Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 100: Stadt Lüneburg (2017)
Nr. 15 St. Nicolai 1371 o. später
Beschreibung
Gedenkstein für Heinrich Viskule (vgl. a. dessen Grabplatte Nr. 18). Der hochrechteckige Stein, zu dem noch ein in der Dasselschen Kapelle in St. Johannis befindlicher Aufsatz gehört, ist heute an der Westwand des südlichen inneren Seitenschiffs angebracht. Der Gedenkstein befand sich ursprünglich an der Mauer eines Hauses Auf dem Meere/Ecke Ohlingerstraße, dem Ort, an dem Heinrich Viskule getötet wurde. Hier ist er zur Zeit Gebhardis in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch bezeugt und wurde 1837 entfernt.1) Dargestellt ist auf dem in St. Nicolai befindlichen Stein der Verstorbene in Rüstung im Halbrelief kniend in einer oben durch einen Spitzbogen abgeschlossenen Nische, vor ihm sein Wappenschild. Die Inschrift A verläuft auf den beiden Langseiten des Steins, die Inschrift B auf einem Schriftband im Innenfeld links neben der Figur, beide Inschriften sind eingehauen. Der Stein weist starke Beschädigungen auf, die Inschrift A ist weitgehend zerstört. Nach Sagittarius wurde der Stein schon im Jahr 1663 renoviert.2)
Der oben in einem Dreipass endende Aufsatz in St. Johannis zeigt eine Kreuzigungsszene mit Maria und Johannes unter dem Kreuz, das von den Evangelistensymbolen umgeben ist. Nach Gebhardi war der Aufsatz – ebenso wie der Hauptteil – ursprünglich farbig gefasst, Reste der Farbfassung sind noch erkennbar. Alle Evangelistensymbole trugen nach Gebhardi ehemals Namensbeischriften auf den Schriftbändern, von denen zu seiner Zeit nur noch die des Markus (C) erkennbar war und von ihm überliefert wird.
Inschrift A ergänzt nach Gebhardi, C nach Gebhardi.
Maße: Stein St. Nicolai: H.: 208 cm; B.: 100 cm; Bu.: 8 cm (A), 5 cm (B).
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, B).
- A
[anno · d(omi)ni · millesimo trecentesimo · septuagesi]moa) · primo · [in · nocte · vndecim · myl]iu(m)b) · virginu(m)3) · hinricus · viscule · hic · abc) ho[stibus est interfectus]
- B
Od) fili dei · miserere · mei ·
- C†
S. MARCVS
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1371 in der Nacht der Elftausend Jungfrauen ist Heinrich Viskule hier von den Feinden getötet worden. (A) O Sohn Gottes, erbarme dich meiner. (B)
Viskule4) |
Textkritischer Apparat
- Der bei Gebhardi überlieferte Text erscheint zu lang für die zerstörte Stelle auf der linken Längsseite. In der Zeichnung Gebhardis ist der untere linke Teil des Steins einschließlich des Wortes tricesimo verdeckt. Gebhardi, der von der Schrift welche ehedem an dem Steine gelesen spricht, zitiert die Inschrift an dieser Stelle offenbar nach einer älteren Überlieferung.
- millium Rümelin.
- ad Rümelin.
- Jesu Büttner.
Anmerkungen
- Gebhardi, Collectanea, Bd. 6, p. 604. Vorübergehend befanden sich beide Teile des Gedenksteins danach im Rathaus; vgl. Albers, Rathaus, S. 13. Volger, Lüneburger Blätter, S. 79 (Neujahrsblatt 1856) beklagt wortreich die geschichtliche Barbarei, mit der im 18. und 19. Jahrhundert mit den Denkmälern der Stadt umgegangen wurde.
- Sagittarius, Historia, fol. 101r. Die Inschriften sind bei Sagittarius nicht wiedergegeben.
- 21. Oktober.
- Wappen Viskule (drei zu einem Wirbel angeordnete Fische mit in der Mitte übereinandergelegten Köpfen). Vgl. Büttner, Genealogiae.
- Schomaker-Chronik, S. 15.
Nachweise
- Gebhardi, Collectanea, Bd. 6, p. 604 (Zeichnung).
- Büttner, Genealogiae, Stammtafel Vischkulen (A, B).
- Michelsen, Cronica, p. 34 (A).
- Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 203 (A, B, nach Gebhardi).
- Volger, Lüneburger Blätter, S. 79 (Lüneburger Neujahrsblatt 1856).
- Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 150 (A, B, nach Gebhardi) u. Abb. 48, S. 149.
- Albers, Rathaus, S. 13.
- Hoffmann, Steinkreuze, S. 43.
- Müller/Baumann, Kreuzsteine, S. 19, 2728.4 mit Abb. (nach Gebhardi).
- Rümelin, St. Nicolai, S. 900 (A, B nach Büttner) (PDF CD).
- Rümelin, Erinnern, S. 67 (B), S. 68 (A).
Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 15 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0001500.
Kommentar
Zu Heinrich III. Viskule vgl. die Grabplatte Nr. 18 für ihn und seine dritte Ehefrau Alheid.
Zu den Geschehnissen der Ursulanacht, den Inschriften und der zeitlichen Einordnung der Gedenksteine vgl. Nr. 13. Heinrich Viskule wurde dem Bericht der Schomaker-Chronik zufolge zunächst gefangengenommen und später an der Stelle getötet, wo man wahrscheinlich noch im 14. Jahrhundert den Gedenkstein aufstellte.5)