Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)
Nr. 534† Bückeburg, Jetenburger Kirche 1624
Beschreibung
Grabdenkmal für das Kind Maria Sibylla Goldast von Haiminsfeld. Die Inschrift ist im Anhang der Leichenpredigt für die Verstorbene überliefert, zusammen mit einer verhältnismäßig genauen Standortangabe: vber dem Grabe im Chor am Hohen Altar.1) Das Grabdenkmal zeigte der graphischen Wiedergabe in der Leichenpredigt zufolge im Zentrum eine Inschriftentafel mit der Inschrift A, flankiert von acht Wappen zu jeder Seite. Die dabei angegebenen Namen der Wappenführer waren vermutlich als Beischriften ausgeführt. Die Beischriften B1 befanden sich demzufolge auf der heraldisch rechten Seite in zwei Spalten, die Beischriften B2 auf der heraldisch linken Seite in zwei Spalten. Dass der Text tatsächlich in dieser Form inschriftlich ausgeführt war, ist nicht mit Sicherheit zu belegen, jedoch wahrscheinlich.
Inschrift nach Leichenpredigt für Maria Sibylla Goldast.
- A
Also spricht Jesus Christus vnser Heylandt Matt 19 Marc 10 Lasset die Kindlein zu mir kommen vnnd wehret jhnen nicht Denn solcher ist das Himmelreich2) Hie liegt begraben das Edle Kindlein MARIA SIBYLLA Des Edlen Ehrnvesten vnd Hochgelehrten Herrn Melchioren Goldasts von Heiminsfeld Gräfflichen Holstein-Schaumburgischen Rahts etc.a) Allerliebstes Holdsäligstesb) Döchterlein Welches ist gestorben den 20 Augusti Im Jahr 1624 Seines Alters 1 Jahr 3 Monat 2 Tag und 3 Stundt
- B1
Vo(n) Heiminsfeld genandt Goldast Vo(n) Gontzenbach Fahrer vo(n) Liechtensteig Meyer zu Sant Gallen Zwick zu Co(n)stantz Miles Blarer Vo(n) Zyli - B2
Jeckel vo(n) Jeckelsheim Rheiner Vo(n) Newhausen Vo(n) Breitenack zu Weissenburgk Vo(n) Stalenberg Mangolt Vo(n) Eck Harst
Textkritischer Apparat
- Im Druck &-Ligatur und c.
- Holdsälig-/stes] fehlt Tebbe.
Anmerkungen
- Leichenpredigt für Maria Sibylla Goldast, fol. D IIr.
- Vgl. Mt 19,14: Lasset die Kindlin / vnd weret jnen nicht zu mir zu komen / Denn solcher ist das Himelreich. Mk 10,14: Lasst die Kindlin zu mir komen / vnd weret jnen nicht / Denn solcher ist das reich Gottes.
- Gundula Caspary, Späthumanismus und Reichspatriotismus. Melchior Goldast und seine Editionen zur Reichsverfassungsgeschichte (Formen der Erinnerung 25), Göttingen 2006, S. 45.
- Leichenpredigt für Maria Sibylla Goldast, fol. A Ir, C IIIr–D Ir.
- Zu ihm Gonzenbach, Goldast: Melchior G., in: ADB 9 (1879), S. 327–330; Oskar Vasella, Goldast, genannt von Haiminsfeld, Melchior, in: NDB 6 (1964), S. 601f.; Heinz Schecker, Melchior Goldast von Haiminsfeld. Eine Studie, in: Hans Wegener (Hg.), Beiträge zur Geschichte der Staatsbibliothek Bremen, Bremen 1952, S. 157–194; Anne A. Baade, Melchior Goldast von Haiminsfeld. Collector, Commentator and Editor (Studies in Old Germanic Languages and Literatures 2), New York u. a. 1992 (zur Biographie bes. S. 31–53); Caspary (wie oben Anm. 3), S. 13–58; vgl. Prinz, Grabdenkmäler, S. 60–63.
- Prinz, Grabdenkmäler, S. 61f.; Schecker (wie oben Anm. 5), S. 172f. mit Anm. auf S. 189f., 180; Baade (wie oben Anm. 5), S. 43; vgl. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 65.
Nachweise
- Leichenpredigt für Maria Sibylla Goldast, fol. D IIr.
- Prinz, Grabdenkmäler, S. 60 (nach der Leichenpredigt, mit normalisierter Orthographie).
- Tebbe, Epitaphien, Nr. 83, S. 217 (A nach Prinz).
Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 534† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0053400.
Kommentar
Maria Sibylla Goldast von Haiminsfeld war die jüngere der beiden Töchter aus der am 22. November 1612 geschlossenen Ehe zwischen Melchior Goldast von Haiminsfeld und Sophie Ottilie Jeckel von Jeckelsheim.3) Das Kind wurde am 18. Mai 1623 geboren und war den Angaben der Leichenpredigt zufolge von Geburt an kränklich. Es erkrankte zweimal an den „Kinderblattern“ und starb im Alter von 15 Monaten am 20. August 1624 an einer Hustenerkrankung. Maria Sibylla Goldast wurde am 24. August 1624 begraben.4)
Ihr Vater, der aus der Schweiz stammende Gelehrte Melchior Goldast von Haiminsfeld (1578–1635),5) wurde 1615 von Graf Ernst von Holstein-Schaumburg als Rat an den schaumburgischen Hof berufen. Im selben Jahr überließ ihm Ernst das ehemalige Haus des Christopher Bohne (Nr. 498) am Wall in Bückeburg. Goldast wurde am Bückeburger Hof offenbar hoch geschätzt, ohne jedoch selbst im Hofleben auf Dauer Erfüllung zu finden. Er fungierte u. a. als schaumburgischer Gesandter beim Kreistag des Westfälischen Reichskreises. Goldast fertigte Gutachten an und legte eine schaumburgische Genealogie an. Zu Goldasts Aufgaben am Hof gehörte es auch, die von Cyriacus Spangenberg verfasste Schaumburgische Chronik zu überarbeiten und zu verbessern. Im Rahmen dieser Aufgabe wandte er sich 1618 an Ludolf von Münchhausen und bat darum, Schriften aus dessen Bibliothek für seine Arbeit nutzen zu dürfen. Bedingt durch den Tod des Fürsten 1622 konnte Goldast die Arbeit an der Chronik jedoch nicht fertigstellen. 1624 verließ er Bückeburg.6)