Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 321 St. Johannis 1537

Beschreibung

Epitaph des Ludolph von Dassel. Stein, farbig gefasst. Das hochrechteckige Epitaph, das Rikemann im segenhuse lokalisiert, ist im Nordwesten der Vorhalle an der Wand angebracht. Im von Säulen gerahmten Mittelteil drei Vollwappen, darüber halten zwei Putten eine Tafel mit der Inschrift A. Im oberen Teil unter einem Bogen ein schlafender, auf einen Totenschädel gestützter Putto rechts neben einer Sanduhr, darüber ein Schriftband mit der Inschrift B, außen in den Bogenzwickeln zwei Putten mit Fackeln und leeren Wappenschilden. Im unteren Teil des Epitaphs über einem mit Rankenwerk verzierten Postament eine Tafel mit der Inschrift C, deren Zeilenenden teilweise zerstört und durch aufgemalte Buchstaben ersetzt worden sind. Alle Inschriften erhaben gehauen, die Inschriften A und C hell auf schwarzem Grund gefasst, die Inschrift C schwarz auf hellem Grund. Die I der Inschriften A und C mit i-Punkten.

Maße: H.: 330 cm; B.: 180 cm; Bu.: 3 cm (A, C), 5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis, mit Versalien (A, C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/4]

  1. A

    ANNO D(OMI)NI · M · D · XXXVII · POSTRIDIE / ASSVMPTIONIS MARIE1) SPECTABILIS / VIR · D(OMINVS) · LVDOLPHVS DE DASSEL, PRO:/THOCONSVL LVNEBORGENSIS IN / CHRISTO OBDORMIVIT ·

  2. B

    NASCENDO MORIMVR

  3. C

    CONSVLIS EXIMII SPECTAS MONVMENTA LVDOLPHI /DASSELI IN CHRISTO QVI BENE LETVS AGIT, /NOMINIS ET FAME VIR NVLLI LAVDE SECVNDVS /FLORVIT, ET TOTA CHARVS IN VRBE FVITa) /VIVERE NESTOREOS TOTIES OPTATVS IN ANNOS /VICIT VOTA DEVS, QVIPPE PERHENNIS ERITb)2)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1537 am Tag nach Mariä Himmelfahrt ist der angesehene Mann Herr Ludolph von Dassel, Lüneburger Bürgermeister, in Christus entschlafen. (A) Indem wir geboren werden, sterben wir. (B) Du betrachtest das Denkmal des hervorragenden Bürgermeisters Ludolph von Dassel, der froh in Christus lebt. Dieser Mann, im Lob seines Namens und guten Rufs niemandem gleich, stand in der Blüte seiner Jahre und war in der ganzen Stadt beliebt. So oft ihm auch gewünscht worden war, bis in Nestors Jahre zu leben, Gott siegte über die Wünsche, denn er wird ewig sein. (C)

Versmaß: Elegische Distichen (C).

Wappen:
Stöterogge3)Dassel4)Sanckenstede5)

Kommentar

Das Epitaph dürfte von demselben Bildhauer angefertigt worden sein wie das Epitaph für Martin Glöde (Nr. 314), denn sowohl die gestalterischen Elemente – Wappen und Putten – als auch die Schriftformen stimmen überein. Besonders charakteristisch ist das auch hier verwendete kreisrunde O mit schräger Schattenachse und das stark gerundete G mit senkrechter Cauda sowie die Verwendung von Kommata in Inschrift C.

Ludolph I. von Dassel wurde 1474 als Sohn des Albrecht von Dassel und der Mette Kruse geboren. In erster Ehe war er mit Gesche Stöterogge verheiratet, die 1526 starb, in zweiter Ehe mit Ilsabe Sanckenstede, die in erster Ehe mit Heinrich Wülsche verheiratet war und wie ihr zweiter Ehemann im Jahr 1537 starb.6) Ludolph von Dassel fungierte als Barmeister und wurde im Jahr 1509 in den Rat gewählt, 1514 zum Bürgermeister; dem regierenden Rat gehörte er letztmalig im Jahr 1530 an.7) Er stiftete den Pokal Nr. 328 für das Lüneburger Ratssilber.

Textkritischer Apparat

  1. Heute FVNGIT, die letzten vier Buchstaben gemalt, FVIT nach der kopialen Überlieferung prosodisch korrekt.
  2. Heute EST in gemalten Buchstaben auf dem Stein, ERIT nach der kopialen Überlieferung prosodisch korrekt.

Anmerkungen

  1. 16. August.
  2. Für Ludolph von Dassel ist auch eine von Lucas Lossius verfasste literarische Versgrabschrift überliefert: Lossius, Epitaphia aliquot virorum, [p. 23–26]. Vgl. Anhang 2. Sie bietet einen völlig anderen Text als die Inschrift C des Epitaphs.
  3. Wappen Stöterogge (gestümmelter eingerollter Zweig mit Kleeblättern). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  4. Wappen Dassel (Balken, daraus nach oben zwei Efeublätter, nach unten ein Efeublatt hervorwachsend). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  5. Wappen Sanckenstede (Balken mit zwei bekränzten Mohrenköpfen belegt). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  6. Dassel, Stammesgeschichte, 1895, Nr. 13, S. 31f.
  7. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Dassel II. Stahl, Ratslinie, Nr. 249, S. 175.

Nachweise

  1. Lossius, Epitaphia Principum, S. 56 (C).
  2. Rikemann, Beschrivinge, Ex. Hannover, p. 323 (C).
  3. Rikemann, Beschrivinge, Ex. Göttingen, p. 182 (C).
  4. Rikemann, Beschrivinge, Ex. Lüneburg, fol. 193v (C).
  5. Witzendorff, Wegweiser, p. 107 (C).
  6. Sagittarius, Historia, p. 375 (C).
  7. Reinbeck, Chronik, p. 932 (C).
  8. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Dassel II.
  9. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 146 (A).
  10. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 110 (nur B), Abb. S. 111.
  11. Dassel, Stammesgeschichte, 1895, S. 31f., Nr. 13.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 321 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0032103.