Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 583† St. Nicolai 1587

Beschreibung

Gedenktafel. Die Tafel befand sich laut Rikemann vor dem Bürgermeisterstuhl, nach Gebhardi an der Lohen Capelle. Auf der von der ‚Getreuen Bruderschaft‘ errichteten Tafel stand laut Gebhardi neben den Inschriften auch das Wappen der Bruderschaft. Nach Sagittarius war auf der Tafel auch die Erweckung des Jünglings von Nain (Lk. 7,11–16) dargestellt.1)

Inschriften nach Rikemann.

  1. A

    A(nno) D(omini) 1565 15 Augusti hat ein Erbar hochwiser Radt alhie Der Zeidt einer großen Peste auff underdenigst ansuchent Etzlicher Burger eine getrewe bruderschaff zu halten gunstichlich erlaubt

  2. B

    Obgemelte Bruderschaff mit zu thun selign Jorgen Beyfinges haben alhie ein licht von zweÿ (Pfund) wachs iarlichs zu halten vorordent Anno Domini 1580

  3. C

    A(nno) 1587 hat mergedachte getrewe bruderschaff kegenwerdie taffel und luchter machen laßen

  4. D

    Quod necis imperio subiecti vivimus omnesEt rigidae morti debita turba sumusHoc crudele malum nobis invexit AdamusCum vetitos avido carpereta) ore cibosAt tu de putrido revocas nos Christe sepulcroAeternaque facis prosperitate frui

  5. E

    Der todt verschlingt die menschen allDas macht des ersten menschen fallAllein herr Christ Du bist der mannDer von dem todt erretten kannUnd deinen lieben Christen gebenDie selicheit und ewigs leben

Übersetzung:

Dass wir alle der Herrschaft des Todes unterworfen leben und dass wir die schuldige Schar des unbeugsamen Todes sind, dieses schreckliche Übel hat uns Adam eingebracht, als er die verbotenen Speisen mit gierigem Mund genoss. Aber du, Christus, rufst uns aus dem morschen Grab und bewirkst, dass wir das ewige Glück genießen. (D)

Versmaß: Elegische Distichen (D), deutscher Reimvers (E).

Wappen:
Getreue Bruderschaft2)

Kommentar

Die nach Aussage der Inschrift A im Jahr 1565 gegründete ‚Getreue Bruderschaft‘, nach Sagittarius (vgl. Anm. 1) die Begräbnisbruderschaft der Kaufleute, ging der Inschrift zufolge ebenso auf die damals grassierende Pest zurück wie die Errichtung des Hospitals vor dem Bardowicker Tor (vgl. a. Nr. 430). Archivalien, die die Gründung der Bruderschaft belegen, ließen sich nicht finden; auch der in der Inschrift B genannte Jorgen Beyfinges(?) ließ sich nicht nachweisen. Aus dem Besitz der Bruderschaft sind auch zwei mit deren Wappen versehene Truhen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts überliefert (Nr. 875 u. 906). Die als Begräbnisbruderschaft gegründete Getreue Bruderschaft entwickelte sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu einer Organisation, in der sich die nicht den Sülfmeisterfamilien angehörenden Lüneburger Bürger zusammenfanden.3) Da Sagittarius nahezu als Zeitgenosse betrachtet werden kann, ist seiner Angabe, es handle sich um eine Bruderschaft der Kaufleute, durchaus Gewicht beizumessen, auch wenn Droste betont, dass der Personenkreis dieser Bruderschaft nicht auszumachen ist und sie ganz sicher keine Vertretung einer Berufsgruppe gewesen sei. Auch Droste stellt aber fest, dass es zwar eine strikte Abgrenzung zu den Sülfmeistern, nicht jedoch zu den Brauern und Kaufleuten gab.

Textkritischer Apparat

  1. caperit Gebhardi.

Anmerkungen

  1. Sagittarius, Historia, p. 392: Anno MDLXV Mercatores Luneburgenses in certam societatem coierunt, tum in alios usus, tum eum praecipue in finem instituta, ut si quis exillis de vita decederet, reliqui honestam eius procurarent sepulturam ac sequentes comitarentur funus. Id quod ab illo aevo in hanc aetatem sancte observari solitum in huius instituti memoriam tabula in aede S. Nicolai reposita, quae historiam adolescentis in Nain a Christo Salvatore in vitam revocati repraesentat, cui sequens epigramma adscriptum est ... . Es folgt Inschrift D.
  2. Wappen Getreue Bruderschaft (Faszienbündel), über dem Schild ein Totenkopf als Symbol für die Begräbnisbruderschaft.
  3. Droste, Schreiben, S. 320f.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 55r/v.
  2. Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 204f.
  3. Sagittarius, Historia, p. 392 (D).
  4. Rümelin, St. Nicolai, S. 903f. (PDF CD) (nach Gebhardi).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 583† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0058303.