Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 35† Darmstadt, Evangelische Stadtkirche nach 1439, vor 1444?

Beschreibung

Kenotaph (?) der Gräfin Anna von Katzenelnbogen. Das Denkmal befand sich im Chor.

Nach Winkelmann.

  1. Anno domini m cccc xxxxiii crastino beati Martini obiit nobilis comitissa Anna Catzenelnbogen cuius anima requiescat

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1443, am Tag nach dem Fest des heiligen Martin (12. November) starb die edle Gräfin Anna von Katzenelnbogen, deren Seele (in Frieden) ruhen möge.

Kommentar

Die Inschrift birgt einige Probleme. Bei der genannten Anna kann es sich nur um die Tochter Graf Eberhards V. von Katzenelnbogen und der Agnes von Diez handeln. Sie heiratete 1384 Johann IV. von Katzenelnbogen, wodurch die ältere und die jüngere Katzenelnbogische Linie wieder zusammengeführt wurden.1) Anna starb am 27. Oktober 1439 in Darmstadt und wurde im Kloster Eberbach bestattet. Ihre Grabplatte ist verloren, doch ist die Inschrift gut überliefert. Sie nennt als Todesdatum den Tag vor dem Fest Simon und Judas (27. Oktober) 1439.2) Trotzdem unterliegt es keinem Zweifel, daß Winkelmann die von ihm mitgeteilte Inschrift in Darmstadt wirklich gesehen hat, denn für eine Fälschung seinerseits liegt kein Grund vor. Zudem stimmen die Texte der beiden anderen Epitaphien, die er aus der Darmstädter Stadtkirche mitteilt, mit den heute noch vorhandenen Originalen überein.3) Winkelmann war auch die Grabplatte Annas im Kloster Eberbach mit dem Todesjahr 1439 bekannt, weshalb er vermutete, Graf Eberhard V. könne zwei Töchter gleichen Namens gehabt haben.4) Diese Vermutung ist jedoch schon von Wenck zu Recht zurückgewiesen worden.5) Fraglich bleibt somit, wie die Inschrift in Darmstadt zustande kam. Dabei ist zu bedenken, daß Anna und ihr Mann Johann in der Zeit von 1419 bis 1436 nicht weniger als drei Altäre mit entsprechenden Altaristenstellen für die Stadtkirche stifteten.6) Dies deutet auf eine konsequente Förderung ihrer Memoria in Darmstadt hin. Möglicherweise gehörte die Inschrift zu einem Kenotaph, das in Darmstadt an die Stifterin erinnern sollte, die ja auch dort gestorben war. Auftraggeber könnte Graf Johann IV. gewesen sein, der erst 1444 starb. Für eine spätere Herstellung des Denkmals, etwa unter Landgraf Georg I. von Hessen-Darmstadt oder unter seinem Sohn Ludwig V., gibt es keine Anhaltspunkte. Wie das falsche Todesdatum in die Inschrift gelangte, bleibt allerdings ein kaum zu lösendes Problem. Beim Todestag könnte es sich um das Datum eines in Darmstadt für Anna zu feiernden Anniversars handeln, das man irrtümlich für den Todestag einsetzte. Da bei der Jahreszahl eine Fehllesung Winkelmanns wohl auszuschließen ist, kann es sich auch hier nur um einen Irrtum oder einen Steinmetzfehler handeln.

Anmerkungen

  1. Möller, Stammtafeln NF II, Taf. XLIII/XLIV und dazu die Korrekturen in Reg. Katz. I 37 und 45.
  2. Reg. Katz. II Nr. 3926; DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 192.
  3. Vgl. Nr. 247 und Nr. 328.
  4. Winkelmann 90.
  5. Wenck, Hessische Landesgeschichte I 494, Anm. o.
  6. Reg. Katz. II Nrr. 2903, 3306, 3505 und Reg. Katz. III Nr. 6351; vgl. auch Haupt 126.

Nachweise

  1. Winkelmann, Beschreibung 103.
  2. Zehfuß, Alterthümlichkeiten 138.
  3. Müller, Chronik 4.
  4. Haupt, Kdm. 149.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 35† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0003507.