Die Inschriften der Stadt Darmstadt und der Landkreise Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau

6. NICHT AUFGENOMMENE INSCHRIFTEN

Nicht alle vor 1650 entstandenen Inschriften des Bearbeitungsgebiets wurden aufgenommen. Grundsätzlich ausgeschlossen blieben reproduzierte Inschriften, etwa auf Siegeln, Medaillons, Bucheinbänden und Ofenplatten, die definitionsgemäß nicht unter die aufzunehmenden Inschriften fallen.238) Nicht erfaßt wurden zudem alle Inschriften, die in Kapitel 1. dieser Einleitung benannt sind.239)

Extrem zerstörte Inschriften, deren Vorhandensein zwar noch festgestellt, deren Buchstabenreste aber nicht mehr gedeutet werden konnten, wurden ebenfalls nicht aufgenommen. Hier ist die wohl aus dem 15. Jahrhundert stammende Wandmalereiinschrift auf der Langhausnordwand der Babenhausener Kirche zu nennen. Rechts neben der Kreuzigungsdarstellung sind eine aufgespannte Kuhhaut, ein Priester auf der Kanzel sowie mehrere unaufmerksame Frauen zu sehen, von denen eine vom Teufel geholt wird.240) Auf der Kuhhaut befindet sich eine Inschrift in gotischen Minuskeln, die bis zur Unkenntlichkeit verblaßt sind. Die Inschrift dürfte die Vergehen der Frauen festgehalten haben, wie es bei diesen Darstellungen üblich ist.241)

In der Evangelischen Kirche zu Seeheim ist auf der Chornordwand die Darstellung eines Heiligen angebracht, der ein Schriftband hält.242) Die vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammende Inschrift in gotischen Minuskeln läßt sich heute nicht mehr entziffern. [Druckseite XLV]

Ein besonderes Problem bildet eine Inschrift in der Evangelischen Kirche von Groß-Umstadt, die sich über der Tür zur Sakristei befindet.243) Die in gotischer Majuskel ausgeführte Inschrift EGO SVM ALPHA befindet sich auf später aufgetragenem Putz und ist möglicherweise die Zutat einer Restaurierung.

Nicht aufgenommen wurde zudem ein angeblicher Grenzstein, der sich bis vor kurzem als Leihgabe des Museums Wiesbaden (Sammlung Nassauischer Altertümer, Inv.-Nr. 2986) im Museum Rüsselsheim befand, und mittlerweile nach Wiesbaden zurückgegeben wurde. Nach der Lesung von Heubach handelte es sich um einen Grenzstein aus dem Jahr 1360, der eine zwischen Kronberg und Mainz strittige Grenze bei Rüsselsheim festlegte.244) Die Autopsie durch den Bearbeiter ergab jedoch, daß es sich um die Bauinschrift für einen Brunnen handelt, den der Mainzer Erzbischof Johann von Nassau 1409 anlegen ließ.245)

Bei undatierten Inschriften wurde grundsätzlich geprüft, ob sie noch in den Bearbeitungszeitraum gehören. Über die nicht aufgenommenen undatierten Inschriften wird ein kurzer Überblick (6.1.) gegeben, um dem Benutzer anzuzeigen, daß der Bearbeiter sie bewußt ausgeschlossen hat. Eine Vollständigkeit der Liste wurde nicht angestrebt. Auch ausschließlich nichtoriginal überlieferte Jahreszahlen blieben von der Aufnahme in den Katalog ausgeschlossen. Sie wurden aber in der Regel in den Fußnoten der Sammelnummern für Jahreszahlen vermerkt. Die Jahreszahlen, die dort nicht berücksichtigt werden konnten, sind im Kapitel 6.2. verzeichnet.

6.1. Inschriften außerhalb des Bearbeitungszeitraums

In der Evangelischen Kirche von Babenhausen liegt im nördlichen Seitenschiff die stark abgetretene Platte der 1698 verstorbenen Walburg Sophie von Schlewitz. Die Platte kann durch den Vergleich der erhaltenen Textreste mit der bei Steiner246) überlieferten Grabinschrift eindeutig zugeordnet werden. Ebenfalls im nördlichen Seitenschiff befindet sich die Grabplatte des Johann Reinhard von Kuck.247) Das Datum ist durch die starke Abtretung der Platte unkenntlich geworden. Während die verwendete Kapitalis im ganzen 17. Jahrhundert möglich ist, spricht die Rahmung der Inschriftentafel für ihre Entstehung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.248)

An der Wand des südlichen Seitenschiffs befand sich unter einer Pieta die heute verlorene Inschrift SPES SERVAT, die laut Herchenröder „in Antiquamajuskeln” ausgeführt war.249) Herchenröder verwendet diesen Ausdruck stets für Kapitalisinschriften. Die Inschrift wurde also auf jeden Fall wesentlich später als die vermutlich um 1480 entstandene Wandmalerei ausgeführt. Vermutlich handelt es sich um eine Zutat aus dem späten 17. oder dem 18. Jahrhundert.

Im Bauhof der Stadt Babenhausen liegt das Fragment der Grabplatte einer unbekannten Frau, das vermutlich aus der Babenhausener Kirche stammt. Das Fragment ist von einem Blattfries eingefaßt, dessen Form eine Entstehung im späten 17. oder im 18. Jahrhundert nahelegt.250)

In der Evangelischen Kirche von Nieder-Ramstadt ist an der Chornordwand ein Denkmal mit einer stark verwitterten Inschrift angebracht, die vermutlich aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt. Das Denkmal zeigt den Gekreuzigten, über dem sich ein geflügelter Puttenkopf und Fruchtgehänge befinden. [Druckseite XLVI]

In Rodau hängt im Turm des Feuerwehrhauses (Hauptstraße 20) eine Glocke, die sich früher im Dachreiter des Schulhauses befand und laut Max Herchenröder von 1516 stammt.251) Bei der Autopsie der Glocke wurde jedoch festgestellt, daß die Jahreszahl 1659 lautet.252)

Im Evangelischen Pfarramt Schaafheim wird ein Kelch aufbewahrt, der auf der Unterseite des Fußes die Stiftungsinschrift ANNA VON RIEDERN 1507 trägt. Die Inschrift stammt aber von 1726, da ihre Buchstabenformen mit jenen der ebenfalls auf der Unterseite des Fußes vorhandenen Renovierungsinschrift von 1726 identisch sind.253)

In Trebur sind drei Fragmente einer Grabplatte aus der Pfarrkirche in der Südostecke der Kirchhofsmauer verbaut. Zusammengefügt ergeben die Steine den Text von Psalm 103, 15 f.254) Die verwendeten Buchstabenformen weisen auf eine Entstehung der Inschrift in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hin.

6.2. Jahreszahlen

Jahreszahlen und Jahreszahlen mit Initialen, die nicht in Verbindung zu einer Inschrift stehen, wurden nur aufgenommen, wenn sie autopsiert werden konnten. Ausschließlich nichtoriginal überlieferte Jahreszahlen wurden grundsätzlich nicht aufgenommen. Bei dem Vergleich erhaltener Jahreszahlen mit der nichtoriginalen Überlieferung zeigte sich nämlich, daß die Angaben der Gewährsmänner häufig unzuverlässig sind.255) Derselbe Befund hatte sich auch bei der Bearbeitung des Landkreises Bergstraße ergeben. Im folgenden sind jene nichtoriginal überlieferten Jahreszahlen verzeichnet, die verloren oder nicht autopsierbar sind und die nicht in die Anmerkungen der Sammelnummern für Jahreszahlen im Katalog aufgenommen werden konnten:

In Alsbach waren am Haus Kirchgasse 31 die Jahreszahl 1611 sowie die Jahreszahl 1611 mit den in einem Schild befindlichen Initialen JB VA PZ A angebracht.256)

In Groß-Bieberau trug das heutige Anwesen Marktstraße 33 die Inschrift A(NN)O 1632 und das Haus Lichtenberger Str. 2 die Jahreszahl 1618.257)

Im Chor der Darmstädter Stadtkirche befand sich ein Schlußstein mit dem hessischen Wappen, der nach Winkelmann die Jahreszahl mcccccxii,258) nach Buchner und Strecker die Jahreszahl mccccxii259) und nach Walther die Zahl mccccc trug.260) Im Jahr 1822 konnte Zehfuß von der in gotischer Minuskel geschriebenen Zahl nur noch acht Hasten erkennen und wollte sich deshalb auf keine Lesung festlegen.261) Denselben Zustand sah auch Haupt, der die sichtbaren Hasten als mccccx deutete. Er ging jedoch davon aus, daß ursprünglich wohl die von Winkelmann gelesene Jahreszahl auf dem Stein gestanden habe, die durch Übermalungen verändert worden sei.262)

Für die Stadt Darmstadt ist am Haus Kleine Kaplaneigasse 4 BS 1559, am Haus Schloßgasse 12 1595 und im Schlußstein der Durchfahrt des Anwesens Kirchstraße 5 IMD 1616 MD überliefert.263) Ferner befand sich im Stadtmuseum ein Portalgewände mit 1612 ITC, das vom Haus Schustergasse [Druckseite XLVII] 7 stammte. Am Alten Fürstenhof war an der Marktfront ein Medaillon mit der Jahreszahl 1621 angebracht, das Haus Langgasse 29 trug die Jahreszahl 1623, und in der Mauerstraße 17 befand sich am sogenannten Achteckigen Haus die Jahreszahl 1636 im Türsturz.264)

In Ernsthofen soll im Herrenhaus der ehemaligen Wasserburg die Jahreszahl 1592 angebracht sein, doch war das Haus dem Bearbeiter nicht zugänglich.265)

In Groß-Gerau war ein Gewölbeschlußstein der Evangelischen Kirche mit der Jahreszahl 1490 versehen.266)

In Jugenheim befand sich am Kellerhals der ehemaligen Erbachischen Kellerei die heute nicht mehr vorhandene Jahreszahl 1584.267)

Der Schrautenbachsche Hof in Rodau trug die Jahreszahl 1620.268)

In Schaafheim war im Anwesen Mühlgasse 11 am Stallgebäude das Scheitelstück eines Bogens mit Wappen und der Jahreszahl M • VcX (d. h. 1510) vermauert. In der Gartenmauer eines weiteren Anwesens (ehem. Hofreite Nr. 113) war im Scheitel der Spitzbogentür die Jahreszahl A(NNO) 1545 angebracht.269)

Zitationshinweis:

DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Sebastian Scholz), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06e001.

  1. Vgl. Kloos, Einführung 2 f.; hierzu gehört auch die auf einem Bartmannkrug im Museum Rüsselsheim vorhandene Spruchinschrift: HAF GOT FVR DEINEN AVGENDEN HAF GOT FVR DEINEN AVGENDEN, die sich in dieser Form auf zahlreichen gleichartigen Krügen findet. »
  2. Für die Inschriften aus der zweiten Hälfte des 17. und des 18. Jahrhunderts sei hier auf die Editionen in den Kunstdenkmalinventaren verwiesen. Für Groß-Umstadt sind die Inschriften der evangelischen Kirche für diesen Zeitraum ediert bei Scholz, Inschriften passim. Für die Kirche von Altheim sei auf die reich bebilderte Arbeit von Bender, Der alte Kirchhof 47–105 verwiesen. »
  3. Die Identifizierung der Szene verdanke ich Frau Susanne Kern, Bodenheim; Herchenröder, Kdm. 19 sah hier die Meerfahrt der hl. Magdalena. »
  4. Vgl. etwa Lanc, Mittelalterliche Wandmalereien 274; DI 37 (Rems-Murr-Kreis) Nr. 11; vgl. auch Boockmann, Stadt 202 f., Nr. 314 sowie allgemein Gebet, schlechtes, in LCI 2 (1970) 84 f. »
  5. Vgl. Kunz, Seeheim 16 f. mit Abb. »
  6. Sommer, Vom späten 15. zum 20. Jahrhundert 41, Abb. »
  7. Heubach, Grenzstein 51 f. »
  8. Die teilweise stark zerstörte Inschrift lautet: anno d(omi)ni / m [cc]cc ix [.. / .] Reue(ren)d(us) [. . .] / in chr(ist)o / et d(omi)n(u)s d(omi)n(u)s / iohanes de / Nassaw / arch(i)ep(iscopu)s / moguntin(ensis) / fontem / pute(u)m / [m]o(n)zmari / fec(i)t; entscheidende Hinweise zur Lesung verdanke ich Herrn Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz; die Lesung des vorletzten Wortes ist nicht eindeutig; eine kritische Edition des Textes erfolgt demnächst im DI Wiesbaden (in Vorbereitung). »
  9. Steiner, Bachgau III 203. »
  10. Der Text lautet: ANNO D[OMINI . . . S]TARB ZW/ISCH[EN . . .]TRENG HERR IOH/AN REINHARD VON KVCK SEINES ALTERS / 50 IAHR VND 6 WOCHEN GOTT SEY IHM G[NE]DIG AME[N]; möglicherweise ist der Verstorbene mit dem im Kirchenbuch genannten Johann Reinhard Kuck identisch, dem um 1651 eine Tochter geboren wurde, freundlicher Hinweis von Frau Ria Fischer, Babenhausen. »
  11. Eine vergleichbare Rahmung zeigen die Grabplatte der 1667 verstorbenen Elisabeth Reinfort an der Kirche in Lengfeld sowie zwei Platten in Goddelau von 1666 und 1702. »
  12. Herchenröder, Kdm. 20; Herchenröder/Rock, Führer 22. »
  13. Zu lesen ist lediglich noch: A[VC]H WARD HIER B[EGRABEN . . .] / DIE[.......]EV HOCHW[. . .] / FR[. . . / . . .] / SIE [....] GE[. . .] / IHR TOD E[. . .]»
  14. Herchenröder, Kdm. 262. »
  15. Auf der Schulter steht: EX HOC NVNC ET VSQVE IN SECVL(VM) SIT NOMEN DOMINI BENEDICTVM // 1659. Der Text lautet übersetzt: Von jetzt an bis in Ewigkeit sei der Name des Herrn gepriesen. Es handelt sich um eine Paraphrase von Ps 71,17, vgl. auch Tob 2,23. Auf der Flanke befindet sich eine weitere Inschrift: D I GOTH KONIG P M / L L STVDI V ASSENH / M G FINK L P / I C WAGN SCH»
  16. Vgl. auch Herchenröder, Kdm. 271; ob es sich bei der Inschrift um die Wiederholung einer alten Inschrift handelt, ließ sich nicht klären. »
  17. Der Text lautet: PSALM CIII / V(ERSUS) 15 16 / [EIN] MENSCH IST IN SE[I]/NEM LE[BEN] WIE GRA[S] / ER BLUH[ET WIE EINE] / BLUME AUF [DEM FELDE] / WANN DER W[IND DARUBER] / GEHET SO [. . .]. Die Kenntnis des Steins verdanke ich dem freundlichen Hinweis von Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur. »
  18. Vgl. dazu z. B. Nrr. 23, 97, 113, 137, Anm. 5, Nr. 190»
  19. Dammann, Kdm. 22. »
  20. Herchenröder, Kdm. 112. »
  21. Winkelmann, Beschreibung 103. »
  22. Vgl. dazu Haupt, Kdm. 125. »
  23. Walther, Darmstadt 247 f., Anm. »
  24. Zehfuß, Alterthümlichkeiten 137: „Da aber ausser den drei Strichen, die denn von den anderen ziemlich abgeteilt sind, und wahrscheinlich M oder mille bedeuten sollen, die folgenden fünf beinahe ebenso perpendiculär herunterlaufen, so muß ich offen gestehen, daß es mir schwerhält, (wenn ich anders richtig gesehen habe) weder die Jahreszahl 1412 noch 1512 darin zu erkennen”. »
  25. Haupt, Kdm. 125 mit Abb. 212. »
  26. Haupt, Kdm. 49, 56, 51. »
  27. Haupt, Kdm. 58, 230, 52, 280. »
  28. Dehio, Hessen 215. »
  29. Dehio, Hessen 358. »
  30. Dammann, Kdm. 157. »
  31. Herchenröder, Kdm. 262. »
  32. Herchenröder, Kdm. 270. »