Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 17 Trebur, Altes Rathaus, Wilhelm-Leuschner-Platz 2. H. 14. Jh.

Beschreibung

Meister- und Herstellungsinschrift auf der Glocke im Dachreiter des alten Rathauses.1) Die Glocke stammt vermutlich aus der Marienkirche in Trebur, die 1599 zum Schulhaus umgewandelt wurde.2) Die Inschrift (A) läuft auf der Schulter zwischen Stegen um. Der Anfang wird durch ein gotisches Tatzenkreuz gekennzeichnet. Auf der Flanke sind zwei identische Kreuzigungsgruppen angebracht, bei denen Maria und Johannes je von zwei Buchstaben flankiert werden (B). Das Kreuz trägt einen Titulus (C). Als Worttrenner dienen Punkte.

Maße: H. 49, Dm. 66,5, Bu. 2,6 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur [1/3]

  1. A

    + ENSELIN · ERENBERG · HAT · MICH · GEGOSSEN

  2. B

    M Y N Ha)

  3. C

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDEORVM)3)

Kommentar

Die Inschrift zeigt eine flächige, gotische Majuskel, deren Bogenschwellungen meist spitz ausgezogen sind. Das A ist pseudounzial, beim unzialen E ist der Ansatzwinkel des Balkens am Bogen ausgerundet, und das kapitale N besitzt eine eingezogene Schräghaste. Unziales E und M sind ebenso wie das kapitale N durch Abschlußstriche völlig geschlossen. Beim L ist der Balkensporn bis zum oberen Sporenansatz der Haste verlängert, und beim runden T ist das Bogenende zur Abschließung bis zum Deckbalken hinaufgezogen. Die Sporen sind meist in Form von beidseitig angesetzten Dreiecken gestaltet, deren Spitzen nach innen weisen. Das Bemühen, möglichst alle Buchstaben völlig abzuschließen, ist bei Glockeninschriften erst ab der Mitte des 14. Jahrhunderts zu beobachten.4) Ebenso sprechen die spitz ausgezogenen Bogenschwellungen und die Form der Sporen für eine Datierung in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts. Der Gießer Enselin Erenberg ließ sich bisher nicht nachweisen.

Textkritischer Apparat

  1. Die Abkürzungen konnten nicht aufgelöst werden.

Anmerkungen

  1. Die Kenntnis der Glocke sowie wesentliche Teile der Lesung der Inschrift verdanke ich Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur.
  2. Handbuch der Diözese Mainz 285.
  3. Nach Joh 19,19.
  4. Vgl. dazu ausführlich den Kommentar zur vorangehenden Nr.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 17 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0001709.