Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 73 Ueberau, Evangelische Kirche 1480

Beschreibung

Grabplatte des Pfarrers Johannes Gotzman. Die Platte aus rotem Sandstein ist heute innen in der Ostwand des Turmuntergeschosses eingemauert. Die Grabinschrift (A) läuft zwischen Linien auf dem Rand um. Als Worttrenner dienen Quadrangeln mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen. Inschrift (B) befindet sich in einer Zeile oben im Feld, in dem in Ritzzeichnung unter einem Kielbogen ein Priester in liturgischem Gewand dargestellt ist, der mit beiden Händen den Kelch vor der Brust hält.

Maße: H. 200, B. 103, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    Anno · d(omi)ni · mo · cccco · lxxxo a) · / In p(ro)festo · natiuitatis · marieb) · obiit · honorabilis · d(omi)n(u)s · / Iohan(n)es · gotzman pastor · / huius · ecclesie · Cuius · a(n)i(m)a · req(ui)escat · in · pace · amen ·

  2. B

    ffidesc) spes Caritas1)

Übersetzung:

(A) Im Jahre des Herrn 1480, am Vortag des Festes der Geburt Mariä (7. September) starb der ehrwürdige Herr Johannes Gotzman, Pfarrer dieser Kirche, dessen Seele in Frieden ruhen möge, Amen. – (B) Glaube, Hoffnung, Nächstenliebe.

Kommentar

In einer zwischen 1441 und 1470 ausgestellten Urkunde wird Johannes Gotzman als Altarist in Reinheim genannt.2) Nach der Inschrift starb er als pastor huius ecclesie, also als Pfarrer von Ueberau. Allerdings ist umstritten, ob zu der 13163) zum erstenmal erwähnten Ueberauer Kirche eine eigene Pfarrei gehörte oder ob sie Filialkirche von Reinheim war.4) Gegen eine eigenständige Pfarrei Ueberau spricht vor allem, daß die Taxenverzeichnisse des Landkapitels Montat von 1401/03 und von 1510 nur einen Reinheimer Pfarrer nennen. In einer 1523 von Landgraf Philipp dem Großmütigen ausgestellten Urkunde wird die Ueberauer Kirche jedoch als Pfarrkirche bezeichnet,5) wozu wiederum die Formulierung der Inschrift pastor huius ecclesie paßt. Hotz versucht, die sich aus diesen Quellen ergebenden Schwierigkeiten dadurch zu lösen, daß er Johannes Gotzman als Reinheimer Pfarrer ansieht und seine Bestattung in Ueberau auf eine besondere Beziehung zu dieser Kirche zurückführt.6) Es ist aber fraglich, ob man ihn in diesem Falle in der Inschrift als pastor huius ecclesie bezeichnet hätte. Ebensowenig lassen sich aus den Bestattungen Rückschlüsse auf den Status der Kirche ziehen, da Ueberau als Filialkirche auch das Recht einer Filialsepultur haben konnte.7)

Textkritischer Apparat

  1. ixx Herchenröder.
  2. in primo Calendis maiu Herchenröder; in pfesto nativitatis marie Hotz; Schaum-Benedum.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Vgl. 1 Kor 13,13; die Inschrift nennt die drei christlichen Grundtugenden.
  2. Hotz, Ueberau 16.
  3. Reg. Katz. 6310; vgl. Demandt, Kirchenorganisation 155.
  4. Von einer Reinheimer Filialkirche gehen Müller, Ortsnamenbuch 709, Hotz, Reinheimer Kirchen 37 f. und vorsichtiger auch Hotz, Ueberau 20 aus, während Herchenröder 286 und Demandt, Kirchenorganisation 145, Nr. 206 und 155, Nr. 246 eine ursprünglich eigenständige Pfarrei annehmen.
  5. Hotz, Ueberau 16 und 20.
  6. Hotz, Ueberau 20; eine Verschleppung der Platte aus der Reinheimer Kirche ist unwahrscheinlich, vgl. ebd.
  7. Lex, Begräbnisrecht 115 f.

Nachweise

  1. Herchenröder, Kdm. 290.
  2. Hotz, Reinheimer Kirchen 31.
  3. Hotz, Ueberau 19.
  4. Schaum-Benedum, Figürliche Grabsteine 206 f.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 73 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0007301.