Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 686 Berlin, Kunstgewerbemuseum 1600

Beschreibung

Pokal, ‚Jagdpokal‘.1) Silber, vergoldet. Der Pokal gehört zum Ratssilber und wurde im Jahr 1874 an den preußischen Staat verkauft. Auf dem reich verzierten Pokal zwischen Schweifwerkornamenten verschiedene Darstellungen von Blumen, Früchten, Vasen, Putten, Vögeln und Maskenköpfen, am unteren Wulst der Kuppa Medaillons mit Jagdszenen, am oberen Wulst Medaillons mit Personifikationen von Frühling (Blütenzweig), Sommer/Herbst (Korngarbe) und Winter (Feuer). Am Deckelknauf ein Relief mit der Darstellung von Venus und Adonis, darüber als Bekrönung ein Soldat als Schildhalter der Stifterwappen. Auf dem Fuß ist die Inschrift in die glatte mittlere Zone in Doppelkontur einpunziert, die Worttrenner in Form von Rosetten. Auf dem Rand des Fußes das Lüneburger Beschauzeichen und eine Meistermarke.2)

Maße: H.: 64 cm; Dm.: 20,8 cm; Bu.: 0,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/1]

  1. · H(ERR) · IVRGEN BORCHOLT · 1600 ·

Wappen:
Borcholt3)Stöterogge4)

Kommentar

Der Goldschmied des Pokals Tönnies Dierssen lernte bei dem Lüneburger Goldschmied Hans Meyger, wurde 1557 als Meister in das Goldschmiedeamt aufgenommen und starb 1590.5) Der Pokal wurde folglich erst später mit der Inschrift versehen, worauf auch die Ausführungstechnik verweist. Vermutlich befand er sich schon länger im Besitz des Lüneburger Bürgermeisters Jurgen Borcholt und wurde von diesem testamentarisch dem Rat vermacht. Dementsprechend nennt die Inschrift das Todesjahr des am 2. April 1600 verstorbenen Bürgermeisters. Der Sohn des Ratsherrn Statius Borcholt wurde im Jahr 1560 in den Rat gewählt und 1578 zum Bürgermeister. Dem regierenden Rat gehörte er letztmalig im Jahr 1583 an.6) Verheiratet war er mit Margaretha Stöterogge, der Tochter des Nikolaus Stöterogge (vgl. Nr. 378), die bereits am 4. April 1571 verstarb.7) Nach Lossius verstarben in derselben Woche auch drei ihrer Kinder.8)

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 1874,382.
  2. Meistermarke (Hase) des Tonnies Dierssen vgl. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 16. Vgl. a. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 2, S. 907, Meistermarke Nr. 1729 (Rosenberg, Merkzeichen, Bd. 2, Nr. 3281).
  3. Wappen Borcholt (gefleckte Lilie). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  4. Wappen Stöterogge (gestümmelter eingerollter Zweig mit Kleeblättern). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  5. Schröder, Ratssilber, Meister, [S. 21f.].
  6. Stahl, Ratslinie, Nr. 298, S. 182.
  7. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Borcholte.
  8. Lossius, Epitaphia Principum, S. 60.

Nachweise

  1. Albers, Rathaus, S. 44.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 191 (nach Albers).
  3. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 295.
  4. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 16.
  5. Appuhn, Ratssilber, Nr. 27, S. 27.
  6. Bursche, Ratssilber, Nr. 30, S. 161–163 mit Abb.
  7. Netzer, Ratssilber, Nr. 30, S. 116f. mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 686 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0068603.