Inschriftenkatalog: Die textilen Inschriften der Stadt Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 6: Stadt Bamberg (Textilien) (2015)

Nr. 11 Bamberg, Diözesanmuseum 1. Hälfte 16. Jh.

Beschreibung

Gestickte Initialen auf der Rückseite der sog. Festtagskrone der Hl. Kunigunde im Depot des Diözesanmuseums (ohne Inv. Nr.). Im Zuge der Säkularisation kam sie 1803 aus Kloster St. Michael in den Domschatz.

Die Krone stellt sich heute als unförmiges Konglomerat verschiedener textiler und metallener Materialien dar. Nur mehr sehr geringe Reste der ursprünglichen Verzierung aus Perlen, gefassten Edelsteinen und wohl einer applizierten Kreuzigungsgruppe sind erhalten. Das Grundgerüst besteht aus drei mit Papier und Leinengewebe überzogenen Messingringen, die mit senkrechten Eisendrähten verbunden sind. Darüber bildet eine auf Leinen gearbeitete Goldstickerei die leicht nach oben ausgestellte Krone und damit den Träger für die ehemaligen Verzierungen1). Die Naht verläuft vertikal in der hinteren Mitte. Zu beiden Seiten sind die Initialen angebracht. Heute erscheinen die Buchstaben nur mehr in ihrer Unterfütterung aus Leinenfäden, die ursprünglich – wie noch eine verbleibende Flussperle belegt – mit Perlen überstickt waren.

Spuren von Überarbeitungen des 18. Jahrhunderts.

Maße: H. (Krone) 15-16 cm, Bu. ca. 1,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Bamberg, Diözesanmuseum (Sybille Ruß) [1/1]

  1. A // Wa)

Kommentar

A hat einen nach beiden Seiten ausgreifenden Deckbalken, wobei die Unterfüllung rechts etwas weniger ausgeprägt scheint. W ist aus zwei verschränkten V gebildet. Inwieweit die ursprüngliche Überstickung mit Perlen das Erscheinungsbild veränderte, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Die Buchstaben geben in ihrer Gestaltung wenig Anhaltspunkte für eine Datierung. Sie sind eher als Initialen eines Stifters als des Herstellers zu interpretieren. In Frage kämen die Michaelsberger Äbte Wolfgang I. Prächtlein (1502-1505) und Wolfgang II. Zenk (1549-1564).

Beide Zuordnungen würden dem bisherigen Datierungsansatz widersprechen, der die Krone im 3. Viertel des 15. Jahrhunderts als Krone einer Marienfigur in der vom Michaelsberger Kloster betreuten Kapelle St. Getraud in der Theuerstadt sieht2). Ob sich die dieser These zugrundeliegende Quelle aus dem Jahr 1484 tatsächlich auf die Kunigundenkrone bezieht3), ist aufgrund der dortigen Bezeichnung perlen krantz nicht zweifelsfrei zu klären4). 1668 erwähnen die Bollandisten in St. Michael zwei Kronen der Hl. Kunigunde5). Eine Abbildung der Corona imperatricis in sole(m)nibus zusammen mit einer Corona imperatricis quotidiana von 17186) wurde bislang als das Erscheinungsbild der Krone interpretiert, wobei der obere Randabschluss dort als tropfenförmige Perlenaufsätze wiedergegeben wird, während der heutige Befund zeigt, dass die 32 Zacken abwechselnd mit lilienförmige Blätter und einem Aufbau aus Kugeln besetzt sind. Den oberen Abschluss bildet jeweils ein fest aufgerolltes, zylinderförmiges Bortenstück, an denen sich noch rudimentäre Reste von Korallenperlen finden7).

1803 kam die Krone zusammen mit den Schädeln der Hll. Lukas, Nonnosus und dem einer Jungfrau aus dem Gefolge der Hl. Ursula in den verbliebenen Domschatz und so schließlich in das spätere Diözesanmuseum8). Erst in den 1980er Jahren wurde die sog. Festtagskrone der Hl. Kunigunde9) mit der erhaltenen Michelsberger Textilkrone gleichgesetzt. Inwieweit die unterschiedlichen oberen Abschlüsse diese Identifizierung stützen, bedarf weiterer Klärung.

Im Vergleich mit anderen erhaltenen Skulpturenkronen spricht der Durchmesser der sog. Festtagskrone der Hl. Kunigunde dafür, dass sie ursprünglich für eine eher kleine Skulptur gedacht war10). Inwiefern die Krone für ein Schädelreliquiar gedient haben kann, muss ebenfalls weiter untersucht werden.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrochen von der Naht.

Anmerkungen

  1. Zur Technik vgl. Ruß, Festtagskrone I 89.
  2. Baumgärtel, Krone 22; dies., Michelsberger Kunigundenkrone 303f.; Kdm NF OF V, III, 4 (Immunitäten Bergstadt 4) 290.
  3. Baumgärtel, Krone 23f.; dies., Michelsberger Kunigundenkrone 304.
  4. Ruß, Festtagskrone II 601-603. An dieser Stelle ist Frau Sibylle Ruß (Bamberg) für die kollegiale Zusammenarbeit zu danken.
  5. ActaSS Martii I 271.
  6. Ludewig, Scriptores, vor 9.
  7. Ruß, Festtagskrone I 90.
  8. Ruß, Festtagskrone II 601-603.
  9. Literatur zur Festtagskrone der Hl. Kunigunde gemäß der Überlieferung durch den Stich (ohne Verbindung zu erhaltenen Textilkrone) siehe Kdm NF OF V, III, 4 (Immunitäten Bergstadt 4) 290.
  10. Klack-Eitzen, Röcke 21f.

Nachweise

  1. Baumgärtel, Michelsberger Kunigundenkrone 304; Ruß, Festtagskrone I 89-90; Ruß, Festtagskrone II 601-603.

Zitierhinweis:
DIO 6, Stadt Bamberg (Textilien), Nr. 11 (Tanja Kohwagner-Nikolai), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio006m002k0001108.