Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 100: Stadt Lüneburg (2017)
Nr. 43 Hannover, Landesgalerie um 1420
Beschreibung
Inschriften auf den Altarflügeln der Goldenen Tafel aus St. Michaelis.1) Die Inschriften befinden sich hinter den in den Altarflügeln aufgestellten Figuren auf den Rückwänden sowie passend dazu hinten auf den Figuren. Die Bezeichnungen A (linker Flügel) und B (rechter Flügel) sind in schwarzer Farbe auf die von der Vergoldung ausgesparten Flächen oben und unten in jeweils fünf Feldern der beiden Rückwände aufgemalt, vor denen die Figuren aufgestellt sind (vgl. DI 24, Nr. 16). Mit diesen Bezeichnungen korrespondieren die Namen C und D auf der Rückseite der Figuren; zumeist im rechten Winkel zu jedem – waagerecht aufgemalten – Namen steht jeweils eine Farbangabe, beides in schwarzer Farbe auf die Holzoberfläche gemalt. Die Marienfigur trägt keine Bezeichnung auf der Rückseite. Sichtbar wurden die sonst verdeckten Inschriften, als die Figuren – im Rahmen des Forschungsprojekts der Landesgalerie zur Goldenen Tafel seit dem Jahr 2012 – aus den Altarflügeln herausgenommen wurden.
Maße: Bu.: 0,8–1,3 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel, teilweise mit Versalien.
- A
· maria · / · magdalena · // · cyriacvs · // · benedictus · // · laure(n)cius · // · michael · //· andreas · // · philippus · // · bartholome(us) · // ioha(nn)es ewa(n)gelista · // · thomas ·
- B
· ioha(nn)es baptista ·2) // · iacobus minor · // · matheus · // · Symon · // georgius · //· maria · // · petrus · // · paulus · // · mathias // · iacobus maior ·
- C
· maria · / · magdalena · // blau· cyriacus · // Synober· b(e)n(e)dictusa) · // purpurgronb) / laure(n)ciusmichaelc) // Synober· bartholome(us) // gronioha(nn)es ewa(n)gelista · // p(re)sylye3)thomas // blau· andreas · // p(re)sylie3)· philippus // ghel gron
- D
· ioha(nn)es baptista · // Synober· iacobus minor · // blau· matheus · // bresylie3)· Symon · // purpur· georgius · / gronpetrus · // Synober· paulus · // ghel gron· mathias · // p(re)sylie3)Jacobus / maior · // purpur
Textkritischer Apparat
- Die Oberlänge des d weit nach links als Kürzungsstrich über dem n ausgezogen.
- Die Farbe etwas zerlaufen, der rechte Schaft des n – auch bei den anderen Bezeichnungen als gron – immer weit im Bogen unter die Zeile gezogen, vgl. u. a. die besser erhaltene Farbangabe bei Bartholomäus, die ebenso ausgeführt ist.
- el nur noch ansatzweise zu erkennen.
Anmerkungen
- Inv. Nr. WM XXIII 27. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Antje-Fee Köllermann (Landesgalerie Hannover), die mir die Fotos der Altarflügel und ihrer Figuren zur Verfügung gestellt und die Buchstabenhöhe ermittelt hat.
- Darunter noch ein mit Bleistift geschriebener Renovierungsvermerk aus dem 19. Jahrhundert.
- Rote bzw. gelbbraune Farbe, vgl. DWB, Bd. 13, Sp. 2103 s. v. ‚Presilie‘, mlat. prisilium.
- Diese Datierung beruht auf den dendrochronologischen Untersuchungen, die während des Forschungsprojekts der Landesgalerie Hannover zur Goldenen Tafel unternommen wurden. Ich danke Frau Dr. Antje-Fee Köllermann herzlich für die detaillierte Übermittlung dieser Forschungsergebnisse.
- Vgl. dazu a. Habicht, Goldne Tafel, S. 19, Anm. 6.
Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 43 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0004305.
Kommentar
Da die Inschriften aufgrund ihrer Ausführung in einer der Textura entsprechenden gotischen Minuskel eindeutig dem 15. Jahrhundert zuzuweisen sind, dürften sie in die Entstehungszeit der Goldenen Tafel um 1420 fallen.4) Die Farbangaben beziehen sich auf die – in den aufspringenden Falten sichtbare – farbige Fassung der Innenfutter der nach außen in Gold gefassten Gewänder. Wahrscheinlich wurden die Bezeichnungen auf den Rückseiten der Figuren bereits vor deren farbiger Fassung aufgebracht, um dem Maler Anhaltspunkte für die richtige Ausführung zu geben.5) Vermutlich wurden die Heiligennamen und die Farbangaben von zwei unterschiedlichen Händen gemalt, denn die Heiligennamen sind in eher gitterartiger, der gotischen Minuskel sehr ähnlicher Schrift mit gegabelten Oberlängen ausgeführt, während die Farbangaben eher runde Buchstabenformen mit weit ausgezogenen Ober- und Unterlängen aufweisen.