Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 127† St. Johannis, Friedhof 1464

Beschreibung

Grabplatte(?) des Marquard Mildehovet. Nach Rikemann befand sich der Stein achter dem Chore up dem kerkhave.

Inschrift nach Rikemann.

  1. Anno D(omini) 1464 in die Decollationis S(ancti) Johannis1) obÿt prudens Marquardus Mildthovet

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1464 am Tag der Enthauptung des heiligen Johannes starb der kluge Marquard Mildehovet.

Kommentar

Marquard Mildehovet stammte vermutlich aus Hamburg und immatrikulierte sich im Mai 1432 an der Universität Rostock.2) Wo er den Titel eines Baccalaureus in iure civile erwarb, den er später führte, lässt sich nicht nachweisen.3) Spätestens seit dem Jahr 1442 stand er im Dienst des Lüneburger Rats,4) in den 1443 einsetzenden Kämmereiregistern ist er als Unterschreiber der Stadt genannt, seit 1450 als Stadtschreiber.5) Er stand in enger Beziehung zu dem Bürgermeister Johann Springintgut (vgl. Nr. 120), der ihn als Vormund seiner Kinder einsetzte. Nach dem Tod Springintguts im Jahr 1455 setzte sich Marquard Mildehovet für die Entschädigung der Witwe und der unter seiner Vormundschaft stehenden Kinder ein und erreichte 1457, dass der Lüneburger Rat 2219 Rheinische Gulden an die Familie zahlen musste.6) Nach Schomakers Chronik ging Marquard Mildehovet noch im Jahr der Absetzung des Alten Rats nach Hamburg und fungierte dort als Sekretär der Stadt.7) In einem Brief an Albert von der Molen aus dem Jahr 1458, der in Hamburg aufgesetzt wurde, bezeichnet sich Marquard Mildehovet als Hamburger Bürger (zum Inhalt des Briefes und zu dem Springintgut und Mildehovet darstellenden Gedächtnisbild vgl. Nr. 120). Die Lüneburger Bürgerschaft scheint er nicht erworben zu haben, da er im Donat8) in den 30er und 40er Jahren des 15. Jahrhunderts nicht unter den Neubürgern genannt ist. Verheiratet war Marquard Mildehovet mit Windel Kruse, Tochter des Lüneburger Bürgers Hans Kruse, die nach seinem Tod Heinrich IX. Viskule heiratete.9) Offenbar blieben die engen Verbindungen des ehemaligen Stadtschreibers zu Lüneburg auch nach der Übersiedlung nach Hamburg bestehen. Ein Haus, das Marquard Mildhovet in der Bäckerstraße besaß, wurde erst 1473 von den durch Heinrich Viskule vertretenen Erben verkauft.10) Ob Marquard Mildehovet allerdings tatsächlich auf dem Friedhof von St. Johannis beigesetzt wurde, wie es die Lokalisierung des inschriftentragenden Steins bei Rikemann erscheinen lässt, oder ob es sich nur um ein Epitaph außen an der Chorwand zum Friedhof hin gehandelt hat und er in Hamburg beigesetzt wurde, lässt sich nicht entscheiden.

Anmerkungen

  1. 29. August.
  2. Matrikel Rostock, Bd. 1, S. 41.
  3. U. a. StA Lüneburg, UA a: 1442 Juli 3 I.
  4. Ebd.
  5. StA Lüneburg, AB 56/1, fol. 1v (1443), 8r (1444), 45r (1450). Zur Biographie des Marquard Mildehovet allgemein vgl. a. Springensguth, Tod im Turm, S. 160–163 u. S. 311. Mildehovet werden auch zwei juristische Traktate und eine aus einer lateinischen Quelle zusammengetragene Abhandlung über Wappen zugeschrieben. Vgl. Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon, hg. v. Kurt Ruh u. a.. Bd. 6, Berlin 1987, Sp. 518–522.
  6. StA Lüneburg, UA a: 1457 Mai 16 XXVI.
  7. Schomaker-Chronik, S. 102. Inwieweit diese Angabe Schomakers zutreffend ist, ließ sich nicht überprüfen. Allerdings ist im Jahr 1458 Johann Nigendorp als Sekretär der Stadt Hamburg genannt (http://www1.uni-hamburg.de/hamburgisches_ub/quellen/HambUB1459.html, 28.092016).
  8. StA Lüneburg, AB 2.
  9. Büttner, Genealogiae, Stammtafeln Krusen und Vischkulen II.
  10. StA Lüneburg, AB 17, fol. 139v. Nach Brandt, Personenkartei und Grundstückslisten, handelte es sich um das Grundstück Große Bäckerstr. 15.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 19r.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 127† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0012709.