Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 129† St. Johannis 1465

Beschreibung

Grabplatte des Johannes Garlop. Rikemann vermerkt lediglich im gleichen Zusammenhang, dass es im Schuddemantel der Kirche (vgl. Kommentar) sechs Begräbnisse für Mitglieder der Familie Garlop gegeben hat, deren Sterbevermerke er wiedergibt, ohne den Text ausdrücklich als Inschrift zu charakterisieren. Da Büttner einen der sechs Sterbevermerke als in der Garlop-Kapelle ausgeführte Inschrift einer Grabplatte bezeugt (vgl. Nr. 222), ist sicher, dass auch diese Grabschrift inschriftlich ausgeführt war.

Inschrift nach Rikemann, Beschrivinge, Ex. Hannover.

  1. Anno 1465 die 3 Ianuarÿ obÿt spectabilis vir Dominus Iohannes Garlop proconsul Lunaeburgensis cuius anima quiescat apud Deum

Übersetzung:

Im Jahr 1465 am 3. Tag des Januar starb der angesehene Mann Herr Johannes Garlop, Lüneburger Bürgermeister. Seine Seele ruhe bei Gott.

Kommentar

Johannes III. Garlop, Sohn des Lüneburger Bürgermeisters Otto Garlop, wurde im Jahr 1431 in den Rat gewählt und fungierte seit 1438 als Bürgermeister. Als Mitglied des Alten Rats wurde er im Prälatenkrieg 1455 vorübergehend abgesetzt. Dem regierenden Rat gehörte er letztmalig im Jahr 1464 an.1) Verheiratet war Johannes Garlop mit Gebeke Töbing.2)

Matthaei verortete den häufig als Lokalisierung eines Inschriftenträgers benannten Schuddemantel, in dem auch Matthaei zufolge der Altar bzw. die Kapelle der Familie Garlop lag, nur ungefähr im Eingangsbereich von St. Johannis.3) Für das Jahr 1516 oder 1526 ist eine Inschrift überliefert, die hier die Errichtung einer der Jungfrau Maria geweihten neuen Kapelle dokumentiert (vgl. Nr. 277). Eine Vikarie am Altar in dieser Kapelle wurde mit einer Urkunde vom 28. Juni 1527 gestiftet.4) Offenbar richtete man die Kapelle an dem Ort in der Kirche ein, an dem zuvor schon mehrere Begräbnisse der Familie (vgl. a. Nr. 149, 154, 222, 230) erfolgt waren. Witzendorff lokalisiert den Schuddemantel in seinem Wegweiser genauer südlich des Turms: Die Thür da man vom Sande eingehet (d. h. die Tür auf der Südseite des Haupteingangs) wird Schüddemantell genennet, höret aber zu H. Frantz Witzendorffen vnd meinem lieben H. Vatern (d. h. zur Kapelle der Familie Witzendorff, die sich hier befand). Nach der Beschreibung Witzendorffs ging man aus dieser Kapelle durch eine Tür (vgl. Nr. 871) in die ebenfalls südlich des Turms gelegene Kapelle der Familie Töbing, von der aus man in die Kirche gelangte.5) Die Familien Witzendorff und Töbing erbten durch die Eheschließung von Franz Witzendorff mit Ursula Garlop (vgl. Nr. 479 u. 503) und durch die Eheschließung des Leonhard Töbing mit Anna Garlop (vgl. Nr. 678) nach dem Tod des letzten männlichen Familienmitglieds Heinrich Garlop im Jahr 1558 die Garlopsche Kapelle und nutzten diese weiterhin als Familiengrablege.6) Somit ist die Garlopsche Kapelle identisch mit den Kapellen der Familie Witzendorff und Töbing in den drei Gewölbejochen auf der Südwestseite des Turms. Hier wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts kein Gebäudeteil abgebrochen, sondern es wurden lediglich die bereits seit längerer Zeit ungenutzten Familienkapellen7) aufgelassen und im Zuge dieses Vorgangs etliche oder alle hier noch vorhandenen Grabdenkmäler entfernt. In den Kirchenrechnungen von St. Johannis sind auch noch andere Begräbnisplätze der Familie Witzendorff in der Kirche belegt.8) Die Bezeichnung Schuddemantel dürfte darauf zurückgehen, dass sich der heute noch vorhandene dreijochige Anbau wie ein Schutzmantel an den Turm anlegt; einer anderen – eher volkstümlichen – Erklärung zufolge ist er danach benannt, dass man hier in die Kirche eintrat und seinen Mantel abschüttelte.

Anmerkungen

  1. Stahl, Ratslinie, Nr. 186, S. 167.
  2. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Garlopen.
  3. Matthaei, Vikariestiftungen, S. 197f.
  4. StA Lüneburg UA a: 1527 Juni 28. Zur Einrichtung der Vikarie in der nigen capellen im schudmantell vgl. Matthaei, Vikariestiftungen, S. 197f.
  5. Witzendorff, Wegweiser, p. 94f. u. 97. Krüger/Reinecke (Kunstdenkmale, S. 70) lokalisieren die Witzendorffsche Kapelle, die im Jahre 1802 angebrochen ist, vor dem Haupteingange des Gotteshauses. So irrtümlich auch noch bei Hipp, Bilder, S. 227. Nach Volger (Lüneburger Blätter, S. 90, Pfingstblatt 1856) ist die Kapelle 1814 eingegangen, von einem abgerissenen Bau ist bei ihm zu Recht nicht die Rede. Sowohl Krüger/Reinecke als auch Volger vermuten die Garlopsche Kapelle irrtümlich auf der Nordseite des Turms und halten sie für eine Vorgängerin der Dasselschen Kapelle, was sich mit den Quellen jedoch nicht vereinbaren lässt.
  6. StA Lüneburg, AA E1b Nr. 3 (neue Sig. AA 2170/1), Schreiben vom 4. November 1709.
  7. StA Lüneburg, AA E1b Nr. 4, Schreiben vom 9. August 1774. Danach plante die verwitwete Frau Senatorin von Witzendorff schon 1774, sich in Adendorf beisetzen zu lassen und hatte keinerlei Interesse an der ehemaligen Familienkapelle mehr. Sie wollte daher auch nicht mehr für die Instandhaltung aufkommen.
  8. U. a. SKA Lüneburg, Kirchenrechnung St. Johannis I,4, fol. 10r (1588) u. fol. 37r (1589).

Nachweise

  1. Rikemann, Beschrivinge, Ex. Hannover, p. 330.
  2. Rikemann, Beschrivinge, Ex. Göttingen, p. 185.
  3. Rikemann, Beschrivinge, Ex. Lüneburg, fol. 197v.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 129† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0012907.