Inschriftenkatalog: Die textilen Inschriften der Stadt Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 6: Stadt Bamberg (Textilien) (2015)

Nr. 13 Bamberg, Historisches Museum (Depot) 1600

Beschreibung

Gemalte Bildbeischrift auf einem querrechteckigen Fürhangtuch im Depot des Historischen Museums Bamberg (Inv. Nr. HVB Rep. 21, Nr. 509), aus der ehemaligen Veitspfarrei am Bamberger Dom, neuzeitlich auf Keilrahmen montiert.

Unter einem geschwungenen Schriftband stehen der Hl. Kaiser Heinrich II. und seine Gattin, die Hl. Kunigunde. Sie halten in ihrer Mitte ein Dommodell, bei dem das verlorene Reiterhäuschen zu sehen ist, und in der jeweils anderen Hand ein Zepter. In der Mitte sitzt unbekleidet der Hl. Vitus (Veit) in einem kupfernen Ölkessel. Darüber und zu beiden Seiten, zu Füßen des Hl. Kaiserpaares, je ein Wappenschild.

Das Tuch zeigt Spuren von Überarbeitungen, Farbabrieb sowie gefestigte Risse bzw. Schnitte. Es ist allseitig beschnitten, links um etwa 20 cm.

Maße: H. 203 cm, B. 235,5 cm, Bu. 4,2-5,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Historischer Verein Bamberg, Rep. 21, Nr. 509. [1/1]

  1. Diser Furhanga) gehöṛẹṭ / in die Pfahrrb) zu / Sanct Veit / im Thumstiffta) . / [16]00.

Wappen:
In der Mitte Bischofswappen Johann Philipp von Gebsattel (1599-1609)1), heraldisch rechts Heinrich II. (1002-1024, vor 1002 Herzog von Bayern)2), heraldisch links Pfalz-Bayern.

Kommentar

Dieses älteste erhaltene Bamberger Fürhangtuch ist auf braunem Leinengrund, der aus drei vertikalen Bahnen besteht, öl-harzgebunden ohne Grundierung gemalt3). Die Buchstaben sind in Schwarz auf dem hellen Grund des Schriftbands mit dem Pinsel ausgeführt. Dies wird besonders bei Schwüngen deutlich, die in einzelne Pinselhaarstriche auslaufen. Die Buchstaben sind bis auf wenige Ausnahmen sehr einheitlich und für die Zeit typisch gestaltet, nur das zweite g hat einen geschwungenen mittleren Abschnitt sowie einen spitz gebrochenen unteren Abschnitt des oberen Bogens. Der untere Bogen ist geschwungen. Über dem Buchstaben u befindet sich meist ein diakritisches Zeichen, wobei das erste bei Furhang aufgrund seiner etwas anderen Farbigkeit eine spätere Überarbeitung sein könnte. Das diakritische Zeichen bei Thumstifft ist gebrochen.

Laut Jahresrechnung von 1599/1600 beteiligte sich die 1442 erstmals genannte Veitsbruderschaft mit 1 ½ fl für ein Lainentuch zu einem … Laich: und fürhengtuch und 5 fl von dem Laichtuch zu machen. Außerdem wurde dem namentlich nicht genannten Maler ½ fl. Trinkgeld gezahlt4). Die Frage, ob Bischof Johann Philipp von Gebsattel durch finanzielle Beteiligung als Stifter zu gelten hat oder ob das Führhangtuch nur in seiner Regierungszeit entstanden ist, muss offen bleiben. In den Domkustoreirechnungen von 1601/025) findet sich allerdings der Hinweis, dass am 23. Juli 8 fl. obgemelten Meister Conradten Malern von einem newen Leichtuch zu mahlen ausbezahlt wurden. Bei dem genannten Maler handelt es sich um den Hofmaler von Bischof Johann Philipp von Gebsattel, Georg Conrad6). Ob diese Quelle tatsächlich auf das erhaltenen Fürhangtuch zu beziehen und Georg Conrad damit als Maler anzusprechen ist, bedarf weiterer Klärung.

Das Fürhangtuch wurde für die bis 1806 existierende Veitspfarrei des Dombezirks angefertigt. Diese kleine Stiftspfarrei betreute seelsorgerisch die Laien, vornehmlich die Bediensteten des fürstbischöflichen Hofs und der Domherren, und zeitweilig auch die Kleriker niederer Weihen.

Textkritischer Apparat

  1. Über dem u ein diakritisches Zeichen.
  2. Zweites r Bogen-r.

Anmerkungen

  1. Quadriert. 1/4 Hochstift Bamberg, 2/3 Gebsattel. Bi 72.
  2. Quadriert. 1/4 Hl. Röm. Reich, 2/3 Bayern.
  3. Der Leinengrund in Leinwandbindung (Kette: Leinen, z-gedreht, 9-10 F/cm; Schuss: z-gedreht, 8 F/cm) ist zusammengesetzt aus drei Bahnen zu 84, 105 und 48 cm. Eine erste Restaurierung kann nicht zugeordnet werden, eine zweite erfolgte 2003 durch Jutta Minor (Forchheim). An dieser Stelle ist Frau Sibylle Ruß (Bamberg) für die kollegiale Zusammenarbeit zu danken.
  4. StA Ba Rep. A 232/2, Nr. 21099.
  5. StA Ba Rep. A 232/2, Nr. 13701.
  6. Jäck, Zweites Pantheon 22-23.

Nachweise

  1. Braun, Fahnen 12; Symbol 44-45; Scharrer, Laienbruderschaften 232; Ruß, Fürhangtuch 23-26.

Zitierhinweis:
DIO 6, Stadt Bamberg (Textilien), Nr. 13 (Tanja Kohwagner-Nikolai), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio006m002k0001306.