Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 754† St. Michaelis 1603, 1618

Beschreibung

Epitaph des Abts Konrad von Bothmer. Nach Gebhardi stand das mehrteilige Epitaph des Abts auf dem Altar Omnium Apostolorum und wurde 1792 beim Umbau der Kirche abgebrochen. Es war auf Veranlassung von Konrad von Bothmer schon zu dessen Lebzeiten ausgeführt worden (vgl. Kommentar). Die unten am Epitaph auf einer Tafel angebrachte Inschrift A war dementsprechend zunächst nur bis zur Hälfte in erhaben gehauenen Buchstaben ausgeführt, der zweite Teil der Inschrift wurde nach dem Tod des Abts nachgetragen, die Buchstaben des zweiten Teils waren laut Gebhardi nur gemalt. Darunter wurde inmitten von Ornament das Datum B ausgeführt. Vor dem Mittelteil war – wohl in Ganzfigur – der kniende Abt dargestellt, im Hintergrund eine Darstellung Christi als Überwinder des Todes. Oben über dem Mittelteil das Abtswappen, zu beiden Seiten um den Mittelteil herum eine wohl ursprünglich sechzehnteilige Ahnenprobe, die zur Zeit Gebhardis bereits in Teilen zerstört war. Links des Mittelteils eine Darstellung der Ehernen Schlange, rechts die Opferung Isaaks. Ursprünglich waren beide Szenen inschriftlich bezeichnet, es waren aber nur Reste der rechten Inschrift C erhalten, über beiden Szenen Kartuschen, auf der rechten noch die Inschrift D erkennbar. In der Zone darüber in der Mitte ein Relief der Auferstehung, links Jona, der vom Wal ausgespien wird, rechts Samson mit den Torflügeln von Gaza. Darüber ein Relief der Himmelfahrt und als oberer Abschluß ein Posaune spielender Engel.1)

Inschriften nach Gebhardi.

  1. A

    Reverendus et nobilissimus Dominus D(omi)n(us) Conradus a Bothmer Dominus de Domo et Abbas Monasterii ad S. Michaelem in Luneburga dignissimus natus Anno Christi MDXLVIII die Viti2) cum Abbatiae laudabiliter praefuisset annos <31a) ac menses pene duos pie in Christo obdormivit d(ie) 25 Aug(usti) Anno D(omi)ni MDCXVII Hujus anima ad Conditorem et Salvatorem suum delata laetam corporis sui quod sub lapide subiecto quiescit resurrectionem expectat>

  2. B

    <1618>

  3. C

    Isaak

  4. D

    Christus mihi vita3)

Übersetzung:

Der ehrwürdige und hochedle Herr, Herr Konrad von Bothmer, Herr vom Hause und sehr würdiger Abt des Klosters St. Michaelis in Lüneburg, geboren im Jahr Christi 1548 am Tag des Vitus, ist, nachdem er dem Kloster 31 Jahre und beinahe zwei Monate löblich vorgestanden hatte, fromm in Christus entschlafen am 25. Tag des August im Jahr des Herrn 1617. Seine Seele, die zu ihrem Schöpfer und Erlöser gebracht ist, erwartet die fröhliche Auferstehung ihres Körpers, der unter dem unten liegenden Stein ruht. (A) Christus ist mein Leben. (D)

Kommentar

Das Datum 1618 in der Inschrift B dürfte sich auf eine Überarbeitung des Epitaphs nach dem Tod des Abts und die Ergänzung der Inschrift A beziehen.

Konrad von Bothmer war der Sohn des Johann von Bothmer und der Elisabeth von Werder. Er trat im Jahr 1567 als Novize ins Michaeliskloster ein. Im Jahr 1570 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg,4) verbrachte nach dem Studium eine gewisse Zeit auf dem Gut seines Vaters und wurde 1577 als Konventuale ins Kloster aufgenommen. 1584 übernahm er das Amt des Ausreiters. Als nach dem Tod des Eberhard von Holle (vgl. Nr. 571) 1586 ein neuer Abt gewählt wurde, stimmte der Konvent zunächst für Johann von Harling, der jedoch aus Krankheitsgründen ablehnte, in einem zweiten Wahlgang für Konrad von Bothmer.5) Die Bewertung Weyhe-Eimkes zur Persönlichkeit des Abts fällt nicht sehr positiv aus, da er ihn als wenig entschieden und kaum an seinen Amtsgeschäften interessiert, aber zugleich undiplomatisch schildert.6)

Das Epitaph ließ Konrad von Bothmer zusammen mit seiner Grabplatte (Nr. 755) und einer steinernen Einfassung schon lange Zeit vor seinem Tod anfertigen. Bereits im Jahr 1599 ist im Abtsregister von St. Michaelis die Ausgabe von zwei Talern verzeichnet, für die ein namentlich nicht genannter Maler – vermutlich Daniel Frese – den Entwurf eines Epitaphs anfertigte, der möglicherweise dem 1603 von dem Bremer Bildhauer Johann Prange ausgeführten Epitaph als Vorlage diente.7) Daniel Frese reiste nach Ausweis des Abtsregisters von 1603 nach Bremen, um in der Werkstatt des Bildhauers die ikonographische Gestaltung des Epitaphs abzusprechen. Der Bildhauer Prange erhielt für das Epitaph die beträchtliche Summe von 600 Taler sowie ein Kleidungsstück im Wert von 20 Talern. Alle mit der Anfertigung der Grabdenkmäler in Verbindung stehenden Ausgaben sind im Abtsregister unter der Rubrik Ausgabe auf daß gebewte verzeichnet. Dass derart kostspielige Grabdenkmäler auf Kosten des Klosters finanziert wurden und nicht aus dem Privatvermögen des Abts, ist keineswegs selbstverständlich, was die von Gebhardi überlieferten Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster und der Familie von Holle um die Übernahme der Begräbniskosten nach dem Tod des Eberhard von Holle belegen (vgl. Nr. 571).

Textkritischer Apparat

  1. Ab hier war die Inschrift laut Gebhardi nur noch gemalt, es handelte sich um den nach dem Tod des Abts nachgetragenen Teil.

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Gebhardi, Collectanea, Bd. 14, p. 742–744. Als Höhe des Epitaphs gibt Gebhardi 14 bis 16 Fuß an, also ca. 450 cm. Die Wappen bei Gebhardi unvollständig, die meisten ohne Blasonierung, daher hier nicht berücksichtigt.
  2. 15. Juni.
  3. Phil. 1,21.
  4. Matrikel Wittenberg, Bd. 2, S. 171a,16. Das in seiner Leichenpredigt (HAB Wolfenbüttel, Alv. Nh 197) und bei Weyhe-Eimke, Äbte, S. 178 erwähnte Studium in Köln lässt sich anhand der Kölner Matrikel nicht nachweisen.
  5. Weyhe-Eimke, Äbte, S. 178f.
  6. Ebd., S. 180f.
  7. StA Lüneburg, St. Mich 5236. Mein herzlicher Dank gilt Dr. Hansjörg Rümelin (Hannover), der mich auf diese Einträge im Abtsregister aufmerksam gemacht hat und mir seine Exzerpte zur Verfügung gestellt hat. Der Bildhauer Johann Prange ist außer in Bremen u. a. auch beim Bau des Oldenburger Schlosses nachweisbar. Er starb vor 1618. Thieme/Becker/Vollmer, Künstlerlexikon, Bd. 27, S. 311.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 14, p. 743.
  2. Sagittarius, Historia Ex. Wolfenbüttel, fol. 135v (A).
  3. Pfeffinger, Historie, Bd. 2, S. 7f. (A).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 754† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0075402.