Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 329 Große Bäckerstr. 19 1538

Beschreibung

Schwellbalken am Fachwerkflügel im Hof, wohl in Zweitverwendung eingebaut, da der Anfang der Inschrift schon Anfang des 19. Jahrhunderts fehlte. Heute ist der Schwellbalken um den vorderen Teil verkürzt, der im Hausinneren verbaut ist. Auf dem Balken die Inschriften A und B erhaben in vertiefter Zeile, unterbrochen durch einen nur teilweise erhaltenen Wappenschild, am Ende der Inschrift ein weiterer Wappenschild, dahinter ein flach geschnitztes Tier mit langem Schwanz und langem Körper, dessen Kopf abgeschnitten ist. Auf der Rückseite des Anbaus ehemals ein Schwellbalken mit der Inschrift C, die in der Zeit um 1900 offenbar nicht mehr eindeutig zu lesen war und Lücken aufwies.

Inschrift A ergänzt nach Krüger/Reinecke, C nach Krüger/Reinecke.

Maße: Bu.: ca. 13 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien der frühhumanistischen Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. A

    [ – – – ] Etha) like wol liden // [dat] oth schut

  2. B

    Anno D(o)m(ini) M · ccccc · xxxviii · Hans wilkens fieri me fecit

  3. C†

    Dat wort Godes · bli[ft] Ewich1) · Jot hat [f]etb) mennich · dat de [ – – – ]

Übersetzung:

... etliche erleiden es wohl, dass es geschieht. (A) Im Jahr des Herrn 1538 hat Hans Wilkens mich machen lassen. (B) Das Wort Gottes bleibt ewig ... .(C)

Wappen:
Wilkens?2)?3)

Kommentar

Die Inschrift B zeigt auffallend archaisch gestaltete Versalien der frühhumanistischen Kapitalis: flachgedecktes A mit Deckbalken nach links, gebogener linker und gerader rechter Haste sowie gebogenem Mittelbalken; eingerolltes oben offenes unziales D; offenes unziales M mit dünn ausgezogenen Bogenenden; H mit ausgebuchtetem Querbalken. Auffallend sind auch die w in den Inschriften A und B, die als doppelte oben verbundene v gestaltet sind, das linke v mit senkrechter linker Haste und dünner rechter Schräghaste, das rechte v mit zwei senkrechten unten verbundenen Hasten. Außerdem kastenförmiges a sowie s in Form eines Schaft-s mit nach rechts angesetztem großen Bogen. Krüger/Reinecke betonen, dass die Inschrift C ebenso ausgeführt war wie die beiden anderen Inschriften.4)

In den Jahren 1545 und 1550 ist urkundlich ein Zöllner namens Hans Wilkens genannt, bei dem es sich um den in Inschrift B genannten Bauherrn handeln könnte.5) Das Bibelzitat 1. Pt. 1,25 in Inschrift C kann im Jahr 1538 – unmittelbar nach Durchführung der Reformation in der Stadt – als dezidiertes Bekenntnis der Bauherrn zur Lehre Luthers aufgefasst werden.6)

Textkritischer Apparat

  1. oth Krüger/Reinecke.
  2. Die Klammern so bei Krüger/Reinecke. Die Lesung erscheint hier insgesamt wenig glaubwürdig.

Anmerkungen

  1. Nach 1. Pt. 1,25.
  2. Wappen Wilkens? (aus Weinrebe geflochtener Kranz mit zwei Weinblättern unten und zwei Weintrauben oben?).
  3. Wappen ? (aus linkem Schildrand wachsender Arm, einen Gegenstand haltend, vor senkrechter oben nach links gebogener Doppellinie?).
  4. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 385.
  5. StA Lüneburg, UA c: 1545 September 28 II; UA a: 1550 August 11.
  6. Vgl. dazu Frederic John Stopp, Verbum Domini Manet In Aeternum – The Dissemination of a Reformation Slogan. In: Essays in German Language, Culture and Society, hg. v. S. S. Prawer, R. H. Hinton u. L. Foster. London 1969, S. 123–135. Dies ist der älteste inschriftliche Beleg für die Verwendung der protestantischen Devise in Lüneburg. Vgl. a. in der lateinischen Version Nr. 349. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verliert sich durch die häufige Verwendung des beliebten Bibelzitats dessen Bedeutung als nachdrückliches Bekenntnis zur lutherischen Lehre.

Nachweise

  1. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 385.
  2. Vollborn, Fachwerk, S. 81 u. 147 (nach Krüger/Reinecke, irrtümlich als nicht erhalten bezeichnet).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 329 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0032909.