Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 30 Museum Lüneburg 2. H. 14. Jh.

Beschreibung

Scheibe eines Astrolabiums.1) Messing. Das Objekt gehört zum alten Bestand des Museums für das Fürstentum Lüneburg und könnte aus der Ratsbücherei oder aus dem Michaeliskloster stammen. Auf der Scheibe sind verschiedene Linien und Kreise für die astronomischen Messungen eingraviert. In einem Innenkreis in zwölf Feldern die Monate (A), weiter außen in einem Kreis in zwölf Feldern die Tierkreiszeichen (B), außen um den Rand in durch waagerechte Striche voneinander getrennten Feldern Ziffern, die eine Gradeinteilung (viermal 90°) darstellen.2)

Maße: Dm.: 12 cm; Bu.: 0,2–0,3 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel und arabische Ziffern.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. A

    IANVARI(VS) // FEBRV(ARIVS) // MARCI(VS) // APRILIS // MAIVS // IVNI(VS) // IVLI(VS) // AVGVST(VS) // SEPTE(M)B(ER) // OCTOB(ER) // NOVE(M)B(ER) // DECE(M)B(ER)

  2. B

    AQVARI(VS) // PISCES // ARIES // TAVR(VS) // GEMINI // CANCER // LEO // VIRGO // LIBRA // SCORPI(VS) // SAGITA(RIVS) // CA(P)R(I)CORN(VS)

  3. C

    90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 // 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 // 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 // 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90

Übersetzung:

Wassermann. Fische. Widder. Stier. Zwillinge. Krebs. Löwe. Jungfrau. Waage. Skorpion. Schütze. Steinbock. (B)

Kommentar

Die Scheibe des Astrolabiums ist epigraphisch von besonderer Bedeutung, weil sich hier eine frühe Verwendung der arabischen Ziffern in Kombination mit einer voll ausgebildeten Spätform der gotischen Majuskel findet. Die gotische Majuskel zeigt komplett abgeschlossene C und E, A mit breitem Deckbalken und unterschiedlich gestalteten Mittelbalken, die schräg, gebrochen oder auch gerade ausgeführt sind, sowie symmetrisches unziales M mit Abschluss-Strich. Als besondere Formen der arabischen Ziffern finden sich hier die schlingenförmige 4, die linksgewendete 5 mit kleinem am Schaftende angesetzten Bogen und die lambdaförmige 7. Auch wenn die arabischen Ziffern im epigraphischen Kontext erst seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts häufiger auftreten, ist in diesem besonderen Fall eines naturwissenschaftlichen Instruments, das bisher auf das 14. Jahrhundert datiert wird, eine frühere Verwendung der in Handschriften schon seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren arabischen Ziffern durchaus wahrscheinlich.3)

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. I 21 (R.1104).
  2. Zur Verwendung des Astrolabiums vgl. Körner, Leitfaden, S. 167, I 21, sowie Michael, Führer, S. 225, I 21.
  3. Zu der Verwendung arabischer Ziffern im epigraphischen Kontext vgl. Terminologie, S. 84.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 30 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0003004.