. 17, S. 126f.
  2. Wappen Kurfürstentum Brandenburg (Adler). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, S. 12 u. Tafel 12.
  3. Wappen Dassel (Balken, daraus nach oben zwei Efeublätter, nach unten ein Efeublatt hervorwachsend). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  4. Wappen Dithmers (gespalten, vorne eine halbe Lilie, hinten zwei Rosen übereinander). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  5. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Dassel II.

Nachweise

  1. Albers, Rathaus, S. 43.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 191 (B nach Albers).
  3. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 294f.
  4. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 17.
  5. Appuhn, Ratssilber, Nr. 30, S. 30.
  6. Bursche, Ratssilber, Nr. 17, S. 126f. mit Abb.
  7. Netzer, Ratssilber, Nr. 17, S. 82f. (A) mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 777 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0077700.