Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)
Nr. 447 Bückeburg, Trompeterstraße 4 1608
Beschreibung
Wappenstein. Der Stein ist oberhalb des Pfortenbogens südwestlich des Einfahrtstors eingemauert. Er wird oben von einem Gesims, links und rechts von Hermenpilastern gerahmt. Er zeigt unter zwei Rundbögen zwei Vollwappen mit den darunter angeordneten Beischriften A; sie sind erhaben in vertieften Feldern ausgehauen. Darunter auf einer konvexen, von Rollwerk gerahmten Kartusche die Inschrift B. Sie ist erhaben in einem von Beschlagwerk begrenzten vertieften Feld gearbeitet.
Maße: H.: ca. 145 cm; B.: 170 cm; Bu.: ca. 4,5 cm (A), 9–10 cm (B).
Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis mit Versal (A), Kapitalis mit Versal (B).
- A
ARNDT · VON · / KERSSENBRVCH // MARGARETA · / VON · DER · HORST
- B
A(NN)Oa) · 1608
Kerssenbrock,1) von der Horst2) |
Textkritischer Apparat
- O kleiner und hochgestellt.
Anmerkungen
- Wappen Kerssenbrock (Schrägbalken, belegt mit drei Rosen); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 29 u. Tafel 73.
- Wappen von der Horst (fünf Balken, bedeckt mit einem bekrönten Löwen); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 74 u. Bd. 2, Tafel 177.
- Herbert Stöwer, Die Familie von Kerssenbrock. Mit besonderer Berücksichtigung der lippischen Linien, in: Lippische Mitteilungen 27 (1958), S. 162–185, dort S. 177 u. Stammtafel S. 183.
- Schormann, Academia Ernestina, S. 22; Wehling, Jacob Dammann in Stadthagen, H. 8, ohne Seitenzählung; Prinz, Adelssitze, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 10 (1959), Nr. 2, ohne Seitenzählung; Albrecht, Adelshöfe in Bückeburg, S. 18f.
- Der Entwurf für die Grabinschrift für Ernst Friedrich von Kerssenbrock ist in der Leichenpredigt auf ihn überliefert (fol. D IVv): B(ONAE) M(EMORIAE) S(ACRUM) / VENI / HOSPES ET INCOLA / UT MORTI INVIDIAM FACIAMUS; / UNICUM, ILLA, FILIUM / PURPURANTEM NOBILITATIS / FLOSCULUM / ERNESTUM FRIDERICUM / A KERSSENBRUCH, / TUNC, / CUM DECENTISSIMIS AD / VIRTUTEM IRET ANNIS, / ATQUE ADEO / PROLIXUM ESSET PARENTIS VOTUM, / AMOR ET GAUDIUM, / CONTRA SPEM, / INDUCTA, PROPERANTER, VITAE PAUSA / HOC SAXO CONDIDIT. / POSTQUAM PRIDIE NON(AS) AUGUSTI / ANNO AERAE CHRIST(IANAE) MDCXXI. / VIXISSET / ANNOS XIX. / MENSES IX. / DIES XII. / HAVE ET VALE / CAPUT DESIDERA=/TISSIMUM. („Dem guten Andenken gewidmet. Komm, Gast und Bewohner, damit wir den Tod in Verruf bringen: (denn) er hat den einzigen Sohn, die purpurne Blüte des Adels, Ernst Friedrich von Kerssenbrock, indem er wider Erwarten sein Leben übereilt enden ließ, unter diesem Stein ins Grab gebracht, zu einem Zeitpunkt, als dieser sich in den schönsten Jahren zur vollen Mannhaftigkeit entwickelte und damit der Wunsch seines Vaters, seine Liebe und Freude geradezu erfüllt war. Er hatte am 4. August im Jahr 1621 des christlichen Zeitalters 19 Jahre, neun Monate und zwölf Tage gelebt. Sei gegrüßt und lebe wohl, sehnlichst vermisstes Haupt.“). Ob die Grabinschrift, die in ihrem Formular anderen Grabplatten an der Bückeburger Stadtkirche ähnelt, tatsächlich in der vorliegenden Form ausgeführt war, ist zwar zu vermuten, aber nicht zu belegen. – Ernst Friedrich von Kerssenbrock wurde am 23. Oktober 1601 in Stadthagen geboren. Im Alter von zwölf Jahren wurde er als Edelknabe an den Hof des Grafen Ernst von Holstein-Schaumburg berufen. Er starb neunzehnjährig an einer Fiebererkrankung (Leichenpredigt für Ernst Friedrich von Kerssenbrock, fol. C IIIv– D IIr).
- Leichenpredigt für Margarete von der Horst, fol. D 1v–E 4r.
- B(ONAE) M(EMORIAE) S(ACRUM) / ADVERTE PARUMPER / LECTOR / ET / QUAM CITATUM SIT, QUOD BONUM ET CARUM / EST, REPUTA. / SAXUM ISTHOC, / MARGARETAM AB HORST, / LONGA MAIORUM SERIE NOBILISSIMAM, / ET QUOD RARIUS, / OMNI VIRTUTE, QUAE FOEMINAS DECET, / PAULÒ ANTE / GLORIOSISSIMAM MATRONAM; / TÙM / QUOD IN PRIMIS PIETAS SILERE VETAT, / PAUPERUM MATREM, / CONTRA OMNIUM VOTUM, / TEGIT, / POSTQUAM NOBILISSIMO / ARNOLDO à KERSSENBRUCH / TERTIUM NUPTA, / AD BEATOS IVIT / XXI. APRILIS / ANNO SALVATORIS / M.DC.XXIII. / VITAE VERO / LXI. („Dem guten Andenken geweiht. Sei ein Weilchen aufmerksam, Leser, und bedenke, wie schnell vergänglich das ist, was gut und teuer ist. Dieser Stein bedeckt gegen das Wünschen aller Margarete von der Horst, die vornehmste in der langen Reihe ihrer Ahnen und, was allzu selten vorkommt, bis vor kurzem aufgrund jeder erdenklichen Tugend, die eine Frau ziert, eine überaus ruhmvolle Ehefrau. Ferner war sie – was zu verschweigen das Pflichtgefühl ganz besonders verbietet – eine Mutter der Armen. Sie war in dritter Ehe mit dem hochedlen Arnold von Kerssenbruch verheiratet. Am 21. April im Jahr unseres Erlösers 1623 im 61. Lebensjahr ging sie zu den Seligen.“)
Nachweise
- Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 35f.
Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 447 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0044702.
Kommentar
In Inschrift A schrägliegende Kapitalis mit dreieckigen Sporen. G mit eingestellter Cauda.
Arnd von Kerssenbrock († 1640) war der Sohn Gerlachs III. von Kerssenbrock und der Lucia von Oeynhausen.3) Er hatte Ernst von Holstein-Schaumburg 1593/94 auf dessen Italienreise begleitet und wurde 1601 Hofmeister in Bückeburg. Er zählte zum engsten Beraterkreis des Grafen. Das Grundstück an der Trompeterstraße 4 erwarb Arnd von Kerssenbrock 1607 von dem Bückeburger Amtmann Adolf Wesche; 1608 errichtete er dort einen Neubau. 1612 wurde das Haus durch ein Privileg des Grafen Ernst zum adligen Freihof.4)
Aus einer früheren Ehe mit Margareta Klencke hatte Arnd von Kerssenbrock zwei Töchter und den Sohn Ernst Friedrich.5)
Margarete von der Horst war die Tochter des Heinrich von der Horst und der Catharina von Binßfeldt. Sie wurde am 25. November 1562 auf dem „Müllinghof“ (Gut Mydlinghoven, Stadt Düsseldorf) geboren. 1588 heiratete sie den in Lobach (Lkr. Holzminden) ansässigen Hermann von Eller, der jedoch nach nur 24-wöchiger Ehe durch einen Überfall spanischer Reiter ums Leben kam. Aus dieser Ehe ging der Sohn Just Hermann von Eller († 1621) hervor. Nach zehnjährigem Witwenstand heiratete Margarete von der Horst in zweiter Ehe Albrecht Lüninck auf Gut Wittenstein (Kirchspiel Versmold, Kreis Gütersloh, Nordrhein-Westfalen). Er war fürstlich jülischer Rat und Drost zum Sparrenberg (Stadt Bielefeld, Nordrhein-Westfalen). Mit ihm war Margarete von der Horst acht Jahre verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos.
Zwei Jahre nach seinem Tod heiratete Margarete von der Horst am 3. August 1607 in Vlotho (Kreis Herford, Nordrhein-Westfalen) in dritter Ehe Arnd von Kerssenbruch. In ihrer Leichenpredigt wird betont, dass sie für die Kinder des Arnd von Kerssenbruch eine vorbildliche Stiefmutter gewesen sei. Hervorgehoben wird auch ihre Mildtätigkeit gegenüber den Armen. Sie starb am 21. April 1623 im Alter von 60 Jahren.6) Im Anhang der Leichenpredigt ist ein Entwurf für eine Grabinschrift überliefert;7) ob sie in dieser Form ausgeführt wurde, bleibt unklar.