Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 722 Rathaus 2. H. 16. Jh.

Beschreibung

Kamin in der Sodmeister-Körkammer. Sandstein. Das Kamingesims, auf dem sich eine Kartusche mit der erhaben gehauenen Inschrift A zwischen den Wappen des Fürstentums und der Stadt Lüneburg befindet, wird von einer Karyatide und einer Herme getragen. Über dem Gesims ein hoher Aufbau, im unteren Teil zwischen Pilastern mit Fruchtgehängen und seitlichem Rollwerk ein Relief der Opferung Isaaks, aus den Wolken ein Schriftband mit der erhaben gehauenen Inschrift B, darüber ein Fries und die Bekrönung. In der Bekrönung in einer rundbogigen Nische im Relief der auferstehende Christus, oben im Bogen die zweizeilige, erhaben gehauene Inschrift C, darüber Gottvater in den Wolken.

Maße: H.: 426 cm; B.: 200 cm; Bu.: 3 cm (A, C), 2,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/4]

  1. A

    TOLLE · FILIVM · TVVM · VNIGENITVM · QVEM · DILLIGIS / ISAAC · ET · VADE · IN · TERRAM · VISIONIS · ATQ(VE) · IBI · / OFFERES · EVM · IN · HOLOCAVSTVM · SVPER · VNVM · / MONTIVM · QVEM · MONSTRAVERO · TIBI · GEN · 221)

  2. B

    NO(N) EXTE(N)DAS MANV(M) TVA(M) SVPER PVER(VM)2)

  3. C

    HIC EST FILIVS MEVS DILECTVS IN QVO MIHI / COMPLACITVM EST HVNC AVDITE · MAT · 17.3)

Übersetzung:

Nimm deinen einzigen Sohn, den du liebst, Isaak, und gehe in das Land der Erscheinung, und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir zeigen werde. (A) Du sollst deine Hand nicht über den Knaben ausstrecken. (B) Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören. (C)

Kommentar

Die Kapitalis der Inschrift A, die sich deutlich von den beiden anderen weniger auffälligen Kapitalisinschriften B und C unterscheidet, zeigt sehr charakteristische Merkmale. Auffallend ist besonders die Vorliebe des Bildhauers für eine weit im Bogen nach oben und unten ausgezogene Schräghaste des N und die zunächst waagerecht ansetzende und dann im rechten Winkel dazu abknickende und in einem weiten Bogen endende Cauda des R. Die Cauda des Q ist in den Buchstaben eingehängt und nach links und rechts unter die Zeile ausgezogen. Auffallend sind auch die M mit schrägen Hasten und bis zur Buchstabenmitte reichendem Mittelteil, deren obere Enden stumpf abgeschnitten sind. Viele Buchstabenenden tragen stark betonte Sporen oder keilförmige Verbreiterungen. Der Bildhauer ist nicht bekannt; die Inschriften belegen aber eindeutig, dass der Kamin nicht aus der Werkstatt des Albert von Soest stammt.

Anmerkungen

  1. Nach Gn. 22,2.
  2. Gn. 22,12.
  3. Nach Mt. 17,5.

Nachweise

  1. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 286, Abb. S. 285.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 722 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0072205.