Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 46 Ernsthofen, Evangelische Kirche 1463

Beschreibung

Gußjahr und Bibelspruch auf einer Bronzeglocke im Glockenturm. Das Inschriftenband läuft auf der Schulter zwischen doppelten Stegen um. Zudem stehen einander gegenüberliegend zwei Wörter unmittelbar unter dem Untersteg. Als Worttrenner wurden Rosetten sowie Quadrangeln mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen verwendet. Die Glocke trägt keinen weiteren Schmuck.

Maße: H. 64,5, Dm. 63, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. + · An(n)o · d(o)m(in)i · m · cccc · lxiii · Ave · gracia · plena · dum(inu)sa) · tecum1) · // · Ih(esu)sb) · / · mariac) ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1463. Gegrüßt seist du, voll der Gnade, der Herr ist mit dir.

Kommentar

Das versale A ist ein pseudounziales A der gotischen Majuskel. Aus dieser Schriftart ist auch die I-longa abgeleitet, die jedoch auf Minuskelgröße verkleinert wurde. Die entwickelte Minuskel ist im Vierlinienschema ausgeführt.

Der auf der Glocke verwendete Engelsgruß des Lukasevangeliums kommt bereits im 13. Jahrhundert vereinzelt auf Glocken vor. Er wird im 14. Jahrhundert häufiger und erfährt im 15. Jahrhundert bis in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts seine stärkste Ausbreitung. Diese Entwicklung geht mit dem sich im 14. Jahrhundert ausbreitenden Marienkult sowie mit den zunehmenden päpstlichen und synodalen Vorschriften einher, bei bestimmtem Glockenläuten Gebete, vor allem das Ave Maria, zu sprechen.2)

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Das Wort steht direkt unter dem Kreuz.
  3. Das Wort steht unter gracia plena.

Anmerkungen

  1. Lk 1,28.
  2. Vgl. Beissel, Geschichte 195 ff.; Walter, Glockenkunde 174 f. und 254; DI 1 (Main- und Taubergrund) Nr. 452; DI 29 (Worms) Nr. 258; vgl. auch Nr. 3.

Nachweise

  1. Schaefer, Glockeninschriften 487.
  2. Scior, Herren von Wallbrunn 133.
  3. Friedrichs, Kirche 42.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 46 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0004604.