Inschriftenkatalog: Die textilen Inschriften der Stadt Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 6: Stadt Bamberg (Textilien) (2015)

Nr. 2 Bamberg, Diözesanmuseum vor 1196

Beschreibung

Eingewebte Beischriften auf brettchengewebten Goldbortenfragmenten mit ehemals wohl roten, heute stark verblassten Inschriften im Depot des Diözesanmuseums Bamberg (Inv. Nr. 2728/3-42). Sie wurden 1933 zusammen mit weiteren Textilien aus dem Grab Bischof Ottos II. († 1196, Nr. 1) geborgen1).

Die Borte ist in acht Fragmenten erhalten (I-VIII), wobei drei Fragmente nicht auffindbar sind (VI – VIII)2). Teile sind auf einem Kissen befestigt3).

Maße: H. (I-VIII) 1,1 cm, L. (I) 39-40,2 cm, L. (II) 13,4-15 cm, L. (III) 27,7 cm, L. (IV) 8 cm, L. (V) 3,4 cm4), Bu. 0,7 cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

© BLfD [1/1]

Text (VI-VIII) nach Foto BLfD, Positivarchiv Neg. Nr. 75 (Aufnahme vor der Restaurierung der 1950er Jahre).

  1. I.

    · FRONTE · COARTATUR · VIRa) · UT · VNIỤS · [Ṃ---]

  2. II.

    [---] VENIATVR · · I[---]b)

  3. III.

    · UESTE · SVB · HACc) · PLURA · SVṆ[---]

  4. IV.

    [---] PVLUEREd) ·

  5. V.

    [---]ḶOe) ·[---]

  6. VI.

    [---] TOTUM · TEGITVR · QVO· CRISMATẸ[---]

  7. VII.

    [---] VIRTUTVM · CUSTODE · SCIAT · · FORE · TVTVM ·

  8. VIII.

    [---]T · PONTIFICALIA · IVRA ·

Kommentar

Die Kanten der Borte sind beiderseits als rote Linien gestaltet, die den Goldgrund abgrenzen. Die Buchstaben stehen parallel dazu zwischen diesen Linien mit einem etwas größeren Abstand nach oben. Es handelt sich um eine Romanische Majuskel mit fast ausschließlich kapitalem Buchstaben, wobei F und E sowohl in der kapitalen wie unzialen Form vorkommen. Das runde E ist durch Sporen annähernd geschlossen, während das C stets offen ist. Das H wurde unzial gebildet. G ist stark eingerollt. Das A ist als kapitales A mit Deckbalken und breiterem, rechten Schrägschaft gebildet, wohingegen bei V der linke Schrägschaft kräftiger gearbeitet ist. B, D, P und R zeigen leicht „aufgeblähte“ Bögen. Q besitzt eine eingestellte Cauda. Alle Buchstaben besitzen Sporen, bei den Rundungen sind Bogenschwellungen erkennbar. Diese Borten stehen in einem unmittelbaren Werkstattzusammenhang mit den ebenfalls im Grab Ottos II. gefundenen Bortenfragmenten an den Pontifikalschuhen (Nr. 1).

Wie die Aufnahmen des BLfD im Vergleich mit der heutigen Anbringung der Borten zeigen, befinden sich die Fragmente nicht mehr in der ursprünglichen Anordnung. Darüber hinaus ist aufgrund der erheblichen Fehlstellen und der daraus zu rekonstruierenden beträchtlichen Bortenlänge anzunehmen, dass wohl nicht alle Fragmente ursprünglich an der Kissenhülle befestigt waren, wenn sie überhaupt mit dem Kissen in Zusammenhang stehen5). Die Inhalte der Texte, soweit der rudimentäre Erhaltungszustand überhaupt Schlüsse erlaubt, lassen sich im Vergleich mit den Inschriften an den Pontifikalschuhen eventuell als Erläuterungen zur Bedeutung der pontifikalen Kleidung oder Zusammenfassungen der Gebetstexte interpretieren, die beim Anlegen des Ornats gesprochen wurden.

Textkritischer Apparat

  1. Ab VIR auf dem Kissen befestigt. Nicht auf den Fotos des BLfD, Positivarchiv Neg. Nr. 75 (dort ohne I, 2 und II) bzw. Inv. Nr. 01025858 (dort ohne I, 2, II und VI).
  2. Auf dem Kissen befestigt. Nicht auf den Fotos des BLfD.
  3. Minuskel H.
  4. Das erste E rund.
  5. L könnte auch I sein; die Leserichtung aufgrund des größeren Abstands der Buchstaben nach oben sicher.

Anmerkungen

  1. AEB Rep. 2, Nr. 2312/6. Laut Protokoll der Öffnung vom 29. November 1933 befand sich die Bestattung bei der Verlegung der Tumba Bischof Ottos II. in die Ostkrypta nicht mehr in ursprünglicher Lage. Die dabei geborgenen Textilien wurden in München restauriert und von 1960 bis 1986 im Diözesanmuseum Bamberg ausgestellt; Paschke, Domstift II 79. An dieser Stelle ist Frau Sibylle Ruß (Bamberg) für die kollegiale Zusammenarbeit zu danken.
  2. Überliefert nach Foto BLfD, Positivarchiv Neg. Nr. 75 (ohne I (ab VIR) und II) (Inschriftenkommission München Foto 38a.jpg). Auf der Aufnahme BLfD, Inv. Nr. 01025858 fehlen I (ab VIR), II und VI.
  3. Kissen aus ungemustertem, jetzt braun-rosa Seidentaft, 23 cm × 30 cm, Ende 12. Jahrhundert/Anfang 13. Jahrhundert (?), Süddeutschland (?).
  4. Längen der Fragmente VI, VII und VIII können nur geschätzt werden: L. (VI) 19 cm, L. (VII) 28,5 cm, L. (VIII) 28 cm.
  5. Kdm NF OF IV, II, 1 (Teil 2) 1860.

Nachweise

  1. Kdm NF OF IV, II, 1 (Teil 2) 1860.

Zitierhinweis:
DIO 6, Stadt Bamberg (Textilien), Nr. 2 (Tanja Kohwagner-Nikolai), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio006m002k0000209.