Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 498 Rathaus um 1575

Beschreibung

Gemälde, Pax darstellend, die die Laster im Zaum hält. Öl auf Leinwand. Das Gemälde hängt in der Großen Ratsstube rechts an der Ostwand. Es zeigt die auf einem Sockel thronende weibliche Gestalt der Pax, die vier als Frauenfiguren dargestellte Laster unten vor dem Sockel an Ketten hält. Alle fünf Frauenfiguren sind durch Tituli gekennzeichnet, der Titulus A der Pax auf ihrem Gürtel, die anderen Tituli unterhalb der Frauenfiguren (D, F, H, J). Jeder der Figuren ist außerdem eine Inschrift zugewiesen, die der Pax (B) oben rechts im Bild, die der Laster unterhalb der Überschrift C auf vier Seiten des Sockels (E, G, I, K). Auf dem Kopf der Pax eine Friedenstaube. Oben in der linken Bildecke Christus in den Wolken mit einer Tafel, darauf die Inschrift L, in der rechten oberen Bildecke ein Engel mit einem Schriftband und der Inschrift M. Unten rechts im Gemälde die Inschrift N, über die ganze Breite des Bildes verläuft unterhalb der Darstellung die Inschrift O in Gold auf schwarzem Grund.

Maße: H.: 166 cm; B.: 163 cm; Bu.: 1,5–3 cm (A–M), 1,5 cm (N), 3 cm (O).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, D–L, N), teilweise mit Versalien, Fraktur (C, M, O).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. A

    PAX

  2. B

    SEID FRIEDSAM SO WIRD GOTT DER LIEBE / VND DES FRIEDES MIT EVCH SEIN / 2 ROM.a) 13.1)

  3. C

    bei dem godtlossen ist kein friet. esai. 482)

  4. D

    SVPERBIA.

  5. E

    ICH MAG DES / NICHT DER STO=/LTZ GEBERDT / VND HOGEN / MVHT HAT. / PSAL. / CI.3)

  6. F

    IRA.

  7. G

    VERFLVCHT SEI / IRE ZORN DAS / ER SO HEFTICH / IS. GENESI. 49.4)

  8. H

    INVIDIA.

  9. I

    ICH WIL MIT / DEM GIFTIG=/EN NEIDT / NICHTES / ZV DVNE / HABEN. / SAPIEN. / 65)

  10. J

    AVARITIA.

  11. K

    SO THVN ALLE / GEITZIGEN DAS EIN=/ER DEM ANDERM DAS / LEBEN NIMPT. SPRV(CH) SALO. 1.6)

  12. L

    SELIG SIND DIE / FRIEDFERTIGEN / DEN SIE WERDEN / GOTTES KINDER / HEISSEN. MAT. V7)

  13. M

    Ehre seÿ Gott in der hohe vn(d) friede auff erde(n) vn(d) den menschen ein Wohl(gefallen)8)

  14. N

    DA(NIEL) FR(ESE) / INVENTOR

  15. O

    Es wird meiner Seelen lang zu wonen Beÿ denen die Frieden hassen. Jch halte Friede / Aber wenn ich rede, so fahen sie Krieg an. psal: CXX.9) Vmb meiner Bruder vnd Freunde wille(n) / Wil ich dir Frieden wundschen. psal. CXXII.10) Die zum Friede rahten werden sichs frewen Spr(uch) Salo: 1211)

Übersetzung:

Frieden. Hochmut. Zorn. Neid. Habgier. (A, D, F, H, J).

Daniel Frese, der Urheber. (N)

Kommentar

Zu dem Maler Daniel Frese vgl. Nr. 436 u. 466, allgemein zu den Gemälden in der Großen Ratsstube sowie zu ihren Schriftformen vgl. Nr. 494. Da Frese sich hier nur als INVENTOR bezeichnet (N), ist es nicht auszuschließen, dass das Gemälde durch einen Gesellen ausgeführt wurde.

Haupt weist als Vorlage dieses Gemäldes einen undatierten Kupferstich des Luca Penni nach, der anstelle der Pax die Tugend Justitia zeigt, die die Laster an Ketten hält.12) Zur Bedeutung der Pax in der Lüneburger Ikonographie vgl. Einleitung, Kap. 3.3.7.1. u. Nr. 494. Hier ist Pax im Gegensatz zu den anderen Lüneburger Darstellungen nicht als schlafend oder ruhend dargestellt, sondern als über die Laster triumphierende Macht. Die allegorischen Darstellungen des Friedens und der Laster, die durch lateinische Tituli gekennzeichnet sind, werden dem Betrachter in dem Gemälde durch thematisch passende Bibelzitate in deutscher Sprache erklärt, die Laster werden durch die ihnen beigegebenen Texte verurteilt und auf die Seite der Gottlosen gestellt, die keinen Frieden kennen, während die Friedfertigen seliggepriesen werden.

Textkritischer Apparat

  1. Vermutlich falsch restauriert und ursprünglich KOR.

Anmerkungen

  1. 2. Ko. 13,11.
  2. Nach Jes. 48,22.
  3. Ps. 101,5.
  4. 1. Mo. 49,7.
  5. Wsh. 6,25.
  6. Spr. 1,19.
  7. Mt. 5,9. Die Seligpreisung war der Figur der Pax auch in einer Inschrift der Rathausfassade zugeordnet. Vgl. Nr. 775.
  8. Lk. 2,14.
  9. Ps. 120,6f.
  10. Ps. 122,8.
  11. Spr. 12,20.
  12. Haupt, Ratsstube, S. 174f.

Nachweise

  1. Albers, Rathaus, S. 34.
  2. Tipton, Res publica, S. 357.
  3. Haupt, Ratsstube, S. 172–174 mit Abb.
  4. Uppenkamp, Ikonographie, S. 311 mit Abb. 69, S. 310.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 498 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0049800.