Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 458 Berlin, Kunstgewerbemuseum um 1570

Beschreibung

Pokal, ‚Kurfürstenpokal‘.1) Silber, vergoldet. Der Pokal gehört zum Ratssilber und wurde im Jahr 1874 an den preußischen Staat verkauft. Es handelt sich um ein besonders anspruchsvoll gestaltetes Stück mit aufwendigem figürlichen und ornamentalen Schmuck. Am Fuß in Medaillons Reliefdarstellungen zu Themen der römischen Geschichte: unten Romulus und Remus, die Erbauung Roms, die Ermordung des Remus; darüber Mucius Scaevola, Marcus Curtius und Horatius Cocles. In den Fuß über der Darstellung von Romulus und Remus lose eingehängt ein von Greifen gehaltenes Allianzwappen mit einem gewundenen Schriftband darunter, der linke Greif fehlt, die Buchstaben eingraviert und schwarz hervorgehoben. Unter dem Fuß eine Reliefplatte, in der Mitte ein von drei Putten umgebenes Medaillon mit der Darstellung Rebeccas und Eliesers. Am unteren Teil der Kuppa ein Drachenkampf, die Flucht der Cloelia aus dem Lager der Etrusker, Marcus Valerius Corvus ersticht den gallischen Riesen; darüber auf dem oberen Wulst ein thronender Herrscher, dem eine Schatzkiste dargeboten wird (bisher als Alexander mit Homers Werken interpretiert), Catos Selbstmord, ein Gastmahl. An der Wandung der Kuppa in vierzehn Bogennischen abwechselnd die vollplastischen Figuren von sieben Kurfürsten und Reliefs der Karyatiden als Schildhalter mit den kaum noch erhaltenen Wappenmotiven der Kurfürsten als Hinterglasmalerei in Medaillons. Auf dem Deckel in weiteren Reliefs Darstellungen zu den Themen Gericht, Gesetzgebung und Triumphzug eines Königs, als bekrönende Figur ein römischer Soldat mit Lanze, im Innern des Deckels eine Reliefplatte mit der Darstellung der Susanna im Bade in einem Medaillon in der Mitte, das von drei Putten umgeben ist. Unten auf dem Rand das Lüneburger Beschauzeichen und eine Meistermarke.2)

Maße: H.: 59 cm; Dm.: 21,7 cm; Bu.: 0,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/1]

  1. H(ERR)· FRANS · WITZEN(DORP)a) VRSVLA GARLOB VXOR

Wappen:
Witzendorff3)/Garlop4)

Kommentar

Hinrick Folman, der als Goldschmied des Pokals in Betracht kommt, ging bei Jochim Gripeswoldt (vgl. Nr. 313) in die Lehre und wurde dessen Schwiegersohn. Er wurde 1568 als Meister in das Goldschmiedeamt aufgenommen und starb 1623.5) Zu dem Stifter des Pokals, dem 1574 verstorbenen Bürgermeister Franz Witzendorff vgl. Nr. 503. Rikemann bezeichnet seine Ehefrau Ursula Garlop, die nach seinen Angaben 1573 starb, als woldedige matrone.6)

Textkritischer Apparat

  1. N retrograd.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 1874,379.
  2. Meistermarke in Form eines Kopfes im Profil, von Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 15, mit Vorbehalt dem Lüneburger Goldschmied Hinrick Folman zugeordnet. Rosenberg, Merkzeichen, Bd. 2, Nr. 3273 u. Scheffler, Goldschmiede, S. 909, Meistermarke Nr. 1731.
  3. Wappen Witzendorff (zwei gekreuzte Rechen). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  4. Wappen Garlop (Hundekopf mit einer Schelle am Halsband). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  5. StA Lüneburg, AB 2 (Donat), p. 128. Schröder, Ratssilber, Meister, [S. 23].
  6. Rikemann, Luneburgensia, fol. 54v.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 194.
  2. Albers, Rathaus, S. 46.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 190 (nach Albers).
  4. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 295.
  5. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 15.
  6. Appuhn, Ratssilber, Nr. 28, S. 29.
  7. Bursche, Ratssilber, Nr. 29, S. 157–160 mit Abb.
  8. Netzer, Ratssilber, Nr. 29, S. 112–114 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 458 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0045806.