Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 473 Rathaus 1573

Beschreibung

Wandverkleidung der Fensterfront in der Großen Ratsstube. Ölgemälde auf Leinwand. In den hochrechteckigen Bildfeldern zwischen den Fenstern in Ganzfigur Moses mit den Gesetzestafeln, König David mit der Harfe, Petrus mit Schlüssel und Paulus mit Schwert. Darunter von Roll- und Beschlagwerk gerahmte gemalte Tafeln mit den Inschriften A–D, die den entsprechenden Bibelbüchern entnommen sind. In den Bögen über den Fenstern setzt sich die Inschrift E fort, in den Bogenzwickeln Putten zwischen betont perspektivisch gemaltem, stark farbigem Roll- und Beschlagwerk sowie Fruchtdekor.

Maße: Bu.: 5 cm (A–D), 8 cm (E).

Schriftart(en): Fraktur.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/8]

  1. A

    Richter vnd Amptleute soltu dir / setzen in allen deinen Thoren / die dir der HERR dein Gott / geben wird · Deuteron: XVII · 1)

  2. B

    Gott stehet in der gemeine Gottes vnd / ist Richter vnder den Gottern.2) / Ich hab wol gesagt Ir seid Gotter vn(de) al/tzumal kinder des Hohesten3) · psa · 82 · Jo · 10 ·

  3. C

    Seid vntertan aller Men:/schlicher ordnung vmb des / HERRN willen. / Petrus. I · II · Cap:4)

  4. D

    Jederman seÿ vnterthan der / oberkeit, die gewalt vber in hat / Denn es ist keine Oberkeit, / on von Gott. Romer . 13 .5)

  5. E

    Ich Weisheit wone bey der Witze vnd ich weis guten Rat zu geben. // Die furcht des HERN hasset das arge die hoffart den hohmut vnd bosen weg. vnd // bin feind dem verkereten Munde. Mein ist beide Rat vnd That ich habe verstand vn(de) macht. // Durch mich regir(n) die Konige vn(de) die Ratherrn setzen das Recht. Pro: 8.6)

Kommentar

Die Inschriften sind in einer hohen schlanken Fraktur mit aufwendig durch Schleifen und Rankenornament verzierten breiten Frakturversalien ausgeführt.

Die Inschriften, die den Darstellungen ihrer biblischen ‚Autoren‘ als Zitate beigegeben sind, beziehen sich alle auf das Thema eines gottgefälligen guten Regiments und auf die von Gott eingesetzte Obrigkeit, der der Untertan Folge zu leisten hat.

Zu dem Maler Daniel Frese vgl. Nr. 436 u. 466. Mit der Bemalung der Fensterfront begann Frese seine Tätigkeit in der Großen Ratsstube, für die er zusammen mit seinen Gesellen in den folgenden Jahren den aus neun großen Gemälden bestehenden Bilderzyklus erstellte.7) Gleichzeitig begann er auch die Erneuerung der mittelalterlichen Fürstenbildnisse im Fürstensaal (Nr. 474). Den Kämmereirechnungen zufolge schaffte der Rat 1573 20 Ellen Leinwand an, worauf die Gemälde zwischen den Pfeilern der Fensterfront ausgeführt werden sollten.8) Ebenfalls 1573 erhielt Daniel Frese eine Vorauszahlung von 130 Mark für Ettzlike gemelte vnd Tuecher szoe vp dier nyenn raett stuebenn staenn scollenn to malende vnd to voerfertigennde.9)

Anmerkungen

  1. Sehr freie Paraphrase zu 2. Mo. 18.
  2. Ps. 82,1.
  3. Ps. 82,6. Ich hab wol gesagt Ir seid Gotter auch Joh. 10,34.
  4. 1. Pt. 2,13.
  5. Rö. 13,1.
  6. Spr. 8,12–15.
  7. Nr. 494, 495, 496, 497, 498, 502, 518, 519, 520.
  8. StA Lüneburg, AB 56/5, fol. 271v: v (mark) 10 ß voer twientich Ellenn groeff vngebleckett Lennewaentt / to denn gemelte szoe vp die nie Raett stueben / ahenn de pieller / twiskenn die fiensterre kaemmen werdenn.
  9. Ebd., fol. 273r.

Nachweise

  1. Albers, Rathaus, S. 33 (A–D).
  2. Tipton, Res publica, S. 359.
  3. Haupt, Große Ratsstube, S. 133–135 mit Abb.
  4. Uppenkamp, Ikonographie, S. 324f. mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 473 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0047300.