Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 225 Berlin, Kunstgewerbemuseum 1504

Beschreibung

Pokal.1) Silber, vergoldet. Der Buckelpokal mit bekrönender Landsknechtfigur gehört zum Ratssilber und wurde 1874 an den preußischen Staat verkauft. Er steht auf einem ebenfalls gebuckelten Siebenpassfuß und einem hohen, oben von Blattranken umgebenen Schaft. Die Bekrönung des gebuckelten Deckels mit umlaufendem glatten Fries und Blattkranz besteht aus Blattwerk mit daraus hervorwachsendem zierlichen Stiel, der oben wieder in verschlungenes Blattwerk übergeht, darauf die Figur des Schildträgers. Unter dem Fuß in einem Medaillon das farbig emaillierte Stadtwappen Lüneburgs, im Deckel der Wappenschild des Stifters, auch die bekrönende Figur hält einen Schild mit dem Stifterwappen. Weitere drei Wappenschilde mit dem Stifterwappen an dem um den Deckelrand laufenden Fries, sie unterbrechen die dort umlaufend eingravierte Inschrift. Lübecker Beschauzeichen sowie ein Meisterzeichen.2)

Maße: H.: 60,5 cm; Dm.: 20,5 cm; Bu.: 0,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/4]

  1. D(OMI)N(V)S IOHA(N)NES BARVM DOCTOR P(RAE)P(OSI)TVS IN LVNEBORG OBYT ANNO 1501a) XV IVLY DONAVIT HOC CLENODIVMb)

Übersetzung:

Herr Johannes Barum, Doktor (und) Propst in Lüneburg, ist im Jahr 1501 am 15. Juli gestorben. Er hat dieses Kleinod gestiftet.

Wappen:
Barum3)

Kommentar

Die Inschrift ist in einer verhältnismäßig breit angelegten, betont schlichten Kapitalis mit kreisrunden O und durchgängig retrograden N ausgeführt, der Mittelbalken des E sehr kurz, der Mittelteil des M ist bis zur Grundlinie herabgezogen, nur S trägt ausgeprägte Serifen.

Der Pokal wurde 1504 aufgrund einer testamentarischen Verfügung des Johannes Barum gestiftet und dem Beschauzeichen zufolge in Lübeck angefertigt. Er war laut Kämmereirechnung jedoch teurer als die von Johannes Barum dafür vorgesehenen 200 Mark (s. u.) und kostete 228 Mark 6 Schilling 3 Pfennig, so dass der Rat die Differenz zahlen mußte.4) Bursche macht plausibel, dass der Pokal in Lübeck erworben und dann erst mit der Inschrift und den Wappen versehen wurde.5)

Johannes Barum erwarb im Sommersemester 1458 den Titel eines Baccalaureus an der Universität Rostock und im Wintersemester 1460/61 den Magistertitel.6) Den Doktortitel dürfte Johannes Barum an einer anderen Universität erworben haben. Nach dem Tod des Lüneburger Propstes Arnd van der Heyde bewarb sich der aus Uelzen stammende Geistliche als dessen Nachfolger, das Bewerbungsschreiben vom 2. Dezember 1484 unterzeichnete er mit seinem Doktortitel und als Domherr zu Bremen und Minden.7) Bereits im Januar 1485 ist er in den Quellen als Propst von St. Johannis genannt8) und als solcher bis zu seinem Tod vor dem April 1503 häufig erwähnt. Am 8. April 1503 veranlassten seine Testamentsvollstrecker die Stiftung einer Kommende am Gregorius-Altar am dritten Pfeiler des nördlichen Seitenschiffs in St. Johannis.9) Laut Testament sollte das Geld einer Rente an St. Michaelis, das sich auf 400 Mark belief, zur einen Hälfte für den Bau der Propstei St. Johannis und zur anderen Hälfte für die Anschaffung eines Kleinods für die Schenkschieve des Rats verwendet werden.10)

Textkritischer Apparat

  1. Linksgewendete 5.
  2. Alle N retrograd.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 1874/374.
  2. Rosenberg, Merkzeichen, Bd. 2, Nr. 3161, S. 265 ohne Zuweisung. Ebenso Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 5. Nach Bursche, Ratssilber, Nr. 12, S. 116, Berthold Holthusen oder Jakob Plate.
  3. Wappen Barum (Mohrenkopf, die Kopfbedeckung mit flatternden Enden).
  4. Schröder Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 5. StA Lüneburg, AB 56/2, p. 556 (zit. bei Schröder).
  5. Bursche, Ratssilber, Nr. 12, S. 118f.
  6. Matrikel Rostock, Bd. 1, S. 119 u. 127.
  7. StA Lüneburg, Br 22/36.
  8. StA Lüneburg, UA a: 1485 Januar 21 I.
  9. StA Lüneburg, UA b: 1503 April 8. Vgl. Matthaei, Vikariestiftungen, S. 172.
  10. StA Lüneburg, UA b: 1503 Juni 28 I.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 196.
  2. Albers, Rathaus, S. 45.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 191 (nach Albers).
  4. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale S. 293.
  5. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 5.
  6. Appuhn, Ratssilber, Nr. 10, S. 15.
  7. Kat. Stadt im Wandel, Bd. 2, Nr. 869e, S. 992 mit Abb.
  8. Bursche, Ratssilber, Nr. 12, S. 116–119 mit Abb.
  9. Netzer, Ratssilber, Nr. 12, S. 72f. mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 225 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0022509.