Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 134 Berlin, Kunstgewerbemuseum 1473

Beschreibung

Jaspispokal.1) Silber, vergoldet, Trinkschale Jaspis. Ohne Marken und Beschauzeichen. Der Pokal gehört zum Lüneburger Ratssilber und wurde 1874 von der Stadt an den preußischen Staat verkauft. Der Sechspassfuß wird von drei als Ständerfiguren gestalteten kleinen Löwen getragen. Der hohe Schaft und der Nodus mit reicher Verzierung, der untere Teil der Kuppa aus Jaspis, darüber ein Streifen aus vergoldetem Silber mit Schuppenmuster, begrenzt von Profilen, mit nach unten abhängendem Blattwerk. Der 1473 angefertigte Deckel (vgl. Kommentar) nimmt die Formen der Kuppa in umgekehrter Weise wieder auf. Hier läuft um den Streifen am unteren Rand eine zweizeilige, in vertieften Zeilen auf schraffiertem Grund in glatten Buchstaben leicht erhaben ausgeführte Inschrift. Die Worttrenner in Form kleiner Rosetten. Die Bekrönung des Deckels bildet die Figur eines Ritters, der einen Wappenschild trägt und früher wohl eine nicht erhaltene Fahne oder Standarte in der erhobenen rechten Hand hielt.

Maße: H.: 39 cm; Dm.: 12,5 cm; Bu.: 0,6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/4]

  1. Dit · clenade · heft · de · hochgeborne · forste · h(err)n · frederick · to · brvnswigk · vn(d) · lvneborgh · her·/toge · zeligen · hertogen · berndes · sone · dem · rade · to · lvneborgh · gegeven · anno · d(omi)ni · m° · cccc · lxxii ·a)

Wappen:
Braunschweig-Lüneburg (vierteilig)2)

Kommentar

Die Inschrift ist in einer besonders sorgfältigen Form der gotischen Goldschmiedeminuskel ausgeführt. Sie zeigt gespaltene Oberlängen mit tropfenförmigen Enden und zu Zierhäkchen ausgezogene Unterlängen sowie durchgesteckte Balken bei t und x, einen eingesteckten Zierbalken mit langem begleitenden Zierstrich bei g und einen breiten Mittelbalken des z.

Die inschriftlich genannte Jahreszahl 1472 bezieht sich auf die Schenkung des Pokals durch Herzog Friedrich den Frommen von Braunschweig-Lüneburg (1418–1478). Die auf dem Deckel stehende Inschrift entstand jedoch erst 1473, als der Lüneburger Goldschmied Hinrick Sommer den Deckel anfertigte.3) Der entsprechende Eintrag im Kämmereiregister von 1473 lautet: 22 (mark) hinrick Sommer vor dat deck to makende vp dat clenade dat vnse gnedige here hertoge vrederick dem rade heft ghegeven.4) Schröder weist Hinrick Sommer seit 1467 als Goldschmied nach, er starb vermutlich im Jahr 1504.5) Der Deckel des Jaspispokals ist sein einziges bekanntes Werk.

Textkritischer Apparat

  1. Zwischen dem Ende der Inschrift und dem Beginn der zweiten Zeile ein als kleine Säule gestalteter senkrechter Trennstrich.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 1874,376.
  2. Wappen Braunschweig-Lüneburg (geviert: 1. zwei Leoparden, 2. Löwe auf mit Herzen bestreutem Grund, 3. und 4. Löwe). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, S. 28.
  3. Zu dem Pokal vgl. die entsprechenden Katalogartikel: Appuhn, Ratssilber, Nr. 3, S. 11; Bursche, Ratssilber, Nr. 2, S. 100f.; Netzer, Ratssilber, Nr. 2, S. 52f.
  4. StA Lüneburg, 56/1, fol. p. 331.
  5. Schröder, Ratssilber, Meister, [S. 9]. Vgl. a. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 2, S. 894f.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 197.
  2. Albers, Rathaus, S. 47.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 192 (nach Albers).
  4. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale S. 291.
  5. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 4.
  6. Appuhn, Ratssilber, Nr. 3, S. 11.
  7. Bursche, Ratssilber, Nr. 2, S. 100f. mit Abb.
  8. Netzer, Ratssilber, Nr. 2, S. 52f. mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 134 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0013402.