Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 168 Babenhausen, Evangelische Kirche 1538

Beschreibung

Grabplatte des Grafen Philipp III. von Hanau-Lichtenberg. Die Platte aus rotem Sandstein liegt im Chor. Auf ihr sind Metalleisten angebracht, auf denen die in flachem Relief ausgeführte Inschrift umläuft. Die rautenförmigen Worttrenner stehen auf der Grundlinie. In den vier Ecken der Leisten befindet sich je ein Wappen. Die Wappen der mütterlichen Seite sind auf der heraldisch rechten Seite angebracht. In der Mitte des Feldes befindet sich ein Vollwappen aus Metall.

Maße: H. 223, B. 130, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. ANNO M. D. XXXVIII.a) / DEN XV MAII. STARB. DER WOLGEBORN HERR. HERR / PHILIPS GRAVE ZV / HANAW. VND HERR ZV LIECHTENBERG. DEM. G(OTT). G(NAD).

Wappen:
Hanau-Lichtenberg; Isenburg-Büdingen, Nassau; Lichtenberg, Hohenlohe.

Kommentar

Die Buchstaben der Kapitalis sind an klassischen antiken Vorbildern orientiert. A, M, N und V weisen Linksschrägenverstärkung auf, C, D und G zeigen leichte Bogenverstärkungen. Der Mittelteil des M ist bis auf die Grundlinie gezogen, das O ist mit Schattenachsen gebildet, und das R trägt eine stachelförmige Cauda. Auffällig ist die unterschiedliche Proportionierung der Buchstaben. Während C, G und O sehr breit sind, sind die übrigen Buchstaben schmal und gestreckt. Da sich vergleichbare Schriftformen auf Nürnberger Arbeiten dieser Zeit nicht finden, kommt für die Arbeit eher ein Gießer aus dem Rhein-Main-Gebiet in Frage.1) In der Hanauer Marienkirche befinden sich vergleichbare Grabplatten, die für die Familie der Grafen von Hanau-Münzenberg gefertigt wurden. Bekannt ist, daß Philipp III. von Hanau-Münzenberg die heute verlorene Platte für seinen Vater Philipp II. († 1529) von dem Frankfurter Büchsenmeister Conrad Göbel2) fertigen ließ, nachdem er zuvor schon mit dem Büchsenmeister Jakob Otter über den Guß verhandelt hatte.3)

Philipp III. wurde am 18. Oktober 1482 als Sohn Philipps II. von Hanau-Lichtenberg und Annas von Isenburg geboren. Er heiratete 1503 die Markgräfin Sibylla von Baden.4) Um die Einheit der Herrschaft zu sichern, hatte Philipp II. den erstgeborenen Philipp III. zum künftigen Regenten bestimmt. Seine Brüder sollten abgefunden werden und in den geistlichen Stand eintreten. Der zweitgeborene Ludwig fand sich damit jedoch nicht ab und setzte 1513 seinen Anteil an der Herrschaft durch, den er aber nach eineinhalb Jahren wieder aufgab. Da er zudem unverheiratet blieb, wurde die Individualsukzession in der Linie Hanau-Lichtenberg fortgesetzt.5) Im Jahr 1515 trat Philipp als Rat und Diener in die Dienste von Kurfürst Ludwig VI. von der Pfalz.6) Im Jahr 1521 ernannte ihn Kaiser Karl V. zu seinem Rat.7)

Textkritischer Apparat

  1. XXXII Steiner.

Anmerkungen

  1. Freundlicher Hinweis von Herrn Prof. Dr. Peter Zahn, Berlin. Nach ihm sprechen auch Details in Entwurf, Guß und Ausführung der Wappen und des Vollwappens gegen eine Nürnberger Arbeit.
  2. Zu Conrad Göbel vgl. Nr. 173.
  3. Lübbecke, Hanau 112 mit 114, Abb. 69.
  4. Europ. Stammtafeln NF 16, Taf. 161; vgl. zu ihm ausführlich Lehmann 435 – 456; zu Sibylla vgl. Nr. 142.
  5. Lehmann 433 und 442 – 444; Spieß, Familie 224 f.
  6. Lehmann 445.
  7. Lehmann 450.

Nachweise

  1. Blum, Stadtkirche 360.
  2. Steiner, Bachgau III 136.
  3. Lehmann, Hanau-Lichtenberg II 456, Anm. 84.
  4. Müller, Stadtkirche I 16.
  5. Herchenröder, Kdm. 27 mit Abb. 22.
  6. Herchenröder/Rock, Führer 47.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 168 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0016805.