Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 21 Nieder-Beerbach, Evangelische Kirche 1402

Beschreibung

Herstellungsinschrift und Namensansage auf einer Glocke des Vierergeläuts im Glockenturm. Die einzeilige Inschrift läuft zwischen Doppelstegen auf der Schulter um. Als Worttrenner dienen sechsstrahlige Sterne und Quadrangeln mit senkrecht und waagerecht ausgezogenen Zierstrichen. Auf der Flanke sind vier Reliefs angebracht, die je zweimal Maria mit dem Kind und den Gekreuzigten zeigen.

Maße: H. 61, Dm. 80, Bu. 2,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. anno · d(omi)ni · m · ccccii · dye · marie · magdalene · (et)a) · vocor · maria ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1402, am Tag der Maria Magdalena (22. Juli), und Maria werde ich genannt.

Kommentar

Die relativ breiten Minuskelbuchstaben sind im Zweilinienschema ausgeführt worden. Die Inschrift zeigt dasselbe durchstrichene Z-förmige tironische et wie die Pfungstädter Glocke von 1412, die von Gerlach von Frankfurt gegossen wurde.1) Als Worttrenner dienen auf beiden Glocken dieselben sechstrahligen Sterne. Auch zu der ebenfalls von Gerlach gegossenen Weiterstädter Glocke2) ergeben sich Übereinstimmungen. Beide Glocken weisen einen Wechsel von sechsstrahligen Sternen und Quadrangeln bei den Worttrennern, die Einfassung der Inschrift durch Doppelstege sowie ein identisches Relief der Maria mit dem Kind auf. Die Wendung vocor maria ist auf der Pfungstädter und auf der Weiterstädter Glocke zum deutschen maria heyszin ich geworden. Es kann somit kaum Zweifel bestehen, daß die Nieder-Beerbacher Glocke ebenfalls von Gerlach von Frankfurt gegossen wurde.3)

Gerlach war ein Sohn des Henne Glockengießer und der Guda. Er erscheint 1387 im Frankfurter Einwohnerverzeichnis und führte sicher ab 1399 zusammen mit seiner Mutter Guda die väterliche Gießerei. Seine Tätigkeit endete wohl 1421, als ihm ein Teil seines Besitzes gepfändet wurde. Nach 1421 ist Gerlach nicht mehr nachweisbar.4)

Textkritischer Apparat

  1. Z-förmiges tironisches et mit Mittelbalken, von Wörner irrtümlich als Meisterzeichen gedeutet.

Anmerkungen

  1. Vgl. die folgende Nr.
  2. Vgl. Nr. 25.
  3. Zu ihm vgl. ebd.; auch die Bleidenstädter Glocke von 1411 dürfte von Gerlach gegossen worden sein, da sie vergleichbare Buchstabenformen, dasselbe durchstrichene Z-förmige tironische et, den Wechsel von sechsstrahligen Sternen und Quadrangeln bei den Worttrennern sowie ein der Nieder-Beerbacher Glocke vergleichbares Formular aufweist, vgl. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 169.
  4. Bund, Glockengießer 162 f.; zu Gerlachs Eltern vgl. Nr. 18.

Nachweise

  1. Wörner, Glocken-Inschriften Kreis Darmstadt 62.
  2. Walter, Glockenkunde 226 (Übersetzung).

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 21 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0002103.