Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 611† St. Johannis 1592

Beschreibung

Epitaph(?) des Nikolaus Stuver und seiner zweiten Ehefrau Catharina Töbing. Nach Rikemann befand sich das Grabdenkmal nahe dem Eingang, durch den die Schüler die Kirche betraten. Oben standen untereinander die Inschriften A und B, in der Mitte die Inschriften C und D. Darunter waren in zwei Spalten die Vornamen der Inschrift E angeordnet, der Nachname mittig darunter. Sie umgaben vermutlich eine Kartusche – bei Rikemann in der runde int Mitten – mit den Inschriften F, bei denen es sich um Wappenbeischriften gehandelt haben könnte. Sagittarius spricht zwar davon, dass die Inschriften auf einem lapis sepulchralis standen, die Menge der Texte macht es aber wahrscheinlicher, dass es sich um ein Epitaph handelte.

Inschriften nach Rikemann.1)

  1. A

    Qui tibi pulvereis producit spicea glebisSemina quo vitae sint alimenta tuaeIs tibi vitales fragilis quoque corporis artusReddet ut aethereo sit tibi vita polo

  2. B

    Vita mihi Christus Mors est mihi fertile lucrum2)Et dum funus ago nobile foenus agoNam luctus lachrÿmae cessant cruce plangor et angorAc mihi sunt superi gaudia parta poli

  3. C

    D(omi)no Nicolao Stuvero senatori Lunaeburgiaco viro fide in Deum et religionem devoto eruditione et prudentia polito multarum rerum usu conspicuo in officÿ partibus industrio Erga egenos munifico nulli malo omnibus aequo pie in Domino denato A(nno) C(hristi) 1567 22 Januarÿ

  4. D

    Nec non Catharinae Tobingiae D(omi)ni Leonhardi Consulis P(iae) M(emoriae) filiae uxori ipsius matronae lectissimae pietate prudentiaa) vitae integritate et generis splendore insigni mariti oculo nepotum amanti pauperum matri et Typo fidelium Placide in Domino defuncta A(nno) C(hristi) 1592 22 Septembr(is)b) Parentibus dulcissimis posuere haeredes

  5. E

    Clara Elisabeth Rickel Hartwich Catharina Gertrudt Stuvers

  6. F

    H(err) Claws Stuver Rathmann Catharina TobingsMargareta Tobings

Übersetzung:

Der für dich aus der staubigen Erde die Keime der Ähren hervorbringt, damit sie dein Lebensmittel sind, dieser wird auch die Glieder deines vergänglichen Körpers wieder lebendig machen, damit dir ein Leben im Himmelsgewölbe beschieden ist. (A) Christus ist mir das Leben, der Tod ist mir ein reicher Gewinn, und während ich mein Begräbnis begehe, treibe ich beträchtlichen Zins ein, denn Trauer, Tränen und Angst lassen durch das Kreuz nach, und ich habe mir die Freuden des hohen Himmels erworben. (B) Dem Herrn Nikolaus Stuver, Ratsherrn in Lüneburg, einem Mann, der in Treue Gott und dem Glauben ergeben war, der geschliffen an Bildung und Klugheit war, bekannt durch Erfahrung in vielen Dingen, in Hinsicht auf seine Ämter fleißig, gegenüber den Bedürftigen großzügig, keinem übelwollend, allen wohlgesonnen, der fromm im Herrn verstarb im Jahr Christi 1567 am 22. Januar, ... . (C) ... und auch der Catharina Töbing, Tochter des Herrn Bürgermeisters Leonhard Töbing frommen Angedenkens, seiner Ehefrau, einer höchst vortrefflichen Dame, die durch Frömmigkeit, Klugheit, die Untadeligkeit ihres Lebenswandels und den Glanz ihres Geschlechts ausgezeichnet war, die unter den liebenden Augen des Ehemanns und der Nachfahren den Armen eine Mutter und ein Vorbild der Gläubigen war, die sanft im Herrn verstarb im Jahr Christi 1592 am 22. September. Den allerliebsten Eltern haben die Erben (dies) errichtet. (D)

Versmaß: Elegische Distichen (A, B).

Kommentar

Nikolaus Stuver ist nach Büttner seit 1523 als Sülfmeister und seit 1536 als Barmeister nachweisbar.3) Im Jahr 1540 wurde er in den Rat gewählt, dem regierenden Rat gehörte er letztmalig im Jahr 1563 an.4) Verheiratet war er in erster Ehe mit Margaretha Töbing, in zweiter Ehe mit Catharina Töbing, der Tochter des Bürgermeisters Leonhard Töbing (Nr. 332). Die Inschrift E nennt alle Kinder, die aus der zweiten Ehe stammten.5) Obwohl ihr Vater bereits 1567 starb, ließen die Kinder das Grabdenkmal erst nach dem Tod der Mutter 1592 setzen.

Im Jahr 1587 wurde eine Erringe zwischen der Witwe Catharina und den Kirchgeschworenen von St. Johannis um das Stuversche Begräbnis in der Kirche geklärt. Der Familie Stuver wurde gegen Zahlung von 82 Mark 8 Schilling ein Begräbnisplatz in der Kirche zwischen der Springintgut-Kapelle und der Kaufleute-Kapelle nördlich des Chors überlassen, wo ein inzwischen entfernter Grabstein – wohl der des Nikolaus Stuver – wieder hingelegt werden sollte. Für die Setzung weiterer Grabsteine an diesem Platz sollte die Familie Stuver jeweils 10 Mark bezahlen; außerdem wurde der Witwe gestattet, ein Familienwappen an dem Pfeiler bei dem Begräbnisplatz anzubringen.6)

Textkritischer Apparat

  1. pudicitia Büttner.
  2. 25. Decembris Büttner.

Anmerkungen

  1. Für Nikolaus Stuver sind auch zwei von Lucas Lossius verfasste literarische Versgrabschriften überliefert, vgl. Anhang 2.
  2. Nach Phil. 1,21. Vgl. Walther, Proverbia sententiaeque, Nr. 33854e.
  3. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Stüwer.
  4. Stahl, Ratslinie, Nr. 277, S. 179.
  5. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Stüwer.
  6. SKA Lüneburg, Kirchenrechnung St. Johannis I,3, fol. 364r.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 39v/40r.
  2. Sagittarius, Historia, p. 380 (A–D).
  3. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Stüwer (A–D).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 611† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0061104.