Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 607† St. Johannnis, Friedhof 1591

Beschreibung

Grabplatte des Georg Töbing und seiner Ehefrau Anna Semmelbecker. Die Grabplatte lag nach Rikemann neben der Grabplatte für Georgs Bruder Johann Töbing (Nr. 523) ahn den isernen Trallien (= Gittern) wohl auf der Südseite der Kirche. Vermutlich waren die beiden nebeneinanderliegenden Grabplatten in der Gestaltung aufeinander abgestimmt. Die Inschrift B und die laut Rikemann in 4 circulis rotundis ausgeführten Inschriften E–G waren wohl als Umschriften von Medaillons mit Allianzwappen ausgeführt (vgl. a. Nr. 951), die Inschrift B lokalisiert Rikemann mitten auf dem Stein, möglicherweise ebenfalls als Beischrift eines Allianzwappens.

Inschriften nach Rikemann.1)

  1. A

    Vir praestans consulque huius clarissimus urbisGeorgius quiescit hic TobingiusQui lucem hanc placide Laurentÿ2) luce reliquitAnno prius quem denotavit Distichona)

  2. B

    H(err) Jurgen Tobing Borgermeister / Anna Semmelbeckers uxor

  3. C

    Ad latus huic coniunx pia Semmelbecceris Annalocata Christum expectat orbis iudicemQuae post fata viri ter denos casta per annosAmore prolis mansit in viduo toro

  4. D

    Hanns Tobing / Elisabeth Lange uxor

  5. E

    H(err) Jakob Schomaker / Gessche Erpensen uxor

  6. F

    H(err) Albert Semmelbecker / Anna Garlop uxor

  7. G

    H(err) Hartwich Stoterogge / Margreta Staketo uxor

Übersetzung:

Der vortreffliche Mann und hochberühmte Ratsherr dieser Stadt, Georg Töbing, ruht hier, der diese Welt am Laurentiustag friedlich verlassen hat in dem Jahr, das das vorherige Distichon bezeichnete. (A) Diesem zur Seite gelegt erwartet seine fromme Ehefrau Anna Semmelbecker Christus als Weltenrichter, die nach dem Tod ihres Mannes keusch dreißig Jahre lang aus Liebe zu ihren Kindern im Witwenstand verblieb. (C)

Versmaß: Hexameter und jambische Trimeter (A, C), die Zahlbuchstaben des Chronodistichons der beiden ersten Verse der Inschrift A ergeben die Jahreszahl 1561.

Kommentar

Die ausführliche Behandlung des Witwenstandes der Anna Semmelbecker in der Inschrift C macht es wahrscheinlich, dass die Grabplatte erst nach deren Tod 1591 gesetzt wurde. Die Wappenbeischriften beziehen sich auf die Großeltern väter- und mütterlicherseits des Georg Töbing (D, E), sowie auf die Großeltern väter- und mütterlicherseits der Anna Semmelbecker (F, G).3)

Georg III. Töbing wurde 1521 als Sohn des Bürgermeisters Leonhard Töbing und seiner zweiten Ehefrau Gesche Schomaker geboren. Seit 1544 ist er als Sülfmeister nachweisbar, seit 1540 als Barmeister.4) Im Jahr 1550 wurde er in den Rat gewählt, 1553 zum Bürgermeister, dem regierenden Rat gehörte er letztmalig im Jahr seines Todes 1561 an.5)

Textkritischer Apparat

  1. Von Rikemann mit dem Vermerk versehen Hoc est A(nno) C(hristi) 1561. Bei Rikemann sind die Zahlbuchstaben nicht hervorgehoben: VIr praestans ConsVLqVe hVIVs CLarIssIMVs VrbIs / GeorgIVs qVIesCIt hIC TobIngIVs.

Anmerkungen

  1. Für Georg Töbing ist auch eine von Lucas Lossius verfasste literarische Versgrabschrift überliefert, vgl. Anhang 2.
  2. 10. August.
  3. Vgl. die entsprechenden Stammtafeln bei Büttner, Genealogiae.
  4. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Töbing IV.
  5. Stahl, Ratslinie, Nr. 288, S. 180.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 13r/v.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 607† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0060705.