Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 67 Babenhausen, Evangelische Kirche 1475

Beschreibung

Epitaph des Diether von Hanau-Lichtenberg mit der Darstellung einer ewigen Anbetung. Das Epitaph aus rotem Sandstein ist innen in der Südwand des Chors eingemauert und befindet sich offenbar noch in situ. Es bildet zur rechten Seite hin den Abschluß einer Reihe von vier Epitaphien, die seinen älteren Bruder und seine Eltern zeigen.1) Der Stein gleicht in der Gestaltung einer Grabplatte. Oben links in der Ecke ist der Wappenschild angebracht, oben rechts befinden sich der zugehörige Helm und die Helmzier. Die Inschrift läuft auf dem Rand um und setzt sich im Feld auf einer reliefierten Stufe fort. Die unregelmäßig gesetzten Worttrenner sind Quadrangeln, die teilweise mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen versehen sind. Auf der Stufe kniet nach links gewendet ein Knabe, der mit einem Mantel und Schnabelschuhen bekleidet ist. Seine Hände sind gefaltet. Der Oberkörper ist stark nach rechts gedreht, so daß der Blick mehr auf den Betrachter als auf den Altar oder das Sakramentshäuschen gerichtet ist.

Maße: H. 116, B. 75, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A(nn)oa) / do(mini)a) · mo cccco lxxiv q(ui)nta p(ro)x(ima) p(ost) mat/hie · ap(osto)lib) · ob(ii)tc) · nobil(is) / dietther(us) · fili(us) g(e)n(er)osi · philippi // comit(is) · in ha=/na=/we · senior(is) e(ius)d)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1474, am Donnerstag, der auf das Fest des Apostels Matthias folgt (3. März), starb der vornehme Diether, Sohn seines Vaters, des edlen Philipp, Grafen in Hanau.

Wappen:
Hanau.

Kommentar

Die komplizierte Angabe des Tagesdatums erfolgte, weil das Fest des Apostels Matthias 1474 auf einem Donnerstag lag. Als Diether am darauffolgenden Donnerstag starb, wollte man einen Bezug zu dem hohen Festtag herstellen und wählte deshalb die umständliche Formulierung. Sie findet sich auch auf Diethers Grabplatte und wurde von dort übernommen.2) Dies geht daraus hervor, daß das Epitaph für Diether wie die Grabplatte eine lateinische Inschrift trägt, während die Texte der drei Epitaphien für seine Eltern und seinen Bruder in Deutsch abgefaßt sind. Die Übernahme des Inschriftentextes von der Grabplatte läßt sich auch beim Epitaph des Johannes von Hanau († 1473) beobachten.3)

Diether ist realistisch als Kind dargestellt und nicht wie im 15. Jahrhundert vielfach üblich als kleiner Erwachsener in Ritterrüstung.4) Dies paßt zu der ebenfalls ungewöhnlichen Darstellung seines Vaters Philipp und seines Bruders Johannes.

Textkritischer Apparat

  1. o klein und hochgestellt.
  2. lxxiii q(ui)nta p tpq mathie Apli Blum; lxxiii quta p tpq mathie Steiner; lxxiii q(ui)nta post st(us) mathie apte Herchenröder; lxxiv quta pxp S mathie apli Herchenröder/Rock; lxxiii q(ui)nta post sto mathie apte Schaum-Benedum.
  3. t klein und hochgestellt.
  4. ce maior quati Herchenröder, Schaum-Benedum; semorsc Herchenröder/Rock.

Anmerkungen

  1. Vgl. die Nrr. 64, 65, 66.
  2. Vgl. Nr. 62.
  3. Vgl. Nr. 59 und die vorangehende Nr.
  4. Vgl. Valentinitsch, Aussage 283; DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 130 mit Abb. 68.

Nachweise

  1. Blum, Stadtkirche 359.
  2. Steiner, Bachgau III 136.
  3. Herchenröder, Kdm. 27.
  4. Herchenröder/Rock, Führer 51.
  5. Schaum-Benedum, Figürliche Grabsteine 146 f.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 67 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0006709.