Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 441 Rathaus um 1567?

Beschreibung

Portal. Eichenholz. Die Tür zu einem Nebenraum in der Südostecke der Großen Ratsstube wird von zwei Pilastern mit geschnitzten Hermen sowie weiterem Ornament gerahmt, auf den Sockeln zwischen Fruchtbündeln schräge Rollwerktafeln, darauf in vertieften Innenfeldern links die Inschrift A, rechts die Inschrift B. Die Buchstaben sind eingeschnitzt.

Maße: Bu.: 1–1,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/2]

  1. A

    BEATVS . VIR . / QVI . TIMET . DOMI/NVM . PSALM . 112 .1)

  2. B

    NISI . DOMINVS . / AEDIFICAVERIT / DOMV(M) . PSAL(M) 1272)

Übersetzung:

Selig der Mann, der Gott fürchtet. (A) Wenn der Herr nicht das Haus baut. (B)

Kommentar

Behncke schreibt dieses – unsignierte – Portal Albert von Soest zu und nimmt eine Entstehung etwa gleichzeitig mit dem auf 1582 datierten Portal zur Laube hin an (Nr. 543).3) Für die Zuschreibung spricht die Buchstabengestaltung. Zwar handelt es sich hier – anders als bei den großen, mit erhabenen Kapitalisinschriften versehenen Portalen Nr. 447, 505, 534 und 543 – um eine eingeschnitzte Kapitalis, diese zeigt aber besonders durch die charakteristischen V mit senkrechter linker Haste und durch die Rechtsneigung der Buchstaben große Ähnlichkeit mit der Kapitalis des von Albert von Soest signierten Gestühls der Ratsstube Nr. 435. Auch hier sind die Buchstaben I, N und T mit Nodi versehen, die I tragen i-Punkte. Während sich die im Vergleich mit den anderen Portalen der Ratsstube schlichtere Gestaltung und geringere Größe aus der geringeren Bedeutung der Tür erklärt, könnte die abweichende Buchstabengestaltung der Inschriften, die mit der Buchstabengestaltung des Gestühls von 1567 übereinstimmt, als Indiz dafür gewertet werden, dass dieses nicht durch Einträge in den Kämmereirechnungen zu datierende Portal ebenfalls schon um 1567 entstanden ist.

Im Hinblick auf die beiden Portale der Ratsstube Nr. 447 und Nr. 505, bei deren Inschriften es sich um aus der Lutherbibel ins Lateinische übertragene Texte handelt, sind hier die in den Inschriften A und B verwendeten Stellenangaben interessant, die sich folgerichtig auf die in der Kapitelzählung abweichende Lutherbibel beziehen und nicht auf die Zählung der Vulgata.

Anmerkungen

  1. Ps. 111,1, Stellenangabe in der Inschrift nach der Lutherbibel.
  2. Ps. 126,1, Stellenangabe in der Inschrift nach der Lutherbibel.
  3. Behncke, Albert von Soest, S. 28f.

Nachweise

  1. Behncke, Albert von Soest, S. 28.
  2. Haupt, Ratsstube, S. 88, Abb. S. 89.
  3. Uppenkamp, Ikonographie, S. 336.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 441 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0044103.