Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 261 St. Johannis 1523

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Ohne Marken und Beschauzeichen. Sechspassfuß über breiter Sockelplatte und mehrfach ausgebuchteter hoher Zarge. In einem Segment des Fußes ein aufgesetztes Kruzifix, auf dem Schriftband wohl ehemals ein Titulus, der bei einer Restaurierung durch Goldfarbe unkenntlich gemacht wurde. Auf den übrigen Segmenten des Kelchs verläuft außen ein Schriftband mit der eingravierten Inschrift A. Der abgeflachte Nodus oben und unten mit Maßwerkornament, auf den Rotuli die Buchstaben der Inschrift B leicht erhaben und glatt vor schraffiertem Hintergrund. Auf den Schaftstücken ober- und unterhalb des Nodus Blattornament. Schlichte Kuppa.

Maße: H.: 18,3 cm; Dm.: 14 cm (Fuß), 10 cm (Kuppa); Bu.: 0,4 cm (A), 0,7 cm (B).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/1]

  1. A

    AD · QVARTAM · VICARIVMa) · STEPHANI · FVNDATVM · PER · DONMINV(M)b) · FREDERCV(M) · HORNINGH · 1 · 5 · 2 · 3 ·c)

  2. B

    IHESVS

Übersetzung:

Für die vierte Vikarie des Stephan gestiftet durch Herrn Friedrich Horning 1523.

Kommentar

Die etwas fehlerhaft ausgeführte Inschrift zeigt typische Merkmale der frühhumanistischen Kapitalis, das E hier allerdings nicht epsilonförmig, sondern als rundes E graviert. Besonders charakteristisch ist das A mit breitem Deckbalken und gebrochenem, über die Schräghasten hinausragendem Mittelbalken.

Bei dem aus Stadthagen stammenden Magister Friedrich Horning handelte es sich um einen Geistlichen, der im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts als Vikar an St. Johannis, seit 1497 auch als Rektor der Ratskapelle zum Heiligen Geist nachweisbar ist.1) Seinen Magistertitel hatte er im Wintersemester 1484/85 an der Universität Rostock erworben, wo ihm im Sommersemester 1479 bereits der Titel eines Baccalaureus verliehen worden war.2) Er starb im Sommer 1523, da am 6. Juli seine Testamentsvollstrecker tätig wurden und eine Vikarie am Stephani-Altar in St. Johannis stifteten (vgl. a. Nr. 935).3) Nach Matthaei war der Stifter des Kelchs Friedrich Horning selbst Vikar am Altar St. Stephani in St. Johannis.4) Der Altar befand sich am ersten Pfeiler des südlichen Seitenschiffs neben dem Aufgang zum Ratslektor.

Textkritischer Apparat

  1. Irrümlich anstelle von VICARIAM.
  2. Irrtümlich anstelle von DOMINVM.
  3. Linksgewendete 5.

Anmerkungen

  1. StA Lüneburg, UA a: 1512 Juli 21 u. 1520 Juni 22; UA b: 1497 November 18.
  2. Matrikel Rostock, Bd. 1, S. 240 u. 214.
  3. StA Lüneburg, UA a: 1523 Juli 6 I.
  4. Matthaei, Vikariestiftungen, S. 187f.

Nachweise

  1. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 114.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 261 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0026105.