Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 62† St. Marien 1432

Beschreibung

Grabplatte des Hermann Snitker und seiner ersten Ehefrau Wunneke.

Inschrift nach Rikemann.

  1. A

    Anno Domini 1432a) ipso die Blasÿ1) obÿt Hermannus Snitker

  2. B

    Anno Domini 1414 nonas octobris2) obÿt Wunneke Snitkers uxor eius orate pro eis

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1432 am Tag des Blasius starb Hermann Snitker. (A) Im Jahr des Herrn 1414 an den Nonen des Oktober starb seine Ehefrau Wunneke Snitker. Betet für sie (beide). (B)

Kommentar

Hermann Snitker ist seit 1401 in Lüneburg nachzuweisen.3) Er ist das erste bekannte Mitglied einer bedeutenden und offenbar auch sehr vermögenden Gießerfamilie in Lüneburg. Aus einer falschen und darüber hinaus als höchst unsicher gekennzeichneten Lesung einer Inschrift auf dem Heiligenthaler Altar (vgl. Nr. 95) und aus dem Nachnamen konstruiert Meyne einen Bildhauer namens Hermann Snitker, den er als Fahrtmeister der Saline bezeichnet und in der Straße Auf dem Meere ansiedelt.4) Die Quellen, aus denen er dies erschließt, besagen, dass hermen (und) hans snitker de nigen sulten bewaren, sich also in einer nicht weiter beschriebenen Weise um die Neue Sülze kümmerten,5) und dass Hermann Snitker ein Haus im Marktviertel besaß.6) Dass ein Fahrtmeister der Saline für die Erhaltung der Stollen zur Erschließung der Solevorkommen zuständig war und Brunnen baute, stellte in Meynes Augen offenbar kein Hindernis dar, gleichzeitig auch als Bildhauer tätig zu sein. Die Tätigkeit Snitkers als Gießer weist Meyne sehr genau in den Quellen nach, während es keinerlei Beleg für eine Tätigkeit als Bildhauer gibt. 1413 legte Snitker im Auftrag der Stadt einen Brunnen oberhalb der Saline an, später verfertigte er eine szukken (Pumpe) auf dem Zimmerhof des Rats.7) Er war zudem Angehöriger der Kalandsbruderschaft an St. Johannis.8) In seinem Testament vom 31. Januar 1432 setzte Hermann Snitker fest, dass er neben seiner verstorbenen ersten Ehefrau Wunneke in St. Marien beigesetzt werden wollte. Zum Zeitpunkt seines Todes war er in zweiter Ehe mit Hempeke verheiratet, mit der er eine gleichnamige Tochter hatte, zwei weitere Töchter – wohl aus erster Ehe – lebten dem Testament zufolge im Kloster Lüne, eine vierte Tochter, Wobbeke, war mit Dietrich Nyenborg verheiratet. Offenbar hatte Hermann Snitker nur weibliche Nachkommen.9) Aus dem Umstand, dass 1432 die Witwe Snitkers die Schosszahlung für das Haus im Marktviertel leistet, lässt sich schließen, dass Rikemann die Jahreszahl in der Inschrift A falsch wiedergegeben hat.10)

Textkritischer Apparat

  1. 1435 Rikemann, vgl. Kommentar.

Anmerkungen

  1. 3. Februar.
  2. 7. Oktober.
  3. Reinhardt, Testamente, Nr. 57, S. 82f., Testament des Clawes Hoyke, darin wird Hermann Snitker zum Testamentsvollstrecker ernannt.
  4. Meyne, Plastik, S. 54, 154f. u. 167f. In derselben Weise macht Meyne ohne jeglichen archivalischen Beleg aus dem Lüneburger Glockengießer und Büchsenmeister Hans Snitker nur aufgrund seines Nachnamens den Bildhauer, der die Skulpturen für den Lamberti-Altar (vgl. Nr. 94) anfertigte, und aus Cordt Snitker den Meister der Prophetenfiguren Nr. 101. Dass es sich bei Gießern und Bildhauern um zwei vollkommen verschiedene Gewerke handelte, bereitete Meyne offensichtlich keinerlei Probleme.
  5. StA Lüneburg, AB 627/1, fol. 15v.
  6. StA Lüneburg, AB 73/1, fol. 22r. Nach der Rekonstruktion des Hausbesitzes in der Personenkartei Brandt das Haus Auf dem Meere 7.
  7. StA Lüneburg, AB 183, p. 34 u. 55. Zit. bei Meyne, Plastik, S. 190f. Er zitiert in seinen Nachweisen ausführlich ungedruckte Quellen des Stadtarchivs, darunter verschiedene Rentenverschreibungen.
  8. Bodemann, Brüderschaften, S. 104.
  9. Reinhardt, Testamente, Nr. 169, S. 235–236.
  10. StA Lüneburg, AB 73/1, fol. 230v.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 51r.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 62† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0006201.